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# taz.de -- Rassismus-Vorwurf gegen Pastor: Antiziganismus in der Kirche?
> Die Staatsanwaltschaft Hamburg stellt Ermittlungen gegen einen Pastor
> ein. Ihm war vorgeworfen worden, sich rassistisch gegen Sinti und Roma
> geäußert zu haben.
Bild: Der Sinti-Verein ist entsetzt: Demonstration gegen die Wiedereinsetzung d…
Hamburg taz | An diesem Fall ist nichts einfach. Die Staatsanwaltschaft
Hamburg hat Ermittlungen wegen Volksverhetzung und Beleidigung gegen den
Pastor einer evangelischen Kirche in Hamburg-Osdorf eingestellt –
jedenfalls vorläufig, doch eine Beschwerde könnte den Fall wieder öffnen.
[1][Dem Pastor war vorgeworfen worden, sich in mehreren Fällen rassistisch
gegenüber Sinti und Roma geäußert zu haben]. Teils sollen Äußerungen direkt
gegenüber Mitgliedern des Sinti-Vereins Hamburg gefallen sein, der
Räumlichkeiten der Kirche nutzt.
Zwischenzeitlich war er deswegen vom Dienst suspendiert, [2][durfte aber
seit Anfang des Jahres wieder arbeiten]. Dagegen hatte der Sinti-Verein
Hamburg Anfang Februar vor der Kirchentür demonstriert.
Konkret war dem Pastor vorgeworfen worden, in einem Gespräch [3][das
rassistische Z-Wort] verwendet zu haben und die Kultur von Roma und Sinti
als rückständig beschrieben zu haben. Der Pastor bestreitet den Vorwurf des
Rassismus.
## Pastor spricht von Verleumdung
Zudem bestreitet er, den Großteil dessen, das ihm vorgeworfen wird,
überhaupt gesagt zu haben. In vielen Punkten steht Aussage gegen Aussage.
Dem Hamburger Abendblatt gegenüber sprach der Pastor von einer Verleumdung
eines engen Personenkreises gegen ihn.
Christian Rosenberg, der Vorsitzende des Sinti-Vereins, klingt fassungslos,
wenn er über den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft spricht. „Ich
bin vom deutschen Rechtsstaat schwer enttäuscht“, sagt er der taz. Er wirft
der Staatsanwaltschaft vor, nicht ausreichend ermittelt und wichtige
Zeugenaussagen nicht berücksichtigt zu haben.
Auch für viele Mitglieder des Vereins sei die Entscheidung der
Staatsanwaltschaft nicht nachvollziehbar, sagt Rosenberg. „Wenn so etwas in
dieser Gesellschaft nicht bestraft wird, geht ein Licht aus in
Deutschland“, sagt er. Sein Anwalt habe gegen die Einstellung Beschwerde
eingereicht.
Warum die Staatsanwaltschaft Hamburg die Ermittlungen eingestellt hat, ist
gar nicht so einfach zu verstehen. Der Fall sei ganz schön komplex, sagt
eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg der taz. Zu den Ermittlungen
war es gekommen, weil sowohl der Sinti-Verein als auch die Nordkirche
Strafanzeige gegen den Pastor erstattet hatten.
## Vorwürfe teilweise verjährt
Dabei ging es um die Vorwürfe der Beleidigung und der [4][Volksverhetzung]
bei mehreren verschiedenen Vorfällen, die sich zwischen Sommer 2018 und
Sommer 2022 ereignet haben sollen. Die Staatsanwaltschaft habe sich in
einigen der Fälle für eine Einstellung entschieden, weil mögliche
Straftaten mittlerweile verjährt sind.
Bei Beleidigung ist das nach drei, bei Volksverhetzung nach fünf Jahren der
Fall. „Dann prüfen wir häufig gar nicht mehr die Tat an sich“, sagt die
Sprecherin. Einige weitere Vorwürfe seien aus Mangel an Beweisen
eingestellt worden.
In einem Fall hat die Staatsanwaltschaft entschieden, dass der
Straftatbestand der Volksverhetzung nicht gegeben ist. Dabei ging es darum,
dass der Pastor von der Kultur der Sinti und Roma als „Steinzeitkultur“
(was er bestreitet) und eines „mittelalterlichen Dorfes“ (was er nicht
bestreitet, aber der Kontext ist strittig) gesprochen haben soll.
Laut Christian Rosenberg gebe es für diese Aussagen Zeugen. Für die
Staatsanwaltschaft spielt das aber keine Rolle, weil sie eben ohnehin keine
strafbare Volksverhetzung erkennen konnte.
Guillermo Ruiz von der [5][Melde- und Informationsstelle Antiziganismus]
überrascht die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hamburg nicht. Ruiz
fühlt sich an eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München erinnert,
die das [6][NPD-Plakat mit der Aufschrift „Kein Geld für Oma, aber für
Sinti und Roma“] 2019 nicht als strafbare Volksverhetzung einstufte.
„Es gibt keinen einheitlichen Begriff von Rassismus oder Antiziganismus.
Viele Richter:innen und Staatsanwält:innen stufen oft Straftaten
nicht als rassistisch oder antiziganistisch ein, obwohl diese es sind“,
sagt er. Die Meldestelle vermute daher, dass die Dunkelziffer
antiziganistischer Straftaten hoch ist.
Im Fall des beschuldigten Pastors aus Hamburg-Osdorf ist die
Ermittlungsbehörde nach der Beschwerde des Sinti-Vereins verpflichtet zu
prüfen, ob sie die Ermittlungen doch noch einmal aufnimmt. Andernfalls wird
die Generalstaatsanwaltschaft über die Beschwerde entscheiden.
19 Mar 2025
## LINKS
[1] /Rassismus-in-der-evangelischen-Kirche/!5933402
[2] /Rassismus-in-der-evangelischen-Kirche/!6067511
[3] /Bericht-zu-Antiziganismus/!6034224
[4] /Nazi-Parolen-zu-Lamour-toujours/!6029807
[5] https://www.antiziganismus-melden.de/
[6] /Protest-gegen-NPD-Plakate/!5059210
## AUTOREN
Amira Klute
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Hamburg
Evangelische Kirche
Antiziganismus
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