| # taz.de -- Beginn der Leipziger Buchmesse: Kritische Kultur quicklebendig | |
| > Zum Start der Leipziger Buchmesse 2025 zeigt sich: Die Literaturszene | |
| > bleibt trotz des Wahlerfolgs der Rechten antiautoritär und machtkritisch. | |
| Bild: Lesen bedeutet WIderstand | |
| Der Buchmarkt mag wirtschaftlich vor Herausforderungen stehen, inhaltlich | |
| ist er erstaunlich stabil. Bei den [1][Wahlerfolgen der AfD] hätte man | |
| jetzt überall Aufrufe zu einer neuen geistig-moralischen Wende in den | |
| Buchhandlungen erwarten können. So ist es zum Glück nicht. Der Zuwachs der | |
| AfD-Wählerschaft hat keineswegs zu einer Welle von „Deutschland schafft | |
| sich ab“-Pamphleten à la Thilo Sarrazin geführt. | |
| Selbstverständlich gibt es auch neurechte und anders reaktionäre Bücher – | |
| im November sollen sie [2][in Halle ihre eigene Buchmesse] bekommen. Zu | |
| vermuten ist allerdings, dass es eine Nischenveranstaltung bleiben wird. | |
| Und im Großen und Ganzen: kein Einknicken auch nur eines kulturell | |
| relevanten Verlages gegen rechts. | |
| Es boomen auch weder einfühlsame Psychogramme von Musk, Trump oder Vance | |
| noch affirmative Darstellungen der Disruption. (Das im Selbstverlag | |
| herausgekommene Büchlein des Welt-Herausgebers Ulf Poschardt bleibt die | |
| Ausnahme von dieser Regel.) Zum [3][Krieg in der Ukraine] positioniert sich | |
| die Leipziger Buchmesse wie schon in den vergangenen Jahren eindeutig | |
| aufseiten der Ukraine. | |
| Insgesamt bleibt die Kultur im Kern machtkritisch und selbstreflexiv, | |
| irgendwo struppig und antiautoritär. Was sich auch in den | |
| Diversitätssignalen bei den Kandidat*innen für den Leipziger Buchpreis | |
| widerspiegelt. Wird es so bleiben? Von selbst versteht sich das nicht. | |
| Deutschlands vermutlicher Kanzler in spe liebäugelt immer mal wieder mit | |
| Leitkulturgedanken. Die Kultur als Teil eines Heimatministeriums unter | |
| CSU-Führung? Hoffentlich nicht. | |
| ## Kultur wird schnell zur Verschiebemasse der Politik | |
| Der Kulturausschuss des Bundestags unter dem Vorsitz einer AfD, die alles | |
| daransetzen wird, den kulturellen Sektor ins Völkische zu verschieben? Auch | |
| das wollen wir nicht hoffen. Doch wenn die intelligenten Kulturpolitiker | |
| nicht aufpassen, kann die Kultur schnell zur Verschiebemasse im | |
| Politbetrieb werden. Und wie man derzeit in den USA sehen muss, kann der | |
| Staat, wenn er autoritär auftritt und die Kultur an die Kandare nimmt, | |
| vieles kaputt machen. | |
| Die Leipziger Buchmesse zeigt, was auf dem Spiel steht: die emanzipativen | |
| Gehalte und schlicht auch der Spaß an einer lebendigen Debattenkultur. Die | |
| Verheißung ist, sich gar nicht erst in die Defensive bringen zu lassen, in | |
| der man eine kritische Kultur verteidigen muss. Man muss sie leben und tut | |
| das in Leipzig auch. | |
| Zu selbstsicher sollte man dabei aber auch nicht sein. Bei aller Freude | |
| darüber, dass der Literaturbetrieb jetzt nicht nach rechts kippt, muss man | |
| leider auch feststellen, dass er offensichtlich keine rechten Wahlerfolge | |
| verhindern kann, und zwar nicht nur in Ostdeutschland. Das bleibt eine | |
| politische Aufgabe. | |
| 26 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Wahlergebnis-der-AfD/!6070939 | |
| [2] https://www.deutschlandfunkkultur.de/seitenwechsel-im-november-in-halle-ein… | |
| [3] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150 | |
| ## AUTOREN | |
| Dirk Knipphals | |
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