| # taz.de -- Hunger in Gaza: In Gaza gehen die letzten Lebensmittelvorräte aus | |
| > Seit zwei Monaten lässt Israel keinerlei Hilfslieferungen mehr in den | |
| > Gazastreifen. Die USA stellen sich aber weiter hinter Israel. | |
| Bild: Essensausgabe in Khan Younis im südlichen Gazastreifen am 29. April 2025 | |
| Jerusalem taz | Im Gazastreifen spitzt sich die humanitäre Lage aufgrund | |
| der seit zwei Monaten andauernden Totalblockade durch Israel zu, es droht | |
| eine Hungerkatastrophe. Währenddessen verhandelt der Internationale | |
| Gerichtshof (IGH) in Den Haag über Israels Pflicht, humanitäre Hilfe für | |
| die gut zwei Millionen Bewohner des Küstenstreifens zuzulassen. In dieser | |
| Woche finden die Anhörungen dazu statt, denen Israel fernbleibt. Mehr als | |
| 40 Staaten haben Stellungnahmen angekündigt. Als wichtigster Verbündeter | |
| stellen sich die USA hinter Israel, das nicht mehr mit dem | |
| UN-Palästinahilfswerk Unrwa in Gaza zusammenarbeiten will. Viele andere | |
| Staaten üben harsche Kritik an der Abriegelung des Küstenstreifens. | |
| Welche Fragen verhandelt das Gericht in Den Haag? | |
| Nachdem Israel im vergangenen Oktober die Aktivitäten des | |
| Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen, Unrwa, auf israelischem | |
| Gebiet verboten hatte, bat der UN-Sicherheitsrat den IGH, sich zu Israels | |
| rechtlichen Verpflichtungen zu äußern. Das Hilfswerk ist mit seinen rund | |
| 13.000 Mitarbeitern eine der wichtigsten Stützen der humanitären Hilfe im | |
| Gazastreifen. Die israelische Regierung wirft der Organisation vor, von der | |
| Hamas unterwandert zu sein, hat dafür aber bis heute kaum Beweise | |
| vorgelegt. | |
| Seitdem hat sich die Situation [1][im Gazastreifen] deutlich verschärft. | |
| Mitte März kündigte Israel die Waffenruhe mit der radikalislamistischen | |
| Hamas auf, seit Anfang März lässt es keine Hilfslieferungen mehr für die | |
| mehr als zwei Millionen Bewohner in den Gazastreifen. Verteidigungsminister | |
| Israel Katz hat die Blockade mehrfach als „eines der wichtigsten | |
| Druckmittel gegen die Hamas“ bezeichnet. Laut humanitärem Völkerrecht darf | |
| eine Kriegspartei aber nicht eine gesamte Zivilbevölkerung bestrafen, um | |
| ihre Kriegsziele zu erreichen. | |
| Welche Folgen haben die Anhörungen vor dem IGH? | |
| Akut wird das Verfahren den Menschen in Gaza kaum helfen: Angesichts der | |
| israelischen Blockade droht den mehr als zwei Millionen Bewohnern laut der | |
| UN die schlimmste humanitäre Katastrophe seit Kriegsbeginn. Die Notküchen | |
| und Bäckereien im Küstenstreifen schließen, die Lebensmittellager von | |
| Hilfsorganisationen sind leer. Ein Sack Mehl kostet mittlerweile zwischen | |
| 150 und 200 Dollar. | |
| [2][Die täglichen Angriffe Israels] gehen derweil weiter: Am Mittwoch | |
| wurden bei Luftangriffen mindestens 35 Menschen getötet, darunter laut | |
| Krankenhauspersonal auch Kinder. Die von den USA, Katar und Ägypten | |
| vermittelten Verhandlungen stecken in einer Sackgasse. Das israelische | |
| Außenministerium behauptet hingegen, es gebe keinen Mangel an Hilfsgütern. | |
| Diese kämen vor allem der Hamas zugute. | |
| Israel dürfte die Entscheidung des obersten UN-Gerichts ignorieren, wie es | |
| das bereits in der Vergangenheit getan hat. Dennoch würde ein Gutachten den | |
| internationalen Druck erhöhen, glaubt Stefanie Bock, Professorin für | |
| internationales Strafrecht an der Universität Marburg. „Auch wenn das | |
| Gutachten selbst nicht rechtlich bindend ist, das zugrunde liegende | |
| Völkerrecht ist es sehr wohl.“ Es wäre dann Aufgabe der internationalen | |
