# taz.de -- Aktivist über Bezahlkarte-Protestaktion: „Diese Restriktion ist … | |
> Das „Bündnis gegen rechts“ startet Aktion gegen die Bezahlkarte für | |
> Geflüchtete, die im März in Bremen eingeführt wurde. Die Maßnahme sei | |
> Schikane. | |
Bild: Tauschaktionen für Geflüchtete gibt es an mehreren Orten: Hier ein Aush… | |
taz: Hewan Yohannes, Bremen hat zum März die [1][Bezahlkarte für | |
Geflüchtete] eingeführt. Was ist das Problem daran? | |
Hewan Yohannes: Wir sehen in ihr ein [2][Kontroll-, Diskriminierungs- und | |
Stigmatisierungsinstrument], das wir für menschenrechtswidrig halten. Und | |
ihre Einführung basiert auf rassistischen und spekulativen Behauptungen | |
über geflüchtete Menschen. | |
taz: Was meinen Sie mit spekulativ? | |
Yohannes: Die zentrale Behauptung, warum die Bezahlkarte – oder wie wir sie | |
nennen, die Schikanekarte – eingeführt wurde, ist, dass geflüchtete | |
Menschen das Geld ins Ausland überweisen würden. Das erweckt einerseits den | |
Anschein, dass geflüchtete Menschen unendlich viel Geld zur Verfügung | |
hätten – der Regelsatz liegt aber unterhalb des Existenzminimums. Hinzu | |
gibt es keine klaren Fakten, die beweisen, dass das Geld ins Ausland | |
geschickt wird. Das ist [3][unbewiesen und unplausibel]. Und selbst wenn | |
dem so wäre: Eine solche Restriktion ist durch nichts legitimiert. Das ist | |
reine Symbolpolitik, die überhaupt keine Probleme löst, die faktisch auch | |
gar nicht existieren. | |
taz: Die Politik sieht in der Karte eine Erleichterung für die Verwaltung. | |
Sehen Sie auch etwas Positives in der Karte? | |
Yohannes: Wir sehen überhaupt nichts Positives. Was wir klar sehen, ist | |
eine Bevormundung über Geld. Für uns gibt es keinen Grund, warum | |
geflüchtete Menschen nicht frei und selbstbestimmt am Zahlungsverkehr | |
teilnehmen können. Bremen schmückt sich mit vermeintlich liberaler Politik, | |
weil geflüchtete Menschen im Land Bremen ja sogar [4][120 Euro Bargeld | |
abheben dürfen]. Diese Bargelddeckelung könnte aber jederzeit verändert | |
werden. Und ein weiteres Problem ist, dass man ja nicht überall mit Karte | |
zahlen kann – da ist die Deckelung also eine Einkaufsbeschränkung. | |
taz: Was genau ist bei der Umtauschaktion geplant? | |
Yohannes: Ein unkompliziertes Tauschen. Von der Schikane betroffene | |
Personen können mit ihrer Bezahlkarte einen Supermarkt-Gutschein erwerben. | |
Den Gutschein tauschen wir dann in Bargeld um. Dieses Bargeld kriegen wir | |
durch Freiwillige, die es vorbeibringen und dafür einen Gutschein bekommen. | |
In unserem Sprachgebrauch sind das die Cashis. | |
taz: Ähnliche Aktionen gibt es bereits in anderen Städten. Wie ist das dort | |
angekommen? | |
Yohannes: Es gibt eine massive Anfrage. Ich glaube, in Hamburg werden jeden | |
Monat 20.000 Euro umgetauscht. Der Bremer Senat denkt, dass das Angebot in | |
Bremen nicht genutzt werden wird, weil die Deckelung von 120 Euro im | |
Vergleich zu anderen Bundesländern hoch ist. Wir haben im Austausch mit | |
Betroffenen in Bremen ganz andere Stimmen und Erfahrungswerte gesammelt. | |
Wir gehen stark davon aus, dass die Nachfrage extrem hoch sein wird. | |
taz: Mit der Aktion könnten Betroffene bei Bedarf das gesamte Geld in bar | |
bekommen. Ist das Problem der Bezahlkarte damit gelöst? | |
Yohannes: Das Problem ist nicht gelöst. Das ist eine Lücke, die temporär | |
gefüllt werden kann. Das Problem ist erst gelöst, wenn die Karte | |
abgeschafft wird. Es gibt keine diskriminierungsfreie Umsetzung, selbst | |
wenn das Land die Möglichkeit gibt, den ganzen Satz in Bargeld auszuzahlen. | |
Das ändert nichts daran, dass es ein kontrollierendes Instrument ist, weil | |
die Behörde Einblick darin hat, für was das Geld ausgegeben wird. | |
taz: Was wäre die Lösung? | |
Yohannes: Die einzige Lösung ist die Abschaffung der Karte, das ist die | |
klare Forderung. Dann können betroffene Menschen wie alle anderen frei und | |
selbstbestimmt am Zahlungsverkehr teilnehmen. | |
22 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Louisa Eck | |
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