| # taz.de -- Sprecherin über Zebrastreifen-Aktion: „Widerstand sollte auf jed… | |
| > Das Hamburger Widerstandskollektiv hat sich einen Zebrastreifen gemalt. | |
| > Sprecherin Katja Schreiner über zivilen Ungehorsam und | |
| > Selbstermächtigung. | |
| Bild: Ein bisschen Farbe, ein Pinsel und schon hat die Straße einen neuen Zebr… | |
| taz: Das Widerstandskollektiv hat sich in Hamburg-Eimsbüttel eigenständig | |
| einen Zebrastreifen geschaffen – ist das ein bisschen das Prinzip Pippi | |
| Langstrumpf, ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt, Frau Schreiner? | |
| Katja Schreiner: Es ist ein Teil des Konzepts unseres | |
| Widerstandskollektivs, die Sachen, die wir für notwendig und sinnvoll | |
| halten, selbst in die Hand zu nehmen. | |
| taz: Hat es Spaß gemacht? Ich stelle mir vor, Sie waren nachts unterwegs | |
| mit einem Eimer Farbe. | |
| Schreiner: Offen gestanden war ich nicht dabei, ich bin jetzt nur das | |
| Sprachrohr. Aber es ist immer gut, sich selber zu ermächtigen und Dinge in | |
| die Hand zu nehmen. Widerstand sollte auf jeden Fall auch Spaß machen, und | |
| es bringt einfach eine Verbundenheit mit Gefährtinnen und Gefährten mit | |
| sich. | |
| taz: Es ist ja ein schmaler Grat, scheint mir, zwischen Selbstermächtigung | |
| und Selbstjustiz. [1][Sie hätten ja auch einen Zebrastreifen bei der Stadt | |
| beantragen können]. | |
| Schreiner: [2][Darum haben sich schon sehr viele bemüht]. Die SPD schon | |
| 2014 und der Verein Fuß e. V. ist da auch sehr aktiv. Wir finden das | |
| absolut unterstützenswert. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass es manchmal | |
| einfach zu lange dauert, genauso wie Klimaschutzmaßnahmen insgesamt einfach | |
| zu lange dauern. Dass es aufwendig ist, Gebäude zu sanieren oder neue | |
| Heizungen anzuschaffen, das verstehe ich. Aber Zebrastreifen zu schaffen, | |
| Fahrradstraßen zu schaffen, Tempolimit einzuführen, das sind einfach | |
| Sachen, die sollten jetzt passieren. | |
| taz: Ich war kürzlich im Altonaer Mobilitätsausschuss, wo eine Anwohnerin | |
| dringend mehr Autoparkplätze verlangte. Die könnte dann mit dem gleichen | |
| Ansatz eigenständig „Parken erlaubt“-Schilder aufstellen. | |
| Schreiner: Wir erleben gerade einen weiteren Trockenheitsrekord und | |
| schlittern geradewegs in die Klimakatastrophe. Da würde ich dann einfach | |
| sagen, sämtliche Argumente sind auf unserer Seite, nicht weiter Parkplätze | |
| zu schaffen, Autobahnen zu bauen, sondern sich für eine [3][soziale und | |
| ökologische Verkehrswende] stark zu machen. | |
| taz: Ich habe selbst einmal mit dem Gedanken gespielt, illegal einen | |
| Zebrastreifen anzulegen, aber es schon deshalb gelassen, weil man mir | |
| sagte, dass es für die Nutzer:innen gefährlich ist – denn es gibt gar | |
| kein Hinweisschild für die Autofahrer:innen. | |
| Schreiner: Tatsächlich ist es eine Überlegung, wie weit das dazu verführt, | |
| unbedacht über die Straße zu gehen. Allerdings muss ja allen Kindern leider | |
| ohnehin beigebracht werden, ob Zebrastreifen oder nicht, vorsichtig zu sein | |
| und zu gucken. Es ist ja das Traurige, dass die Stadt so gestaltet ist, | |
| dass Kinder sehr, sehr früh ein sehr kontrolliertes Leben leben müssen. | |
| taz: Wie waren die Reaktionen auf den Zebrastreifen? | |
| Schreiner: Über Instagram gab es sehr viele positive Reaktionen. | |
| taz: War nicht das Ordnungsamt flott da, um ihn zu entfernen? | |
