# taz.de -- Nach unaufgeklärtem Blackout: Spanische Atomlobby sieht ihre groß… | |
> Nach dem Mega-Stromausfall setzt die spanische Opposition alles daran, | |
> die Energiewende dafür verantwortlich zu machen. Ihre Alternative: | |
> Atomstrom. | |
Bild: Habemus immer noch Atom: Weiße Schwaden aus dem AKW Ascó vor Windanlagen | |
Madrid taz | Es ist eine günstige Zeit für Desinformation. Am 28. April | |
[1][brach auf der iberischen Halbinsel das Stromnetz vollständig zusammen], | |
Spanien und Portugal hatten zehn Stunden keinen Strom, [2][viele Menschen | |
sind seitdem verunsichert]. Dies nutzen die politische Rechte und die | |
Atomlobby. Die konservative spanische Partido Popular und die rechtsextreme | |
VOX sprechen von einem „Ergebnis einer verfehlten linken Energiepolitik“ | |
und meinen damit den [3][Ausstieg aus Kohle und Atom]. Die Atomlobby möchte | |
eine Laufzeitverlängerung für die Atomkraft und weniger Abgaben. | |
Sie alle beschuldigen die erneuerbaren Energien, verantwortlich für den | |
Zusammenbruch der Stromversorgung zu sein, allen voran die Solarenergie. | |
Zum Zeitpunkt des Ausfalls kamen 58 Prozent des Stroms aus | |
Photovoltaikanlagen, 13 Prozent aus Windparks. Die vier von insgesamt | |
sieben AKW, die gerade am Netz waren, lieferten 13 Prozent. Der Rest kam | |
von Wasser- und Gaskraftwerken. | |
Das Netz habe die viele Energie aus Erneuerbaren nicht bewältigen können | |
und deshalb gestreikt, lassen die rechten Parteien verbreiten. Der | |
sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez habe vor dem Blackout | |
höchstpersönlich angeordnet, dass der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren | |
Quellen stammen müsse – koste es, was es wolle. „Das Experiment von | |
Sánchez, das Spanien fast zum Kollabieren brachte“, betitelt ein | |
Online-Medium aus dem Umfeld der rechten Opposition eine der | |
Falschmeldungen. | |
„Der Anteil an Erneuerbaren am Strommix war in jenem Tagen bei weitem nicht | |
am höchsten“, erklärt ein Sprecher des Energieministeriums auf Nachfrage. | |
Das Netz habe bislang mit bis zu 100 Prozent Erneuerbaren immer wieder | |
perfekt funktioniert. | |
## Ursachenforschung läuft noch | |
Warum das System versagt habe, ist weiter unklar. Fest steht: Dem Blackout | |
um 12:33 Uhr gingen drei heftige Schwankungen im Südosten der iberischen | |
Halbinsel binnen drei Minuten voraus. 15 der insgesamt 25 nachgefragten | |
Gigawatt brachen weg, das Stromnetz fiel aus, die [4][Verbindung nach | |
Frankreich und damit nach Europa wurde automatisch gekappt]. Die | |
Linkskoalition unter dem Sozialisten Pedro Sánchez hat | |
Untersuchungskommissionen zum Versorgungssystem und zur Cybersicherheit | |
gestartet. Ebenso wie europäische Institutionen forschen sie nach den | |
Ursachen. | |
Keine Möglichkeit sei auszuschließen, so das Ministerium: weder ein | |
technischer Fehler noch menschliches Versagen bei den Netzbetreibern oder | |
den Stromerzeugern. [5][Auch ein Cyberangriff sei nicht endgültig vom | |
Tisch] – wenn auch unwahrscheinlich. | |
Die Opposition besteht aber auf ihren einfachen Antworten: „Die Regierung | |
hat versucht, uns so schnell wie irgend möglich einen Übergang von stabilen | |
Energieformen wie etwa die Atomenergie und Gas zu anderen wie Sonne und | |
Wind aufzudrücken“, erklärt ein Sprecher der rechtsextremen VOX. Die PP | |
bedauert, dass die Regierungen die AKW bis 2035 nach und nach abschalten | |
wolle. | |
## AKW zu schwerfällig | |
Sánchez selbst sagte vor dem Parlament: „Die AKW waren nicht die Lösung, | |
sondern ein Problem.“ Als das Netz in die Knie ging, schalteten sie sich | |
aus Sicherheitsgründen ab. Und als später alles wieder langsam hochgefahren | |
wurde, kam zunächst Strom aus Frankreich und Marokko, dann aus Wasserkraft | |
und Gas, gefolgt von Wind und am nächsten Morgen den Solarkraftwerken. | |
Zuletzt lieferten [6][die AKW wieder – ihr An- und Abschalten braucht | |
Zeit]. | |
Hinzu kommt: Zum Zeitpunkt des Blackouts waren nur vier AKW am Netz, weil | |
[7][Atomkraft nicht wirtschaftlich ist]. Atomlobby und PP fordern deshalb | |
auch, Steuern und Abgaben zu senken, um Atomstrom gegenüber den billigen | |
Erneuerbaren annähernd wettbewerbsfähig zu machen. „Die AKW müssen eine | |
gigantische Abgabenlast ertragen, die es ihnen immer wieder unmöglich | |
macht, am Markt Erfolg zu haben“, erklärt der Vorsitzende der | |
Lobbyorganisation Foro Nuclear, Ignacio Araluce. | |
Die Regierung wirft Atomlobby und Opposition vor, die Betriebs- und | |
Folgekosten der Atomenergie auf den Steuerzahler abwälzen zu wollen, und | |
besteht auf dem Atomausstieg. | |
13 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Keine-Bahn-kein-Netz-Verkehrschaos/!6085107 | |
[2] /Blackout-ohne-Folgen/!6081514 | |
[3] /Strom-durch-Atomkraft-sinkt-weltweit/!6001172 | |
[4] /Suche-nach-Gas-Alternativen/!5839950 | |
[5] /Stromausfall-in-Spanien-und-Portugal/!6082216 | |
[6] /Fragen-und-Antworten-zur-Kernkraft/!6060921 | |
[7] /Mini-Akw-Plaene-in-den-USA/!5952141 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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