| # taz.de -- Nutzung des Hamburger Jungfernstiegs: Ein Wohnzimmer für junge Men… | |
| > Pünktlich zum Frühling warnt die Lokalpresse wieder vor Jugendgangs am | |
| > Alsteranleger. Derweil fordert ein Jugend-Gipfel mehr öffentliche Räume. | |
| Bild: Ein schönes Wohnzimmer – gerade auch für die Vorstadt-Jugend | |
| Ein unbeschwerter Aufenthalt mit Alsterblick am [1][Jungfernstieg] wird | |
| nicht jedem gegönnt. So wusste das [2][Hamburger Abendblatt] zu berichten, | |
| dass zwar zwei bekannte Jugendgangs dort nicht mehr anzutreffen sind, | |
| nachdem zwei führende Köpfe verhaftet wurden. Doch die Polizei erwartete, | |
| dass sich dafür eine „neue Klientel an der Binnenalster tummeln und | |
| Probleme machen könnte“. Deshalb melde sich die „Soko Alster nach der | |
| Winterpause zurück“. | |
| Man habe nun „eine völlig neue Szene am Alsteranleger, die mit dem besser | |
| werdenden Wetter langsam größer wird“, zitiert das Blatt anonym einen | |
| Beamten. Gleich geblieben sei, dass es sich „vorwiegend um Jugendliche um | |
| 14 bis 20 Jahre“ handle, vielfach mit „Migrationshintergrund“. Tja, auch | |
| schon einem früheren Artikel war zu entnehmen, dass diese jungen Menschen | |
| „in der Regel“ in öffentlichen Unterkünften wohnen. Das sei zumeist mit | |
| großen Familien und wenig Platz verbunden. Da sei der „gut mit öffentlichen | |
| Verkehrsmitteln zu erreichende Jungfernstieg für viele so etwas wie das | |
| ‚Wohnzimmer‘“. | |
| Der Jungfernstieg ist eine der feinen Hamburger Adressen, Nobelkaufhäuser, | |
| Luxushotels und die Reederei Hapag-Lloyd sind in Sichtweite. Was immer die | |
| jungen Leute dort jetzt treiben, die Überwachungskameras sind pünktlich | |
| seit 1. April an und die „Soko“ wird es verfolgen. | |
| Einen ganz anderen Blick auf das Thema warf in der Woche zuvor der | |
| „Hamburger Kinder- und Jugendhilfegipfel“. Die Jugendhilfe hat die Aufgabe, | |
| jungen Menschen Räume zu ermöglichen, in denen sie sich treffen und | |
| ausprobieren können. Doch in Hamburg wird diese Offene Kinder- und | |
| Jugendarbeit [3][seit Jahren bespart]. Es gibt weniger Angebote als 2012, | |
| obwohl gut 30.000 junge Menschen mehr in der Stadt leben. | |
| ## Es fehlen Angebote für Kinder in Unterkünften | |
| Wohin die Kinder und Jugendlichen denn gehen sollten, die in den | |
| Unterkünften sind?, fragte Sozialarbeiter Yama Wasiri bei dem Treffen. | |
| Diese Angebote fehlten. Meist lägen die Unterkünfte in Gewerbegebieten, wo | |
| die Kinder total isoliert seien. Schon ihr Weg zur Schule sei eine | |
| Herausforderung, sagte ein Mädchen, das mit sechs Geschwistern in einer | |
| Unterkunft lebt. | |
| Der [4][Kinder- und Jugendhilfe-Gipfel] ist ein Zusammenschluss von | |
| Akteuren, die in der Jugendhilfe [5][etwas zum Guten bewegen wollen]. Der | |
| Leiter des Hamburger Amtes für Familie, Dirk Bange, war dabei und | |
| versprach, sich des Problems der Unterkünfte einmal anzunehmen. Eine | |
| Jugendgruppe aus Rissen berichtete, dass es unmöglich war, selber einen | |
| Jugendtreff ins Leben zu rufen. Zu groß seien die amtlichen Hürden. | |
| Dabei sagt Paragraf 4a des Jugendhilfegesetzes, dass Kinder und Jugendliche | |
| ein Recht auf selbst organisierte Zusammenschlüsse haben und der Staat dies | |
| „anregen und fördern“ soll. Zu den Forderungen des Gipfels gehört denn au… | |
| eine Idee des Sozialwissenschaftlers Timm Kunstreich: „Wenn zehn | |
| Jugendliche zusammen einen Antrag stellen, für einen Raum, den sie haben | |
| wollen, dann muss der Bezirk dafür sorgen, dass sie den bekommen.“ | |
| ## Vielleicht ein Skateboard-Verleih | |
| Ein solches Prinzip habe in den letzten zehn Jahren der DDR gegolten und | |
| zur Bildung von vielen Jugendclubs geführt. „Die sieben Hamburger Bezirke | |
| müssten ein Budget bekommen, um das zu finanzieren“, ergänzte Ronald Prieß | |
| vom Arbeitskreis Kinder, Jugend und Bildung der „[6][Patriotischen | |
| Gesellschaft von 1765]“, in dessen historischen Gebäude unweit der Alster | |
| der Jugend-Gipfel tagen konnte. | |
| Das vielleicht bekannteste Haus am Jungfernstieg ist der Alsterpavillon | |
| direkt an der Kaimauer, der gerade neu verpachtet wird. Dort wäre eine | |
| Jugendetage doch ganz passend, zumindest im Souterrain oder in einem | |
| kleinen Pavillon daneben wäre gewiss dafür Platz. Statt „Soko“ und Kameras | |
| gäbe es an Hamburgs Flaniermeile Angebote der Offenen Kinder- und | |
| Jugendarbeit, mit Skateboard-Verleih vielleicht. Dann könnte keiner mehr | |
| sagen, dass Jugend an diesem Ort nichts zu suchen hat. | |
| 13 Apr 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!5411606/ | |
| [2] https://www.abendblatt.de/hamburg/politik/article408704675/soko-alster-wied… | |
| [3] /Verbandschefin-ueber-Jugendarbeit/!6076283 | |
| [4] https://tu-was-hamburg.de/ | |
| [5] /Ex-Jugendreferent-ueber-Protest-Tagung/!6005091 | |
| [6] https://www.patriotische-gesellschaft.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| wochentaz | |
| Jugend | |
| Kindheit | |
| Verdrängung | |
| Hamburg | |
| Jugendhilfe | |
| Jugendhilfe | |
| Jugendhilfe | |
| Jugendhilfe | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Verbandschefin über Jugendarbeit: „Das Arbeitsfeld ist am Limit“ | |
| Hamburg braucht mehr offene Angebote für Kinder und Jugendliche, fordert | |
| Anja Post-Martens anlässlich des zweiten Kinder- und Jugendhilfegipfels. | |
| Personalmangel in Hamburgs Jugendhilfe: „Nachtarbeit wird quasi als Ehrenamt … | |
| In Hamburgs Jugendwohngruppen ist meist eine Fachkraft allein mit bis zu | |
| zehn Kindern und Jugendlichen. Ein besonderes Problem sind die Nächte. | |
| Sozialarbeiter über Jugendhilfe: „Viele fühlen sich nicht gehört“ | |
| Hamburgs Ombudsstelle „Oha!“ berät seit zwei Jahren Kinder, Jugendliche und | |
| Familien bei Konflikten mit dem Jugendamt. Sie hat viel zu tun. |