| Schreiner: Das stimmt, in solchen Dingen sind sie flott. Bei manchen Sachen | |
| braucht es Monate und Monate. Aber bis jetzt ist er noch da. Es würde uns | |
| natürlich sehr freuen, wenn die Behörde sich so flexibel zeigen würde, | |
| statt zu schrubben, Zebrastreifenschilder aufzustellen. | |
| taz: Wollen Sie den anarchischen Weg weiter verfolgen und jetzt auch | |
| Fahrradstraßen- oder Sackgassenschilder aufstellen? | |
| Schreiner: Auf jeden Fall. Fahrradstraßen sind schon in Berlin und anderen | |
| Städten selbst gemacht worden und das wird sicherlich auch in Hamburg | |
| passieren. Wir finden es auch sinnvoll, Parkplätze zu entsiegeln und gerade | |
| dort in Hinblick auf die Hitzewellen etwas zu pflanzen. Wir müssen | |
| Klimaschutz jetzt selber machen. | |
| taz: War der Zebrastreifen das Debut in Hamburg? | |
| Schreiner: Ja, zusammen mit einer Aktion gegen Tesla in Wandsbek. Da haben | |
| wir uns am internationalen Tesla-Take-Down-Tag beteiligt und Plakate an die | |
| Fassade des Tesla-Gebäudes gekleistert und eine Rede gehalten. Uns gibt es | |
| auch wirklich erst drei, vier Wochen. | |
| taz: Was der Letzten Generation sehr zu schaffen gemacht hat, waren die | |
| vielen Prozesse. Ich würde vermuten, ein selbsttätig erstellter | |
| Zebrastreifen ist auch strafbar. Stellen Sie sich darauf ein? | |
| Schreiner: Natürlich zieht jede Form von zivilem Ungehorsam auch immer | |
| Repression nach sich. Wir als Widerstandskollektiv machen durchaus auch | |
| Aktionen, wo wir uns nicht daneben stellen und sagen: Wir waren das und | |
| warten darauf, dass jemand erscheint. | |
| taz: Ein jemand von der Polizei oder vom Ordnungsamt. | |
| Schreiner: Bei Tesla haben wir das tatsächlich gemacht. Aber beim | |
| Zebrastreifen ist es uns auch ganz recht, wenn es keine Anklage gibt. | |
| taz: Was sind die Kriterien fürs Dableiben oder nicht Dableiben? | |
| Schreiner: Bei den Aktionen, wo wir Klimaschutzmaßnahmen und das bessere | |
| Leben für alle konkret umsetzen, stellen wir uns nicht unbedingt daneben. | |
| Je weniger Verfahren das nach sich zieht, desto mehr können wir umsetzen. | |
| Wenn wir uns gegen etwas stellen, gegen Tesla etwa den Ausbau der A 26, | |
| lässt es sich einerseits nicht vermeiden. Die Verfahren danach sind | |
| einerseits belastend, sie sind aber auch eine Möglichkeit, noch einmal zu | |
| thematisieren, worum es uns geht, etwa warum der Multimilliardär Elon Musk | |
| eine Gefahr für die Demokratie und das Klima ist. | |
| taz: Das Widerstandskollektiv ist neben der Neuen Generation die | |
| Fortführung der Letzten Generation. Warum hat man sich da aufgeteilt? | |
| Schreiner: Die neue Generation ist sehr ausgerichtet auf ein bundesweites | |
| Demokratisierungsprojekt. Das Widerstandskollektiv ist zwar auch bundesweit | |
| vernetzt, aber eher lokal engagiert und aktiv. Ich finde, es hat beides | |
| Stärken. Ich hoffe natürlich auch, dass in Zukunft die gesamte | |
| Klimagerechtigkeitsbewegung mehr zusammenrückt, vor allen Dingen der Teil, | |
| der auch bereit ist, Widerstand zu leisten. Für mich passt es wegen meiner | |
| Lebenssituation mit Arbeit und Familie besser, mich lokal zu engagieren. | |
| Aber ich bin auch sehr solidarisch mit der Neuen Generation. | |
| 26 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Friederike Gräff | |
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