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# taz.de -- Arbeitskampf im Krankenhaus: Systemrelevanz zum Mindestlohn
> Die Beschäftigten der Charité-Tochter CFM sind im Streik. Richtig so,
> denn es soll an denen gespart werden, die die Stadt am Laufen halten.
Bild: Beschäftigte der CFM fordern einen besseren Tarifvertrag
Ein Haus, ein Tarifvertrag für alle Beschäftigten: Die Forderung der rund
3.500 Mitarbeiter:innen der Charité Facility Management (CFM) klingt
simpel. Derzeit verdienen CFM-Beschäftigte teilweise deutlich weniger als
ihre Kolleg:innen beim Mutterunternehmen, der Berliner
Universitätsklinik Charité, [1][und versuchen darum, durch Streik eine
Lohnangleichung zu erstreiten.] Doch der Senat duckt sich weg. Der Fall
zeigt, wie schwer sich die Politik tut, systemrelevante Berufe angemessen
zu bezahlen.
Die CFM ist ein Überbleibsel der Berliner Pleitejahre. Anfang der 2000er
waren die Kassen knapp, die Stadt versuchte an allen Ecken und Enden zu
sparen. Auch die Gründung der CFM 2005 atmete den Geist dieser Zeit: Löhne
drücken, um den Haushalt zu sanieren.
Sämtliche Servicedienstleistungen, die für die Universitätsklinik erbracht
wurden, sollten in einem Privat-öffentlichen-Konsortium gebündelt werden.
Dazu gehörten Reinigung, Catering, Krankentransporte, Hausmeisterdienste,
Kälte- und Medizintechnik und noch vieles mehr. Dafür kaufte das Konsortium
die bisherigen Dienstleister auf. Die Beschäftigten mussten sich neu
bewerben, zu teils deutlich schlechteren Stundenlöhnen. Auch wurden im Zuge
der Neustrukturierung Berufsgruppen wie das Catering aus der Charité
ausgegliedert. [2][Dadurch galt für die Beschäftigten nicht mehr der
vergleichsweise gut bezahlte Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst
(TVÖD)].
Heute gibt es zwar einen Haustarifvertrag für die CFM-Beschäftigten, der
orientiert sich aber an den Branchenlöhnen und liegt an vielen Stellen
deutlich unter dem TvÖD, der den Beschäftigten als Angestellte des Landes
eigentlich zustünde.
## Viele Versprechen
Bereits 2016 versprach Rot-Rot-Grün zuerst die Wiedereingliederung und
erreichte zumindest, dass die CFM ein vollständig landeseigenes Unternehmen
wurde; doch nach TvÖD bezahlt wurde trotzdem noch nicht. 2023 versprach
dann CDU-Bürgermeister Kai Wegner zu Regierungsantritt eine
„schnellstmögliche“ Rückführung. Doch von den Versprechen von gestern wi…
der Senat nichts mehr wissen; eine Wiedereingliederung ist angesichts des
milliardenschweren Haushaltslochs in Berlin nicht in Sicht.
Die CFM wiederum tut so, als wäre sie ein ganz normales Unternehmen, das
auf einmal mit völlig utopischen Lohnforderungen konfrontiert ist: Eine
Angleichung an TvöD würde den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens
gefährden, heißt es aus der Unternehmensleitung.
Ein unbefristeter Erzwingungsstreik schien nach der erfolgreichen
Urabstimmung Ende März unvermeidbar, doch dann machte das Arbeitsgericht
der Gewerkschaft einen Strich durch die Rechnung: Durch den Streik dürfe
die Versorgung der Patienten nicht gefährdet werden. Doch lagen die in der
Notdienstverordnung von der Unternehmensleitung festgelegten
Personalschlüssel teilweise so hoch, dass ein effektiver Streik unmöglich
gewesen wäre. Erst nach intensiver Nachverhandlung konnte Verdi die
Schlüssel drücken, um nun zumindest einen „Streik light“ zu ermöglichen.
Die Logik dahinter muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Arbeit
der CFM-Beschäftigten ist zu wichtig, als dass sie streiken dürften.
Trotzdem tut der Senat so, als sei eine existenzsichernde Bezahlung
unmöglich. Oftmals in Teilzeit beschäftigt und nur knapp über Mindestlohn,
kämpfen viele CFM-Beschäftigte damit, sich die explodierenden Mieten noch
leisten zu können.
Die Politik droht also denselben Fehler wie bei der Sparorgie vor 20 Jahren
zu begehen: Es wird an denen gespart, die die Stadt am Laufen halten.
26 Apr 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Jonas Wahmkow
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