# taz.de -- Müllprobleme in Berlin: Nachhaltige Wurstigkeit | |
> Der letzte BSR-Streik ist schon lange vorbei. Das heißt nicht, dass rund | |
> um die Müllbehälter der Stadt wieder Ordnung herrscht. | |
Bild: Einer geht noch rein: Berliner Müllraum im Monat März | |
Berlin taz | So ein Streik bei der Müllabfuhr ist nicht ohne: Fünf Wochen | |
bleibt der Abfall nun schon liegen, er türmt sich auf Gehwegen, in | |
Vorgärten und Grünanlagen. Die Stadtverwaltung bemüht sich, das Schlimmste | |
zu verhindern, und hat Noteinsätze organisiert, zu denen | |
Stadtreinigungs-Lkws aus dem Umland anrücken. Gut geht es nur den | |
Schädlingen – Ratten so groß wie kleine Katzen sollen gesichtet worden | |
sein. | |
Okay, das ist nicht Berlin, sondern [1][Birmingham, das derzeit von einem | |
massiven bin strike erschüttert wird]. In der deutschen Hauptstadt waren es | |
nur vier Tage Mitte März, die [2][die Beschäftigten der BSR in den Ausstand | |
traten], die Tonnen nicht geleert wurden und die Recyclinghöfe | |
dichtblieben. Aber in vielen Müllräumen und Hinterhöfen sieht es immer noch | |
übel aus. | |
Im Gegensatz zu anderen Branchen ist so ein Müllstreik ja auch für die | |
Beschäftigten ein zweischneidiges Schwert. Denn sobald sie die Arbeit | |
wieder aufnehmen, haben sich Berge angehäuft, die sie nun selbst abarbeiten | |
müssen, bis wieder Land in Sicht ist. Laut BSR wurden dann auch in den | |
Folgetagen und Folgewochen viele Überstunden zur „Streikfolgen-Beseitigung“ | |
geleistet. Dabei seien auch die „Beistellungen“ beseitigt worden – also | |
Müllsäcke, die von den AnwohnerInnen neben die vollen Tonnen gestellt | |
wurden. | |
In der Realität geriet aber durch den Streik so einiges ins Rutschen in der | |
ohnehin nicht sonderlich ausgeprägten Abfalldisziplin: Auf den schwarzen | |
Restmülltonnen türmten sich müffelnde Berge, und schon bald landete alles, | |
was so anfiel, in jedem Behälter, der auch nur einen Kubikzentimeter Raum | |
bot. Am Ende steckten Kartons im Biomüll, schmutzige Windeln in der gelben | |
Tonne, Kartoffelschalen im Altglas und Flaschen im Papier. | |
In der Folge weigern sich nun Firmen wie Berlin Recycling und Alba immer | |
wieder, den alles andere als sortenreinen Mischmasch zu entsorgen. Damit | |
besteht das Platzproblem auch ohne Streik weiter, und die schwarzen Tonnen | |
füllen sich im Handumdrehen bis zur Oberkante. Oft ist es an wohlmeinenden | |
NachbarInnen oder pflichtbewussten HausmeisterInnen, halbwegs geordnete | |
Verhältnisse herzustellen. | |
## Berliner Normal | |
Seiner Kenntnis nach seien die allermeisten Streikfolgen seit Ende März | |
beseitigt, sagt ein BSR-Sprecher auf Anfrage – was freilich oft genug mit | |
der Alltagserfahrung kollidiert. Aber alles, was jetzt noch so rumgammelt, | |
läuft vermutlich einfach unter „Berliner Normal“. | |
Auch wenn es an der Spree keine Birminghamer Verhältnisse gibt: So ein | |
Berlin bin strike zeigt wieder sehr deutlich, dass ein Erreichen all | |
unserer hehren Nachhaltigkeitsziele in weiter Ferne liegt. Nachhaltig ist | |
hier im Umgang mit den eigenen Hinterlassenschaften oft nur die komplette | |
Wurstigkeit – und „Zero Waste“ ist ganz sicher eine schöne Theorie, in d… | |
Praxis aber für die Tonne. | |
8 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bbc.com/news/live/cdxgv0yy5ept | |
[2] /Arbeitskampf-bei-der-BSR/!6071616 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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BSR | |
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