# taz.de -- Mikroplastik in der Natur: Um ein Vielfaches mehr im Meer | |
> Bis 2060 könnte die Menge an Kunststoff in der Umwelt erheblich steigen, | |
> berechnet eine Studie. Viel mehr davon als bislang vermutet gelangt ins | |
> Meer. | |
Bild: Ein Strand nördlich von Beirut: Der Müll wurde durch stark windiges Wet… | |
Toulouse dpa | Die [1][Gesamtmenge an Mikroplastik in der Umwelt] könnte | |
sich bis zum Jahr 2060 vervielfachen. Dieses Szenario gelte sogar für den | |
Fall einer aktiven Bekämpfung des weltweiten Missmanagements in der | |
Abfallwirtschaft, berichten französische Forscher im Fachmagazin „Science | |
Advances“. | |
In einer Studie simulierte die Gruppe um Jeroen Sonke von der | |
Forschungseinrichtung Géosciences Environnement in Toulouse die Entwicklung | |
der globalen Kunststoffkreisläufe im Zeitraum 1950 bis 2100. | |
Sie zeigt: 2045 könnte mit insgesamt 23 Millionen Tonnen der Höchststand | |
jener Plastikmenge erreicht sein, die jährlich ins Meer gelangt. Auch die | |
Konzentrationen von Mikroplastik dürften deutlich zunehmen – vor allem, | |
weil sich die größeren Kunststoffe mit der Zeit zersetzen. | |
Ausgangspunkt für die Berechnungen der Forscher war eine 2022 erschienene | |
Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung | |
(OECD) für Kunststoffe. Darin untersuchte das OECD-Team wie sich die | |
globalen Kunststoffabfälle entwickeln und reguliert werden könnten. | |
## 16 Millionen Tonnen Kunststoff gelangen jährlich ins Meer | |
„Die politischen Instrumente basieren auf der Besteuerung von | |
Kunststoffprodukten, verstärktem Recycling und höherer Haltbarkeit, dem | |
Ausbau von Deponien, einer stärkeren Herstellerverantwortung und | |
finanzieller Unterstützung für Entwicklungsländer“, schreiben Sonke und | |
Kollegen. | |
Für ihre neuen Berechnungen unterschieden sie drei Größenkategorien von | |
Kunststoffen: Makroplastik (größer als 5 Millimeter), [2][großes | |
Mikroplastik (0,3 bis 5 Millimeter) und kleines Mikroplastik (kleiner als | |
0,3 Millimeter)]. | |
Die ermittelten Werte des Teams um Sonke sind zum Teil erheblich höher als | |
in der OECD-Studie. So geht diese für das Jahr 2019 etwa von 1,7 Millionen | |
Tonnen Makroplastik aus, die jährlich ins Meer gelangen. Sonke und Kollegen | |
kommen auf 6,1 Millionen Tonnen. Das große und kleine Mikroplastik | |
hinzugerechnet, sind es sogar 16 Millionen Tonnen Kunststoff, die derzeit | |
jedes Jahr ins Meer gelangen. | |
## In den Meeren vorhandener Kunststoff zersetzt sich | |
Den Unterschied zu den OECD-Daten begründen die Forscher damit, dass sie | |
von Messungen und Schätzungen der Mengen an Kunststoff in den Meeren | |
ausgegangen sind. Die OECD dagegen habe ihre Werte aus Bevölkerungsdichte, | |
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und länderspezifischen Statistiken zum | |
kommunalen Abfallaufkommen abgeleitet. | |
Insgesamt steigt der aktuellen Studie zufolge die Gesamtmenge der | |
Kunststoffe in den Meeren von 263 Millionen Tonnen im Jahr 2015 auf 1.200 | |
Millionen Tonnen im Jahr 2060. Diese Menge gilt der Studie zufolge für das | |
Szenario mit ambitionierten politischen Gegenmaßnahmen. Bei den anderen | |
Szenarien liegen die Werte sogar noch höher. | |
[3][Die Menge an kleinem Mikroplastik in der obersten Wasserschicht der | |
Meere] – bis in 50 Meter Tiefe – wird demnach pro Liter im günstigsten Fall | |
von 2015 bis 2060 von 6,2 Nanogramm – also Millionstel Milligramm – auf 19 | |
Nanogramm steigen, im ungünstigsten Fall sogar auf 27 Nanogramm. In der | |
Atmosphäre wird sich der Anteil von diesem kleinen Mikroplastik in dem | |
Zeitraum pro Kubikmeter Luft von 23 Nanogramm auf 74 bis 100 Nanogramm | |
erhöhen. | |
Selbst wenn ab 2060 kein Kunststoff mehr durch Abfallmissmanagement ins | |
Meer gelangen sollte, werde die Menge an Mikroplastik dennoch weiter | |
steigen, betont die Forschungsgruppe. Denn der in den Meeren vorhandene | |
Kunststoff wird sich weiter zerkleinern – mit einer Rate von etwa drei | |
Prozent pro Jahr. | |
Wie sich die Situation in den Ozeanen weiter entwickelt, hängt dem Team | |
zufolge nicht zuletzt von der Lagerung der Plastikabfälle ab – insbesondere | |
in Küstenregionen. „Schätzungen zufolge gibt es weltweit 100.000 Deponien | |
in Küstennähe in tiefliegenden Gebieten, die häufig nicht abgedichtet sind | |
und der Gefahr der Erosion ausgesetzt sind“, schreiben die Studienautoren. | |
Dadurch gelangten Kunststoffe in die Meeresumwelt. Die Erholung der | |
Ökosysteme hänge auch von der Effizienz solcher Deponien ab, Kunststoff- | |
und Mikroplastikabfälle zurückzuhalten. | |
17 Apr 2025 | |
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