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# taz.de -- Immer mehr Kirchenaustritte: Die Schäfchen laufen ihnen in Scharen…
> Sowohl die evangelische also auch die katholische Kirche verliert
> Mitglieder. Das liegt neben der finanziellen Last auch an
> Glaubwürdigkeitsfragen.
Bild: Immer mehr Mitglieder ergreifen die Flucht und treten aus der Kirche aus
„Fürchtet Euch nicht!“, spricht der Herr in der Bibel – und nicht nur er.
Ganze 365-mal findet sich dieses Mantra im Heiligen Buch der Christ*innen
– äußerst ambitioniert in Zeiten der Umbrüche und Unsicherheiten wie diesen
– jetzt, da Angst für viele Menschen zu einem ständigen Begleiter geworden
ist. Allen Grund, sich zu fürchten, sollten jedoch auch die evangelische
und katholische Kirche in Deutschland als Institutionen haben.
Ein bisschen Schwund ist immer, weiß der Volksmund, doch hier geht es
mittlerweile um ganz andere Dimensionen. Beiden Kirchen laufen ihre
Schäfchen in Scharen davon. Offensichtlich kommt die frohe Botschaft immer
weniger an. Gründe dafür gibt es viele – allen voran Geld. Die Gotteshäuser
sind gefühlt wie real nicht gerade im finanziell niederschwelligen Bereich
unterwegs.
Die Kirchensteuer hinterlässt bei Berufstätigen mit überschaubarem
Einkommen durchaus ihre Spuren im ohnehin nicht prall gefüllten
Portemonnaie. Auch, dass der Staat die Abgabe einzieht – ein Relikt vom
Anfang des 19. Jahrhunderts – erschließt sich vielen schon längst nicht
mehr. Zumal Vater Staat einen Teil des Obolus für sich einbehält.
Aber das ist noch längst nicht alles. Da, wo es mit dem Glauben nicht mehr
so weit her ist, wird Glaubwürdigkeit immer wichtiger. Und auch die hat bei
beiden Kirchen merklich gelitten. Genannt seien an dieser Stelle allen
voran die [1][zahlreichen Fälle sexuellen Missbrauchs]. Von einer
umfassenden Aufarbeitung kann bislang kaum die Rede sein, was die
Betroffenen, aber nicht nur sie, als weitere Demütigung empfinden müssen.
Ein wirkliches Bemühen, seinem/r Nächsten Gerechtigkeit widerfahren zu
lassen, sieht anders aus.
## Kirchen brauchen neue Finanzierungsmodelle
Wie also weiter? Erstmal sollte die Finanzierung der Kirchen grundlegend
reformiert werden. Das würde auch dem Prinzip der Trennung von Staat und
Kirche Rechnung tragen. Warum nicht die Kirchen durch freiwillige Spenden
alimentieren? Oder, wie beispielsweise bei Vereinen, Beiträge von den
Mitgliedern direkt einziehen? Doch derartige Veränderungen allein werden es
nicht richten.
Vielmehr müssen sich die Kirchen überlegen, wie sie, insbesondere für
jüngere Leute, wieder attraktiver werden. „Unter den Talaren – Muff von
1000 Jahren“, hieß es bei einer Protestaktion von Student*innen in
Hamburg 1967. In Abwandlung dazu ließe sich sagen: Unter den Talaren so
mancher Kirchenmänner und -frauen sieht es immer noch nicht wirklich besser
aus. Dabei böten sich doch gerade jetzt, wo es darum geht, die
Zivilgesellschaft zu stärken, für die Kirchen mannigfaltige
Betätigungsfelder.
Überhaupt: [2][Klamme Kassen setzen ja manchmal ganz kreative Ideen frei.]
Um zu sparen, ist in Lübeck eine katholische Kirchengemeinde vor kurzem bei
ihren evangelischen Brüdern und Schwestern eingezogen. In der jetzt
gemeinsam genutzten Kirche wird, mit Rücksicht auf die Protestant*innen,
auf den Einsatz von Weihrauch verzichtet. Na bitte, geht doch! Wie heißt es
immer so schön: Krise als Chance! Eben. Bleibt nur noch die Frage, wer sie
ergreift.
28 Mar 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Katholische Kirche
Evangelische Kirche
Christentum
Reform
Glaube, Religion, Kirchenaustritte
Kirchensteuer
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Kolumne Stadtgespräch
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Frankreich
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