# taz.de -- Kontrolle der Zivilgesellschaft: Perus Rechte legt NGOs an die Kette | |
> NGOs in Peru befürchten Verfolgung und Einschüchterung. Ein Gesetz soll | |
> „richtige Verwendung“ internationaler Hilfsgelder sicherstellen. | |
Bild: Perus Interimspräsidentin Dina Boluarte dürfte an der Einschränkung vo… | |
Berlin taz | Perus Menschenrechtsgruppen stehen mit dem Rücken zur Wand. In | |
Lima geht das Gespenst staatlicher Überwachung um, seit das Parlament mit | |
81 gegen nur 16 Stimmen am letzten Mittwoch das sogenannte Anti-NGO-Gesetz | |
verabschiedet hat. | |
Gesetz Nummer 27692 sieht die Gründung einer Peruanischen Agentur für | |
internationale Zusammenarbeit (ACPI) vor, die die Zivilgesellschaft im Land | |
kontrollieren soll. Das nach minimaler Debatte und ohne Konsultation der | |
sozialen Organisationen verabschiedete Gesetz gibt der Zentralregierung die | |
Befugnis, „zu kontrollieren, zu beaufsichtigen und zu überwachen“. | |
Damit soll „die korrekte Verwendung der Mittel der Organisationen der | |
Zivilgesellschaft kontrolliert werden, die Mittel der internationalen | |
technischen Zusammenarbeit erhalten“. | |
Sollte die Interimspräsidentin Dina Boluarte das Gesetz unterzeichnen, | |
woran kaum Zweifel besteht, sind Nichtregierungsorganisationen | |
verpflichtet alle Programme, Projekte, Ziele, Gelder, Pläne und Berichte | |
über ihre Arbeit zu registrieren und vorher genehmigen zu lassen. | |
Ungenehmigte Tätigkeiten sowie die Änderung der Verwendung von Mitteln | |
ohne „ordnungsgemäße Begründung“ werden bestraft. | |
## Einschränkung verfassungsmäßiger Rechte befüchtet | |
Als unrechtmäßig gilt fortan die Verwendung von Mitteln für „Beratung, | |
Unterstützung oder Finanzierung in irgendeiner Form oder Modalität für | |
Verwaltungs-, Gerichts- oder sonstige Maßnahmen in nationalen oder | |
internationalen Instanzen gegen den peruanischen Staat“. | |
Die Menschenrechtsorganisation Instituto de Defensa Legal (IDL), die | |
juristische Beratung anbietet, kritisiert, dass so Verfassungsbestimmungen | |
wie der Zugang zur Justiz außer Kraft gesetzt werden. „Zu offen, zu vage | |
und zu allgemein“ seien die Straftatbestände formuliert, so IDL-Anwalt Juan | |
Carlos Ruíz. So lasse sich die Teilnahme an Demonstrationen von NGOs | |
sanktionieren, das Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit einschränken. | |
Das kritisiert auch Susel Paredes, eine von 16 Abgeordneten, die gegen das | |
Gesetz stimmten. Für Liz Meléndez von der feministischen Organisation | |
Flora Tristán ist das Gesetz der Versuch, Organisationen „zu verfolgen, zu | |
schikanieren und einzuschüchtern“. | |
Das befürchtet auch José De Echave von der bergbaukritischen | |
Entwicklungsorganisation CooperAcción. Die 1997 gegründete Organisation hat | |
immer wieder auf die Widersprüche von Bergbau-, Infrastruktur-, und | |
Entwicklungsprojekten hingewiesen und die Regierung düpiert. „Unsere Arbeit | |
wird komplizierter – der Spielraum kleiner“, prophezeit De Echave. | |
Er verweist darauf, dass Proteste gegen etwa Bergwerke und die | |
Kontaminierung von Gewässern schon heute laut der peruanischen | |
Menschenrechtskoordination kriminalisiert werden. Vor 15 Jahren war De | |
Echave einmal Vizeumweltminister. Das wäre undenkbar im heutigen Peru, wo | |
die politische Rechte alles unternimmt, um ihre Macht auszubauen. | |
## Unbeliebte Interimspräsidentin paktiert mit Rechten | |
Die Basis dafür ist ein Parlament, in dem Keiko Fujimori die Fäden zieht. | |
Die Tochter des früheren Diktators [1][Alberto Fujimori] hat mit ihrer | |
Partei Fuerza Popular und verbündeten, meist erzkonservativen Parteien das | |
Parlament im Griff. „Das beweist die Tatsache, dass das Gesetz gegen die | |
NGOs schon jetzt und nicht erst im Vorfeld der Wahlen das Parlament | |
passierte“, meint Jennie Dador von der Dachorganisation der | |
Menschenrechtsorganisationen. | |
Für sie geht es beim neuen Gesetz darum, mehr Kontrolle über die Arbeit der | |
NGOs zu bekommen. Das spricht [2][Interimspräsidentin Boluarte] zwar nicht | |
offen aus. Doch erklärte sie, dass unter dem Deckmantel der Menschenrechte | |
die Stabilität der Regierung untergraben und der Rechtsstaat delegitimiert | |
werde. | |
Dazu muss man jedoch wissen, dass die einst linke und inzwischen sehr | |
unbeliebte Boluarte [3][laut Amnesty International für den Tod von 49 | |
Demonstranten 2021/2022 mitverantwortlich ist]. Sie wurden von Polizei und | |
Militär erschossen. Boluarte hatte den Schießbefehl gebilligt. | |
16 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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