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# taz.de -- Verfassungsschutz: AfD ist gesichert rechtsextremistisch
> Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als sicher rechtsextrem
> ein. Olaf Scholz warnt vor einem „Schnellschuss“ bei einem
> Verbotsverfahren.
Bild: Der Verfassungsschutz stuft die AfD als gesichert rechtsextremistisch ein
Berlin reuters/dpa/epd/afp | Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat
die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Der
Inlandsgeheimdienst teilte mit, der Verdacht, dass die Partei gegen die
freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge,
habe sich bestätigt und in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet.
„Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige
Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung vereinbar“, teilte die Sicherheitsbehörde mit. Es ziele darauf
ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten
gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen. „Konkret betrachtet die AfD zum
Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch
geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei
ethnisch definierten deutschen Volkes“, heißt es in der Mitteilung des
Inlandsgeheimdienstes.
[1][Äußerungen und Positionen der Partei] und führender AfD-Vertreter
verstießen gegen das Prinzip der Menschenwürde, erklärten die
Vizepräsidenten der Behörde, Sinan Selen und Silke Willems. Dies sei
maßgeblich für die nun getroffene Einschätzung.
## Beschluss gilt für die Bundespartei
Das Bundesamt hatte die AfD seit März 2021 als rechtsextremistischen
Verdachtsfall beobachtet. Dazu durfte der Inlandsgeheimdienst auch
nachrichtendienstliche Mittel wie V-Leute, Observationen und die Auswertung
öffentlicher sowie nicht-öffentlicher Quellen nutzen. Dies hatte das
Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt.
Mit der Einstufung als gesichert rechtsextremistisch gelten aus Sicht des
Bundesamtes verfassungsfeindliche Bestrebungen auch in der Bundespartei als
erwiesen. [2][Auf Landesebene] ist die AfD bereits in [3][Thüringen],
Sachsen und [4][Sachsen-Anhalt] als gesichert rechtsextremistisch
eingestuft.
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar hatte die AfD deutlich zugelegt. Mit
20,8 Prozent ist sie nach der Union zweitstärkste Fraktion im Parlament.
Bei der anstehenden schwarz-roten Bundesregierung ist sie die größte
Oppositionsfraktion.
## Verfassungsschutz habe seine Entscheidung selbst getroffen
Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betont, der
Verfassungsschutz habe seine Entscheidung über eine Einstufung der AfD als
gesichert rechtsextremistisch selbst getroffen. „Das Bundesamt für
Verfassungsschutz hat einen klaren gesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus
vorzugehen und unsere Demokratie zu schützen“, sagte sie laut einer
Mitteilung. Dabei arbeite die Sicherheitsbehörde eigenständig. Die neue
Einstufung sei das Ergebnis einer umfassenden Prüfung, deren Ergebnisse in
einem 1.100-seitigen Gutachten festgehalten seien. „Es hat keinerlei
politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben“, versicherte Faeser.
Die vorherige Bewertung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall
sei von Gerichten bestätigt worden. Auch die neue Bewertung werde sicher
von unabhängigen Gerichten überprüft werden.
Der Verfassungsschutz hat seine neue Bewertung vor allem mit einem in der
Partei vorherrschenden Volksbegriff begründet, der nicht die
Staatsangehörigkeit in den Mittelpunkt stelle, sondern die Abstammung.
## Strack-Zimmermann: „Entscheidung ist überfällig“
Die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat die Einstufung
der AFD als gesichert rechtsextremistisch begrüßt. Die Entscheidung des
Verfassungsschutzes sei überfällig gewesen.
„Die AfD ist nicht einfach eine Protestpartei, sondern eine
rechtsextremistische Bewegung, die unsere freiheitlich-demokratische
Grundordnung zerstören will“, so Strack-Zimmermann.
Es sei gemeinsame Verantwortung, dieser Gefahr entschieden entgegenzutreten
– politisch, gesellschaftlich und rechtlich. Nötig seien eigene politische
Antworten und nicht ein Hinterherlaufen hinter den Themen der AfD.
Strack-Zimmermann sagte weiter: „Die Demokratie ist wehrhaft, und sie muss
es auch bleiben. Eine Kooperation mit der AfD verbietet sich für alle
demokratischen Parteien.“ Strack-Zimmermann ist Mitglied des FDP-Präsidiums
und Mitglied des Europäischen Parlaments.
