| # taz.de -- Neues Album von Paura Diamante: Das Schwarz des Regenbogens | |
| > Paura Diamante macht Synth/Wave, aber in Drag. Auf ihrer neuen EP besingt | |
| > sie den „New Dawn Decay“ und scheut dabei keinerlei Pathos. | |
| Bild: Umkreist Themen wie Einsamkeit und Schmerz: Paura Diamante | |
| Von | |
| Die [1][Gruftipartys der frühen 1990er Jahre] waren schon queer, noch bevor | |
| das Wort in seiner heutigen Bedeutung überhaupt in den deutschen | |
| Sprachgebrauch übernommen wurde. Allein schon der Look, der dort | |
| aufgetragen wurde: Samt, Chiffon und Spitze, dazu die hochtoupierten Haare, | |
| das exaltierte Makeup ließen die Geschlechtergrenzen so durchlässig wie | |
| eine grobmaschige Netzstrumpfhose erscheinen. | |
| Auch Paura Diamante, die unlängst ihre neue EP „New Dawn Decay“ | |
| veröffentlichte, hing in jenen Jahren auf solchen Abendveranstaltungen ab. | |
| Oder besser gesagt ihr ungeschminktes Alter-Ego Jan Noll tat es, die | |
| [2][Drag-Persona] gab es da noch nicht. Damals schon machte Noll Musik, | |
| erst in der nordhessischen Provinz, später in Berlin, wechselte dann die | |
| Seiten, wurde Journalist, vor allem bei der Siegessäule. | |
| Paura Diamante, die Musikerin, erblickte 20 Jahre später das Licht der | |
| Welt, während Covid, als Dark-Wave- und Synth-Pop-Projekt, aber klar queer | |
| konnotiert, chansonhaft schwelgerisch und in Drag. Düster und glamourös | |
| zugleich. Eben so flaniert Diamante auch im Video zur neuen Single „You & | |
| I“ mit pinkem Lippenstift, türkisblauem Lidschatten und karottenroter | |
| Vokuhila-Perücke durchs nächtliche Berlin, lässt den Blick über Spree und | |
| Warschauer Brücke streifen, räkelt sich an Absperrgittern und besingt die | |
| Melancholie der Großstadt und der Zweierbeziehung, die doch keine ist. | |
| Zwei Alben, „Tango“ (2022) und „The Descent“ (2023), hat Diamante berei… | |
| herausgebracht, beide bei Young & Cold. „New Dawn Decay“ erschien jetzt | |
| ohne Label auf Bandcamp, selbst aufgenommen und produziert (co-produziert | |
| von Philipp Marc Tacent), musikalisch unterstützt nur von Ruby Mai von der | |
| Dark-Punk-Band Totenwald am Saxofon und als zweite Stimme. | |
| ## Zwischen Christian Death und Daliah Lavi | |
| Zum DIY-Charme ihrer Musik passt das sogar gut. Und zu deren mannigfaltigen | |
| Einflüssen, die Diamante selbst zwischen Christian Death und Daliah Lavi | |
| verortet. Diamantes Version von Synth/Wave scheut keinerlei Pathos, keine | |
| Boy-George-artige Cheesiness, keinen schlageresken Überschwang. | |
| Auf ihrem Debüt „Tango“ coverte sie damals noch – da muss man erst mal | |
| draufkommen – gemeinsam mit dem bayerischen Künstler DIAF, der eine Art | |
| Gothic-Neue-Deutsche-Welle macht, Stefan Waggershausens „Zu nah am Feuer“. | |
| Ziemlich viel Friedhofserde kippten die beiden dabei aufs | |
| 80er-Jahre-Deutschrock-Gesäusel. Ein bisschen schade ist es, dass der | |
| Crossover mittlerweile dezenter ausfällt. | |
| Geradliniger, weniger eklektisch als „Tango“, poppiger, weniger düster als | |
| „The Descent“ klingt „New Dawn Decay“. Doch man sollte sich von den Bon… | |
| die den titelgebenden ersten Track einläuten – es ist der musikalisch | |
| spannendste der EP – nicht auf eine falsche Fährte führen lassen. Der | |
| Regenbogen trägt immer noch Schwarz. Die musikalischen Referenzen bleiben | |
| hörbar, und die Liedtexte umkreisen düstere Topi: Einsamkeit, Verlust, | |
| Schmerz, Vergänglichkeit. | |
| ## Ungesunde Männlichkeitsbilder | |
| Darüber hinaus geht es um Homophobie und ungesunde Männlichkeitsbilder – | |
| „Their toxic masculinity/ Is not the way you want to be/ Your life will | |
| never fit into the frame/ There’s beauty in the man that you became“ (Boy) | |
| – und um die eigenen Dämonen, die Ängste, die sie umtreiben, ganz real: | |
| „It’s Friday night, nowhere to go/ And I’m too scared to take the subway�… | |
| (You and I). | |
| Letztere sind leider auch der Grund, warum Diamante keine Konzerte gibt | |
| (aber immerhin alle paar Monate die Wave-Party Eisengrau mitveranstaltet). | |
| Paura, das ist eben keine verkappte Version von Paula, sondern das | |
| italienische Wort für Angst. | |
| 13 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Beate Scheder | |
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