| Staatengemeinschaft, darauf hinzuwirken, dass es eingehalten wird. | |
| Weshalb nimmt Israel nicht an den Anhörungen teil? | |
| Israel wirft der UN seit Langem, und besonders seit dem Überfall der Hamas | |
| am 7. Oktober 2023, vor, gegen das Land voreingenommen zu sein. Israel ist | |
| jüngst aus dem UN-Menschenrechtsrat ausgetreten und hat UN-Generalsekretär | |
| António Guterres zur Persona non grata erklärt. Andererseits zeigen die | |
| Tatsache, dass Israel seine Position schriftlich vorgelegt hat, sowie die | |
| heftige Kritik von Außenminister Gideon Sa’ar, dass die Vorgänge in Den | |
| Haag der Regierung in Jerusalem keineswegs völlig egal sind. | |
| Welche weiteren Vorwürfe stehen im Raum? | |
| [3][Israel] muss sich bereits in anderen Fällen gegen Vorwürfe verteidigen, | |
| gegen das Völkerrecht zu verstoßen. So hat der Internationale | |
| Strafgerichtshof (IStGH) bereits im November 2024 neben mittlerweile | |
| getöteten Hamas-Anführern auch gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu | |
| und Ex-Verteidigungsminister Joav Gallant Haftbefehle erlassen, unter | |
| anderen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Aushungern von | |
| Zivilisten. | |
| Seit die israelische Armee im März ihre Angriffe wieder aufgenommen hat, | |
| geht sie noch härter vor als in der Vergangenheit. Sie genießt dabei die | |
| uneingeschränkte Unterstützung der US-Regierung unter Präsident Donald | |
| Trump. Mehr als 70 Prozent des Gebietes hat das Militär inzwischen entweder | |
| zu „Evakuierungszonen“ oder zu „Sperrgebieten“ erklärt. Führende | |
| israelische Politiker, darunter auch Premierminister Benjamin Netanjahu, | |
| bringen immer wieder den Trump-Plan ins Spiel, die palästinensische | |
| Bevölkerung in andere Länder „umzusiedeln“. | |
| Verteidigungsminister Katz zufolge will Israels Armee entlang der Grenze zu | |
| Israel dauerhaft eine rund zwei Kilometer breite „Sicherheitszone“ | |
| einrichten und dort bleiben. | |
| Nach Aussagen von Soldaten, die die Menschenrechtsorganisation Breaking the | |
| Silence gesammelt hat, werden dort systematisch Häuser, Agrarflächen und | |
| Infrastruktur zerstört. In dem [4][„Perimeter“] genannten Bericht werden | |
| mehrere Soldaten zitiert, die die Pufferzone als Todesstreifen beschreiben, | |
| in der Palästinenser ohne Vorwarnung erschossen würden. | |
| Welches Urteil ist absehbar? | |
| Die Völkerrechtlerin Bock hält es für wahrscheinlich, dass das Gericht | |
| Israels Verpflichtung zu Hilfsaktionen zugunsten der palästinensischen | |
| Bevölkerung feststellen wird. Selbst wenn sich bestätigen sollte, dass | |
| Unrwa-Mitarbeiter am Hamas-Überfall mit rund 1.200 Toten beteiligt waren, | |
| könne dies kaum zum Ausschluss aller UN-Hilfsorganisationen führen. | |
| Humanitäre Hilfe bleibe eine völkerrechtliche Pflicht. | |
| Zudem könnten die Anhörungen Einfluss auf weitere Verfahren haben. So steht | |
| eine Entscheidung des IGH im Verfahren Südafrika gegen Israel aus. Darin | |
| wird der Vorwurf des Völkermords behandelt. „Der IGH hat Israel im Rahmen | |
| einer vorläufigen Anordnung verpflichtet, humanitäre Hilfe zu ermöglichen, | |
| und darauf hingewiesen, dass Völkermord auch durch die Verhinderung | |
| humanitärer Hilfe begangen werden kann“, sagt Bock. | |
| Darüber hinaus liege der Terrorüberfall der Hamas mehr als eineinhalb Jahre | |
| zurück. Dadurch verliere die Rechtfertigung durch das | |
| Selbstverteidigungsrecht an Kraft – „zumal, wenn eine solche Blockade | |
| zuallererst die Zivilbevölkerung trifft“. | |
| 2 May 2025 | |
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