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# taz.de -- Bündnis Sahra Wagenknecht: Ich mach mir die Geschichte, wie sie mi…
> Mit einem peinlichen letzten Auftritt verabschiedet sich das BSW aus dem
> Bundestag. Das geschichtsvergessene Bündnis wird vorerst selbst
> Geschichte.
Bild: Protest des BSW im Bundestag gegen die Grundgesetzänderung zur Schuldenb…
Es ist so eine Sache mit den historischen Vergleichen. Sie stimmen nie,
weil sich Geschichte nicht wiederholt. Manchmal ähnelt eine Sache der
anderen aber doch derart stark, dass Vergleiche angebracht sind. Aus der
Perspektive des Bündnisses Sahra Wagenknecht spielt sich unentwegt
Historisches ab. Schon beim [1][Gründungsparteitag] im Januar 2024
erinnerte die Publizistin Daniela Dahn daran, dass es die Sowjetunion mit
ihrer Roten Armee war, die Europa vom Faschismus befreite.
„Dafür sind wir auf ewig zu Dank verpflichtet, wie immer sich die Weltlage
inzwischen verändert hat“, sagte sie. Unfassbare 13 Millionen Soldatinnen
und Soldaten verloren bei der Befreiung ihr Leben. Dahn ist kein
Parteimitglied. Dennoch traf sie mit ihrer Rede den außenpolitischen Nerv
des BSW. Dass Wladimir Putin in Wahrheit ein großer, geradezu
antifaschistischer Friedensbringer sei, das formulierte Sahra Wagenknecht
noch bis kurz vor Russlands Angriff auf die Ukraine.
Auch nachdem Putin immer deutlicher formulierte, dass es ihm mehr um
imperiales Machtstreben als um „Vorwärtsverteidigung“ gegen die Nato ging,
blieb das so. Es blieb auch so nach Bekanntwerden von russischen
[2][Kriegsverbrechen im ukrainischen Butscha]. Und auch nachdem der
stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri
Medwedew, ankündigte, „alles zu tun“, um „russische Panzer zum Platz der
Republik“ nach Berlin zu bringen. Wir erinnern uns: Auf ewig. Wie auch
immer die Weltlage.
So klang es stets aus Richtung des BSW, auch bis zum vorerst letzten
Auftritt der parlamentarischen Gruppe im Bundestag. Bei der [3][Debatte
über die Aufweichung der Schuldenbremse] und ein gigantisches Schuldenpaket
am vergangenen Dienstag hielten die Noch-Abgeordneten Schilder hoch, auf
denen stand: „1914 wie 2025: NEIN zu Kriegskrediten!“. Sie erinnerten an
die ebenfalls historischen Kriegsschulden, die Deutschland im Jahr 1914
aufnahm, um seine desaströse Beteiligung am Ersten Weltkrieg zu
finanzieren.
## Hinkende Vergleiche
Nur: Damals hatte Deutschland noch einen Kaiser, der im Anschluss die
berühmten Worte „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch
Deutsche“ formulierte. Und: Deutschland befand sich bereits in einem Krieg.
Der historische Vergleich hinkt also enorm, auch was die Verwendung des
Geldes betrifft. Von ziviler Infrastruktur, Klimaschutz, Straßen oder
Schulen war 1914 freilich keine Rede.
Wenn man unbedingt eine Ähnlichkeit finden möchte, dann vielleicht jene:
Auch 1914 stimmten Sozialdemokrat*innen für die Aufrüstung, nachdem
sie vormals dagegen wetterten. Und auch der Kaiser beklagte einst, er habe
doch alles für den Frieden versucht, aber nun ginge es nicht mehr anders –
ein Sound, den man heute vielleicht eher den Grünen zuschreiben dürfte.
Geschichte führen das BSW und seine Mitglieder am liebsten dann ins Feld,
wenn es gerade in ihre Erzählung passt. Jahrelang interessierte sich etwa
BSW-Mitglied Sevim Dağdelen für „Faschisten“ und „Rechtsextreme“ in d…
Ukraine. Deren Unterstützung gegen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg
sollte dadurch illegitim aussehen.
Mit dem deutschen Faschismus scheint sie derweil keine Probleme mehr zu
haben: Das „[4][Brandmäuerchen]“ zur AfD müsse man doch angesichts des
Schuldenpakets endlich einreißen, „um mit den Falschen das Richtige zu
machen“ – so rief sie die Linkspartei dazu auf, zusammen mit der AfD den
neuen Bundestag einzuberufen, um die Abstimmung zu verhindern. Die Linke
ließ sich auf dieses Spiel nicht ein, stimmte dennoch geschlossen gegen die
Grundgesetzänderung.
Nach einem ersten Ordnungsruf der scheidenden Bundestagsvizepräsidentin
Petra Pau legte das BSW die Transparente nieder und wohnte anschließend dem
weiteren Verlauf der historischen Abstimmung bei. Dem nächsten Bundestag
wird das Bündnis gemäß dem jüngsten Wahlergebnis nicht angehören, was
einige Parteimitglieder seit Wochen als Wahlbetrug inszenieren wollen.
So wird die Partei nun also vorerst selbst in die Geschichte eingehen: Als
peinliches, geschichtsvergessenes Aufbäumen einer sich als links
camouflierenden Abspaltungsbewegung, die vom Faschismus nur etwas verstehen
will, wenn es ihr nützt. So etwas gab es tatsächlich noch nie.
19 Mar 2025
## LINKS
[1] /Wagenknecht-Partei-gegruendet/!5982170
[2] /Nach-dem-Massaker-in-Butscha/!5843396
[3] /-Bundestagssitzung-zum-Finanzpaket-/!6076721
[4] https://www.berliner-zeitung.de/news/sondervermoegen-bsw-politikerin-dagdel…
## AUTOREN
Konstantin Nowotny
## TAGS
BSW
Schuldenbremse
Wladimir Putin
Rüstung
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Schwerpunkt AfD
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