Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Autokratie in den USA: Trumpismus messen
> Die Politikmethode des US-Präsidenten ist weltweit auf dem Vormarsch.
> Hier ist ein exklusiver Trump-O-Meter, um die Gefahren besser zu
> erkennen.
Bild: Folgt keinem rationalen Plan: US-Präsident Donald Trump
Drüben in den USA hat ein Kerl mit Selbstbräunerteint und dem reichsten
Mann der Welt im Schlepptau mal eben die Demokratie abgeschafft und
arbeitet an einer imperialistischen Technokratie für seine
Oligarchenfreunde, was die Mehrheit von Volk, Kultur und Wissenschaft
offenbar mit einer merkwürdigen Mischung aus Opportunismus und Schockstarre
hinzunehmen bereit ist.
So etwas kann bei uns nicht passieren. Oder? Trumpismus ist die Verbindung
von darwinistischem Anarcho-Kapitalismus, kleinbürgerlichem
Fascho-Konservatismus und merkantilem Imperialismus mit etlichen sehr
US-amerikanischen, aber auch mit universalen Beimengungen rechtsextremer
Vorstellungen.
Dieser Mann folgt keinem rationalen Plan, nicht einmal einem der Art, wie
wir es von den bösartig-genialen Möchtegern-Weltherrschern der Popkultur
kennen. Er lebt in einem großen Bild, oder, wie es sein etwas unbedarfter
Sohn postet, in einem Film. Bilder oder Filme haben gegenüber großen Plänen
den Vorteil, alles Mögliche und einiges widersprüchlich enthalten zu
können.
Als großes, aber auch in viele Einzelteile beliebig zerlegbares Bild hat
sich der Trumpismus schon viel weiter in der Welt verbreitet, als es selbst
seinen Kritikerinnen bewusst ist. Es ist deshalb dringend geboten, ein
Instrument zu schaffen, das die Verbreitung des trumpistischen Welt-Bildes
und seiner Einzelteile bei Personen, Institutionen, Diskursen und Parteien
misst.
Mein Vorschlag dazu ist der Trumpism-O-Meter, oder kurz Trump-O-Meter. Der
Trump-O-Meter bewertet Programme, Aussagen und Handlungen politischer
Agenten und Agenturen mit einem Punktsystem, das auf einer Skala von 0
(vollkommen trumpismuslos) bis 10 (mit dem Trumpismus deckungsgleich) den
Grad an trumpistischer Infektion wiedergibt. Die Anordnung der
verschiedenen Elemente des Trumpismus erlaubt dann die Erstellung eines
Trump-O-metrischen Profils eines Politikers, einer Rede, eines Artikels,
einer politischen Aktion etc. Hier nun eine höchst vorläufige
Zusammenstellung der Teile des trumpistischen Gesamtbildes, die als Matrix
für den Trump-O-Meter eingesetzt werden können:
– Rachsüchtige Kriege gegen Kritiker und missliebige Presse
– Maskulinismus und Bro-Gangs
– Ersetzung von Regelbasis und Vertragstreue durch Opportunität und
Machtspiel
– Krieg gegen neutrale und kritische Wissenschaften
– Nationalismus und Fremdenhass als ideologische Maske (wenn irgendwo etwas
schiefgeht, sind immer „die anderen“ schuld
– Anti-„woker“ und anti-„genderwahnsinniger“ Kulturkampf
– Erklärung des politischen Gegners zum „Feind“
– Hierarchismus, Paternalismus und Personenkult
– Populistische Rhetorik, Verspektakelung der Politik (Inszenierung von
Herrschaft hier und von „Volksnähe“ dort)
– Rachsüchtige Auslöschung der Vorgänger, Umschreiben der Geschichte nach
eigenem Gutdünken (Mythos statt Geschichte, buchstäbliches „Whitewashing“)
– Nationalkitsch: Diktatur der Geschmacklosigkeit