## „Auf Kriegsfuß mit der Grundordnung“
Führende Politiker der Grünen-Bundestagsfraktion haben die Einstufung der
AfD als gesichert rechtsextremistisch begrüßt. Die Entscheidung des
Bundesamtes für Verfassungsschutz sei auch ein „wichtiger Baustein mit
Blick auf die Frage, wie es um die Erfolgsaussichten eines möglichen
AfD-Verbotsverfahrens bestellt ist“, teilten Konstantin von Notz und Irene
Mihalic in Berlin mit.
„Die Partei steht nicht nur in weiten Teilen, sondern in Gänze mit unserer
Verfassung und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß.
Über Jahre konnte man ihrer weiter voranschreitenden Radikalisierung
zusehen. Sie geht unaufhörlich weiter“, erklärten die beiden Politiker.
Die AfD sei eine für Demokratie und Rechtsstaat insgesamt brandgefährliche
Partei. Die Sicherheitsbehörden seien verpflichtet, alles rechtsstaatlich
Mögliche zu tun, um solche antidemokratischen Entwicklungen zu erkennen und
ihren Teil dazu zu leisten, sie aufzuhalten.
„Die heutige Entscheidung ist auch ein deutlicher Wink in Richtung
derjenigen, die zuletzt für eine Normalisierung der Partei plädierten“,
erklärten die beiden – offenkundig mit Bezug auf Stimmen aus der Union. Von
Notz ist Fraktionsvize sowie Vorsitzender des Parlamentarischen
Kontrollgremiums. Mihalic ist Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der
Grünen. Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hatte unlängst eine heftige
Kontroverse ausgelöst mit dem Vorschlag, mit der AfD bei organisatorischen
Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien.
## SPD will eine „klare, gemeinsame Antwort des Rechtsstaates“
SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci forderte unmittelbare Konsequezen wie
eine Einschränkung der Finanzierung der AfD, Ausschluss der Partei aus
öffentlichen Funktionen wie Bundestagsausschüssen oder die Vorbereitung
eines Verbotsverfahrens.
Auch die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Serpil Midyatli hat die
Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch begrüßt. „Jetzt haben
wir schwarz auf weiß, was wir schon vorher wussten: Wo Rechtsextremisten
drin sind, steht es jetzt auch drauf“, sagte Midyatli. „Für mich ist klar:
Das Verbot muss kommen.“ Das ganze Verfahren müsse weiter in der nötigen
Sorgfalt, belastbar und ohne Fehler vorbereitet werden.
Die SPD im Bundestag tritt für eine „klare, gemeinsame Antwort des
Rechtsstaates“ auf die Einstufung der AfD als rechtsextremistisch ein. „Für
mich bestätigt sich einmal mehr, dass Vertreter der AfD im Bundestag für
Ämter nicht wählbar sind und Demokratinnen und Demokraten nicht
repräsentieren können“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der
SPD-Fraktion, Katja Mast.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte festgestellt, dass die AfD
Bevölkerungsgruppen von gleichberechtigter Teilhabe auszuschließen wolle
und gesichert rechtsextremistisch sei. Mast bezeichnete die Entscheidung
als „eindeutig“. „Das ist ein klares verfassungsrechtliches Signal.“ Die
AfD verfolge systematisch das Ziel, „die politische und gesellschaftliche
Ordnung unseres Landes zu zersetzen“, so die SPD-Politikerin.
„Das umfassende und unabhängige Gutachten untermauert das mit belastbaren
Beweisen“, sagte Mast zu der Expertise des Bundesamts, auf dem die
Entscheidung fußt. „Mit unseren Koalitionspartnern stimmen wir uns zum
weiteren Umgang mit der AfD ab“, sagte Mast mit Blick auf CDU und CSU.
CSU-Parteichef Markus Söder will nach der Einstufung der Bundes-AfD als
gesichert rechtsextremistisch am Kurs im Kampf gegen die Rechtspopulisten
festhalten. „Das Ergebnis des Verfassungsschutzes ist ein finaler Weckruf.
Die AfD ist insgesamt rechtsextremistisch“, sagte Söder. „Damit ist klar:
Für Feinde der Demokratie kann es null Toleranz geben. Die Brandmauer steht
weiterhin“, fügte er hinzu.
