# taz.de -- Macron-Rede vor EU-Gipfel: Frankreichs nuklearer Schirm für Europa | |
> In einem dramatischen Appell hat der französische Staatschef vor der | |
> „russischen Bedrohung“ gewarnt. Er fordert ein Umdenken in der | |
> Sicherheitspolitik. | |
Bild: Macrons Rede an die Nation | |
Paris taz | Achtung, die Russen kommen! Am Mittwochabend hat Präsident | |
Emmanuel Macron im französischen Fernsehen eindringlicher denn je vor einer | |
„Bedrohung Europas“ gewarnt, die keine Grenzen respektiert. Da es „Wahnsi… | |
wäre, bloß (passiver) Zuschauer dieser Welt voller Gefahren zu sein“, | |
müssten Frankreich und Europa rasch reagieren. | |
Schärfer als zuvor verurteilte Macron auch die Aggressionen: „Das Russland | |
von Präsident Putin verletzt unsere Grenzen, um Oppositionelle (im Exil) zu | |
töten oder Wahlen in Rumänien und Moldawien zu manipulieren, oder mit | |
Cyberattacken das Funktionieren unserer Krankenhäuser zu verhindern.“ | |
Auf die strategische Kehrtwende der USA antwortend, sagte Macron, die | |
Ukraine fallen zu lassen, sei kein Weg, der zum Frieden führe, denn der | |
Frieden könne nicht „ein russisches Diktat“ sein. Die Fersehansprache fiel | |
auf den Vorabend des [1][EU-Sondergipfels zur Ukraine] am Donnerstag. | |
Vehement sind die sofortigen Reaktionen aus Moskau: Als „völlig | |
wirklichkeitsfremd“ bezeichnete die Sprecherin des russischen | |
Außenministeriums, Maria Sacharowa, Macron Aussage, Russland stelle eine | |
Bedrohung dar. Macron selber stelle eine Gefahr dar, „da er eine Sitzung | |
der Generalstabschefs der EU und Großbritanniens einberuft und sagt, es sei | |
notwendig, sich auf die Verwendung der Atomwaffen gegen Russland | |
vorzubereiten“, erklärte Außenminister Sergei Lawrow. | |
## Macron beansprucht Führungsrolle | |
In seiner Ansprache sagte Macron auch, er wolle seine „legitimerweise | |
besorgten“ Landsleute darauf vorbereiten, dass sich nun auch in ihrem | |
Alltag und ihren Gepflogenheiten so manches ändern werde. „Die Lösungen für | |
die Probleme morgen sind nicht die Gewohnheiten von gestern“, lautete eine | |
seiner Mahnungen. Diese Maxime war wohl nicht nur für das französische | |
Fernsehpublikum gedacht, sondern auch für die befreundeten europäischen | |
Nationen, die gemeinsam mit Frankreich der „neuen Ära“ begegnen müssen. | |
Präsident Macron wollte sich darauf berufen, dass er nicht zum ersten Mal | |
den Franzosen und Französinnen, aber auch den EU-Mitgliedern, sagt, dass | |
sich die Zeiten geändert hätten. Von einer gemeinsamen europäischen | |
Verteidigung sprach er bereits mehrfach, von einer stärkeren Autonomie der | |
europäischen Sicherheitspolitik ebenfalls. Und auch – damit verbunden – von | |
der Notwendigkeit gemeinsamer Investitionen in die Rüstungsindustrie, um | |
die allzu starke Abhängigkeit von den USA zu verringern. | |
Rückblickend, meint der französische Staatschef, habe er nur zu sehr Recht | |
gehabt mit seinen Forderungen. Darauf stützt er, ohne dies explizit zu | |
sagen, seinen Anspruch auf Führung der Europäer, die sich von der neuen | |
amerikanischen Staatsführung im Stich gelassen fühlen. Auch die anderen | |
EU-Staaten sollen sich darauf einstellen, dass ihre bisherigen Gewohnheiten | |
nicht mehr der aktuellen Weltlage entsprechen. | |
Diese Botschaft geht ganz besonders [2][in Richtung Berlin], weil sich | |
Frankreich mit seinem Wunsch nach mehr europäischer „strategischer | |
Souveränität“ dort stets auf Bedenken stieß. Deutschland bevorzugte bisher | |
den Nato-Schutzschirm unter amerikanischer Leitung, außerdem wurde in der | |
Gesellschaft eine Politik der Wiederbewaffnung eher abgelehnt. Friedrich | |
Merz steht Macron nun näher als Olaf Scholz. | |
## Investitionen und atomare Abschreckung | |
Für die Verwirklichung von Macrons Europapolitik ist die von Donald Trump | |
provozierter Krise im atlantischen Bündnis zugleich eine Chance und eine | |
Bewährungsprobe. Um diese bestehen zu können, wäre nicht nur ein Umdenken, | |
sondern für Macron auch eine enorme finanzielle Anstrengung nötig, die in | |
den Staatshalten schwer ins Gewicht fallen dürfte und damit Opfer | |
erfordert. | |
In welchem Umfang dies eintreten wird, konnte Macron nicht sagen, aber er | |
gab mit einer Grafik auf dem Fernsehbildschirm eine Vorstellung davon, wie | |
aggressiv Russland sich in den kommenden Jahren militärisch aufrüsten | |
würde. Als Antwort darauf seien zusätzliche, massive Ausgaben notwendig. | |
Und da die Steuern nicht erhöht werden sollen, müssten in der | |
Haushaltspolitik neue Prioritäten gesetzt werden. Dass Frankreich während | |
seiner Präsidentschaft den Rüstungsetat rund verdoppelt habe, reicht | |
demnach nicht. | |
Im Kern setzt Macron vor allem auf nukleare Abschreckung, die nicht allein | |
der Sicherheit Frankreichs, sondern auch jener der europäischen | |
Bündnispartner dienen soll. Zu diesem Thema möchte Macron mit diesen eine | |
„strategische Debatte eröffnen“. Er versicherte aber, die Entscheidung | |
(über den Einsatz der Atomwaffen) werde weiterhin ausschließlich in der | |
Hand des französischen Präsidenten bleiben. | |
Inwieweit aber nicht nur die [3][britische Atomstreitkraft], sondern auch | |
die französische „Force de frappe“ bisher von einer engen technologischen | |
Kooperation mit den USA abhängt, sagte Macron in diesem Kontext nicht. | |
6 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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