– Vermischung von Politik und Wirtschaft (strukturelle oder personale
Korruption, Kleptokratie, indirekte Regierungsbeteiligung von Oligarchen
wie von medialen „Influencern“)
– Abbau der Sozialstaatlichkeit und der Grundversorgung (alles ist
käuflich, nichts gibt es umsonst)
– Denunziation und Demütigung der Verlierer (Diplomatie und Solidarität
sind Zeichen von Schwäche)
– Immer weitergehende Öffnung nach rechts (Übernahme rechter Parolen und
Ziele, Allianzen und Zustimmungen)
– Entmachtung und Schrumpfung der Universitäten
– [1][Übermacht der Exekutive und Ende von Gewaltenteilung]
– Inkonsistenz und Willkür
– „Entbürokratisierung“ als Entstaatlichung (Verlagerung der Machtzentren
in die Sphäre der Tech-Milliardäre)
– [2][Militante Grenz- und Migrationspolitik]
– Überwachung, Kontrolle, Einschüchterung der Opposition
– Politik als volkstümliche Spektakel (Politik und Merchandising)
– [3][Klimaleugnung und Wachstumsfetischmus]
– Narzissmus und Schamlosigkeit als Unterhaltungswert (Ich-Sagen als
oberstes Gebot; Angeberei mit den eigenen Gesetzesbrüchen und
Regelverstößen)
– Imperiale Handelskriege ohne Rücksicht auf die eigene Bevölkerung.
Dies, wie gesagt, als erste Skizze für eine Rating-Matrix des
Trump-O-Meters. Man wird dann zu diversen Profilen kommen, wie zum
Beispiel: direkter Schulterschluss (Andy Scheuers Besuch bei seinen
transatlantischen Buddys); offener Trumpismus der Taktiken (die Attacken
der CDU/CSU gegen die NGOs wie „Omas gegen Rechts“); offener Trumpismus der
Rhetoriken (die hetzerischen Migrationsdebatten aller Parteien der „Mitte“,
verdeckter Trumpismus; Vulgärtrumpismus. Und schließlich gibt es einen
Körper-Trumpismus (achten Sie auf die öffentlichen Auftritte gewisser
konservativer Politiker).
Es gibt reichlich Politiker und Parteien in Deutschland, die sich noch der
Mitte zurechnen lassen wollen und die bereits den roten Bereich der
Trump-O-Meter-Kontrolle erreicht haben. Der bescheidene Erfinder des
Trump-O-Meters für Deutschland ging nach seinem Testlauf erst einmal eine
Runde kotzen.
9 Apr 2025
## LINKS
[1] /Trumps-Angriff-auf-die-Justiz/!6077323
[2] /-USA-unter-Trump-/!6077961
[3] /Klimaforschung/!6072891
## AUTOREN
Georg Seeßlen
## TAGS
Schlagloch
Schwerpunkt USA unter Trump
Autokratie
Rechter Populismus
Toxische Männlichkeit
GNS
Schwerpunkt USA unter Trump
Schwerpunkt USA unter Trump
Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Trump
## ARTIKEL ZUM THEMA
Landprivatisierung der Trump-Regierung: This is Our Land
In New Mexico wehren sich Jäger und Naturschützer gegen die Pläne der
Trump-Regierung, öffentliches Land zu privatisieren.
Trumps Kampf gegen die Universitäten: Columbia knickt ein
Unter Druck wegen des Entzugs von US-Bundesmitteln sichert die
Columbia-Universität zu, alle Forderungen der Regierung zu erfüllen. Die
Rechte jubelt.
Klimaforschung: Wenn Trump Klimaforschung verbietet
Bis 2029 wird am 7. Sachstandsbericht des Weltklimarates gearbeitet. Trump
fordert nun einen Rückzug von US-Forschern.
Politologe über US-Demokratie: „Trump will den Apparat umbauen“
Politikwissenschaftler Daniel Ziblatt plädiert dafür, Lehren aus dem
Trumpismus zu ziehen und die Demokratie vor radikalen Minderheiten zu
schützen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.