Die CSU habe einen klaren Kurs: „Keine Dämonisierung aber eben auch keine
Relativierung.“ Seine Partei wolle die AfD weiter inhaltlich stellen und
durch gutes Regieren entlarven.
Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef
Schuster, warnte: „Niemals dürfen Vertreter der AfD – sei es über wichtige
Positionen in Ausschüssen oder Ähnlichem – in staatstragende Funktionen
gelangen oder sogar Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen
bekommen.“
## Scholz: „AfD-Verbotsverfahren darf man nicht übers Knie brechen“
Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt zurückhaltend in der
Frage eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens. Nach der Einstufung der Partei
als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz
sagte Scholz am Freitag auf dem 39. Deutschen Evangelischen Kirchentag in
Hannover: „Ich finde, das ist eine Sache, die man nicht übers Knie brechen
darf.“
Der SPD-Politiker verwies auf Parteiverbotsverfahren, die in der
Vergangenheit vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert
waren, etwa zur rechtsextremistischen NPD. Scholz sagte unter Bezug darauf
zu einem AfD-Verbotsverfahren: „Deshalb muss man diese Dinge sehr
sorgfältig erwägen, ich bin gegen einen Schnellschuss.“
Als richtig wertete es der geschäftsführende Bundeskanzler, die Frage eines
AfD-Verbotsverfahrens bisher nicht von Politikern entschieden zu haben,
sondern durch Institutionen wie den Verfassungsschutz. Nach der jetzigen
Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt
für Verfassungsschutz müssten nun eine politische Debatte und die Frage
nach Konsequenzen auf rechtlicher Ebene folgen.
## Ricarda Lang sieht den Moment für ein AfD-Verbotsverfahren
Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung
durch den Verfassungsschutz plädiert die frühere Grünen-Vorsitzende Ricarda
Lang dafür, ein AfD-Verbotsverfahren auf den Weg zu bringen. „Wann wäre der
Moment, wenn nicht jetzt“, sagte Lang am Freitag beim Kirchentag in
Hannover. Sie wäre dafür, dass der Bundestag solch ein Verfahren
beschließt, ergänzte die Bundestagsabgeordnete und warb für entsprechende
Gespräche der demokratischen Fraktionen.
Lang betonte, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe bei der Einstufung
auf die völkische Ideologie der AfD verwiesen. Für die Partei sei ein
Deutscher muslimischen Glaubens „weniger deutsch“ als beispielsweise sie
selbst, sagte Lang. Das widerspreche der Verfassung im Grundsatz „und ist
damit auch gefährlich“.
Der CDU-Politiker Philipp Amthor äußerte sich dagegen skeptisch über ein
Verbotsverfahren. Man dürfe sich nicht vormachen, dass man die Probleme
durch Feinde der Demokratie nur durch Verbotsverfahren lösen könne. Zudem
warnte er vor den hohen Hürden. Ein Scheitern würde „instrumentalisiert
werden als demokratisches Gütesiegel aus Karlsruhe“, sagte der designierte
Staatssekretär im geplanten Bundesministerium für Digitalisierung und
Staatsmodernisierung. „Und das haben die nun wirklich nicht verdient“,
fügte er hinzu.
Über ein Parteiverbot müsste das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Beantragen können es Bundestag, Bundesregierung oder Bundesrat. In der
vergangenen Wahlperiode hatte eine große Zahl von Bundestagsabgeordneten
für einen Verbotsantrag geworben. Der Antrag wurde vor der vorgezogenen
Bundestagswahl aber nicht mehr abgestimmt.
Die AfD hält die Entscheidung des Verfassungsschutzes für politisch
motiviert. Parteivize Stephan Brandner sagte der „Rheinischen Post“: „Die…
Entscheidung des weisungsgebundenen Verfassungsschutzes ist inhaltlich
völliger Blödsinn, hat mit Recht und Gesetz überhaupt nichts zu tun und ist
eine rein politische im Kampf der Kartellparteien gegen die AfD.“
Die Partei hat rechtliche Schritte gegen die Verfassungsschutz-Einstufung
als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ angekündigt. Sie werde sich
„gegen diese demokratiegefährdenden Diffamierungen weiter juristisch zur
Wehr setzen“, erklärten die Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla am
Freitag. Die Entscheidung des Verfassungsschutzes sei „ein schwerer Schlag
gegen die bundesdeutsche Demokratie“.
2 May 2025
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