# taz.de -- Fernwärme: Heizende doppelt benachteiligt | |
> Wer mit Energie aus dem Wärmenetz heizt, zahlt oft viel und ist auf | |
> Monopolisten angewiesen. Hilft ein Preisdeckel? | |
Bild: Die Heizkosten sind zu hoch, bemängeln Verbraucherschützer | |
Auch mit der neuen Bundesregierung stehen viele | |
Immobilienbesitzer:innen vor der Heizungsfrage. Sollen sie | |
weiterhin auf Öl und Gas setzen oder zu Fernwärme, Wärmepumpe und Ökostrom | |
wechseln? Vor diesem Hintergrund bemängeln die Verbraucherzentralen [1][die | |
teils zu hohen Kosten für Fernwärme und fordern eine bessere Regulierung | |
dieser Heizenergie] – was der Verband der Fernwärmefirmen wiederum ablehnt. | |
In gut jedem vierten Fernwärmenetz in Deutschland bezahlen die | |
Privathaushalte – meistens Mietende, aber auch viele Eigentümer:innen | |
– 20 Cent pro Kilowattstunde und mehr. In etwa 10 Prozent der Netze liege | |
der Preis pro Kilowattstunde Heizenergie gar bei 25 Cent oder darüber. | |
Diese Zahlen stammen aus der aktuellen Auswertung von 576 Wärmenetzen durch | |
den Verbraucherzentralen Bundesverband (vzbv). | |
Der mittlere Wert beträgt 17 Cent. Nicht zuletzt kritisiert der Verband die | |
großen Unterschiede zwischen den Netzen: „Verbraucher:innen in einem | |
typischen Mehrfamilienhaus zahlen bei einem Preis von 25 Cent im Vergleich | |
zum Medianwert jährlich knapp 770 Euro mehr.“ | |
Erdgas ist deutlich günstiger. Laut dem Vergleichsportal Verivox kostet die | |
Kilowattstunde aktuell durchschnittlich etwa 12 Cent, wobei dieser Preis in | |
den kommenden Jahren steigen dürfte. Schließlich schlägt hier die immer | |
teurere Kohlendioxidbepreisung zu Buche. Eine Kilowattstunde Strom für | |
Wärmepumpen kostet um die 27 Cent, wobei daraus aber etwa drei | |
Kilowattstunden Heizenergie entstehen. | |
## 15 Prozent aller Wohnungen mit Fernwärme versorgt | |
Neben den höheren Kosten gibt es einen weiteren Nachteil: Fernwärmekunden | |
haben keine Möglichkeit, einfach den Anbieter zu wechseln. Es gibt in der | |
Regel nur einen lokalen oder regionalen Monopollieferanten. Überregionaler | |
Wechsel funktioniert ebenfalls nicht, weil die einzelnen Netze nicht | |
zusammenhängen. Außerdem gibt es bislang bei der Fernwärme keine Trennung | |
von Netz und Verkauf. Wer also Heizwärme aus dieser Quelle bezieht, ist dem | |
einzigen Anbieter und seinem Preis ausgeliefert. | |
Trotzdem sollen die Fernwärmenetze zumindest [2][nach bisherigem | |
politischen Willen künftig deutlich mehr Haushalte mit klimafreundlicher | |
Heizwärme versorgen]. Heute sind es etwa 15 Prozent aller Wohnungen, | |
hauptsächlich in Städten im Osten und Norden der Republik. | |
Laut dem Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Regierung müssen große Städte bis | |
2026, kleine bis 2028 eine Wärmeplanung vorlegen, damit die | |
Immobilieneigentümer wissen, ob sie später mit klimaneutraler Fernwärme | |
rechnen können oder sich selbst um eine ökologische Heizung kümmern | |
sollten, die Öl- oder Gasbrenner ersetzt. | |
## „Wärmenetze müssen verbraucherfreundlicher werden.“ | |
Im Hinblick darauf sagt vzbv-Energie-Experte Florian Munder: „Wärmenetze | |
müssen endlich verbraucherfreundlicher werden.“ Der Verband schlägt vor, | |
dass eine Regulierungsbehörde – etwa die Bundesnetzagentur oder das | |
Bundeskartellamt – eine Preisobergrenze festlegt, die die Fernwärmefirmen | |
nicht überschreiten dürften. | |
Sie sollten zudem eine staatliche Förderung in ähnlicher Höhe erhalten, wie | |
sie Wärmepumpen zugutekommt. „Ein Preisdeckel und eine verbesserte | |
Transparenz sind absolut sinnvoll“, stimmt Energieexpertin Claudia Kemfert | |
vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zu. | |
„Die Forderung der Verbraucherzentrale nach einer Preisregulierung | |
gefährdet den politisch gewollten Ausbau der Wärmenetze und ganz konkret | |
das Erreichen der Klimaziele in Deutschland“, betont dagegen der Verband | |
der Fernwärmefirmen (AGFV). Denn „die Wärmewende erfordert immense | |
Investitionen und andere, in der Regel teurere, Brennstoffe und | |
Technologien“. | |
Auch der Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW) betrachte den Vorschlag | |
der Verbraucherzentralen kritisch: „Die Missbrauchsaufsicht durch die | |
Kartellämter hat sich bewährt.“ Eine „starre Preisobergrenze“ lehne die | |
Branche ab. | |
6 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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