# taz.de -- Urteil gegen Le Pen: Nur die Spitze des Eisbergs | |
> Der Fall Le Pen ist kein Einzelfall: Immer wieder nutzen Abgeordnete das | |
> Europaparlament für persönliche Vorteile. Verbesserung ist nicht in | |
> Sicht. | |
Bild: Orbán, Abascal und Marine le Pen. Sie spielt weiter eine wichtige Rolle … | |
Brüssel taz | Das Urteil gegen die französische Nationalistin Marine Le Pen | |
sorgt auch in Brüssel für Aufruhr. Die frühere Europaabgeordnete | |
(2004–2017) spielt in der EU weiterhin eine zentrale Rolle. 2024 gründete | |
sie die drittgrößte Fraktion im Europaparlament, die „Patrioten für | |
Europa“, [1][und tritt regelmäßig mit prominenten Nationalisten wie Viktor | |
Orbán und Matteo Salvini auf]. Dass sie nun keine öffentlichen Ämter mehr | |
bekleiden darf, trifft nicht nur Frankreich, sondern die gesamte rechte | |
Bewegung in Europa. Die Folgen sind unklar, doch die Rechten stehen vorerst | |
unter Druck. | |
Rechtfertigen muss sich aber auch das EU-Parlament. Jahrelang veruntreute | |
Le Pen die Gelder aus Straßburg zugunsten ihrer Partei. Wie kann es sein, | |
dass Abgeordnete die Straßburger Kammer immer wieder für persönliche | |
Vorteile nutzen – und dass Verstöße oft erst nach Jahren geahndet werden, | |
wenn überhaupt? Der Fall legt viele ungelöste Probleme offen. | |
„In diesem Fall hat die Justiz gut gearbeitet“, sagt Nick Aiossa, Direktor | |
von Transparency International EU in Brüssel. „Aber das Europaparlament | |
muss mehr tun, um aufzuräumen, und die Verwendung öffentlicher Gelder | |
besser zu überwachen.“ | |
Ähnlich klingt es bei dem [2][grünen Europaabgeordneten Daniel Freund]. | |
„Das Parlament ist kein Selbstbedienungsladen für rechte Parteien.“ Es sei | |
richtig, dass der Rechtsstaat in diesem Fall hart durchgreife. | |
„Gleichzeitig ist es beschämend, dass die Korruptionsregeln in den | |
EU-Institutionen noch immer nicht durchgesetzt werden.“ Dies hätten | |
Ermittlungen der belgischen Justiz rund um die chinesische Firma Huawei | |
gezeigt. | |
## Auch Sozialdemokraten lieben das Geld | |
Huawei soll Assistenten und möglicherweise auch Abgeordnete bestochen | |
haben, um Unterstützung für den Telekom-Anbieter zu gewinnen. Betroffen | |
sind auch Mitglieder der größten Parlamentsfraktion EVP, die der deutsche | |
CSU-Politiker Manfred Weber führt. | |
Doch nicht nur Rechte und Konservative stehen in der Kritik. Auch die | |
Sozialdemokraten im Europaparlament waren in einen Skandal verwickelt. Vor | |
drei Jahren deckte die belgische Justiz den [3][„Katargate“-Skandal] auf, | |
bei dem angeblich Millionen Euro in bar geflossen sind. Der Fall ist bis | |
heute nicht aufgeklärt. Hauptverdächtige wie die frühere stellvertretende | |
Parlamentspräsidentin Eva Kaili sind sogar wieder auf freiem Fuß. Das | |
schadet dem Vertrauen in das Parlament und in die gesamte EU. | |
Dabei sind Katargate, Huawei und Le Pen nur die Spitze des Eisbergs. | |
Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und die 720 Abgeordneten kämpfen mit | |
einer Flut von Verdachtsfällen: Im Herbst 2023 berichtete das investigative | |
Magazin Follow the Money, dass bis zu 140 Abgeordnete die üppigen Diäten | |
und Zulagen regelwidrig nutzen sollen. 2024 meldete das Springer-Portal | |
Politico, dass die Europäische Staatsanwaltschaft gegen die EVP und ihren | |
Chef Weber ermittele – wegen des Verdachts auf Betrug und Veruntreuung bei | |
der Europawahl-Kampagne 2019. | |
Anklage wurde bisher zwar nicht erhoben, die EVP spricht von einer | |
Schmutzkampagne. Das Europaparlament bestreitet auch die Angaben von Follow | |
the Money. Nur eine Minderheit der genannten 140 Abgeordneten habe die | |
EU-Gelder falsch eingesetzt, so eine Sprecherin. Dabei sei es aber meist | |
nur um kleine Abrechnungsfehler gegangen. | |
Doch der Verdacht bleibt: Auch viele Jahre nach dem „Fall Le Pen“ hat das | |
Parlament seine Abgeordneten und ihre Finanzen nicht richtig im Griff. | |
Katargate hat zwar zu Reformen geführt, aber nicht alle Probleme | |
beseitigt. Abhilfe sollte nun eigentlich eine neue Ethikbehörde schaffen. | |
Doch die wird ausgerechnet vom Parlament blockiert, wie der | |
Grünen-Politiker Freund beklagt. „Die Konservativen – insbesondere CDU und | |
CSU – blockieren die Lobbykontrolle. So bleibt es nur eine Frage der Zeit, | |
bis der nächste Skandal dieses Haus erschüttert.“ | |
3 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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