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# taz.de -- Sondervermögen und globale Krisen: Es geht um unsere Sicherheit �…
> Für Verteidigung fließen Milliarden, doch soziale Sicherheit bleibt
> Luxus. Unser Autor fragt sich: Wie kann man da an Zukunft glauben?
Bild: Kinder kriegen oder keine Kinder kriegen? Große Fragen beim Spaziergang …
[1][Sicherheit], was ist das eigentlich? Das frage ich mich zuletzt öfter.
Auch als ich mit meinem Vater um die Hamburger Außenalster in [2][den
Sonnenuntergang] spazierte, an Kleinfamilien in teuren Klamotten und teuren
herrschaftlichen Villen vorbei. Das, was ich sah, erinnerte mich an die
große Frage meiner Generation: Kinder kriegen oder keine Kinder kriegen?
Ich habe nichts gegen Kinder, aber ich fühle mich auch nicht sicher genug,
um selbst welche zu kriegen. Diese Unsicherheit teilte ich [3][mit meinem
Vater] und fragte ihn, wie es denn eigentlich bei ihm gewesen sei. „Was für
eine Unsicherheit eigentlich? Du hast so viel mehr Möglichkeiten als wir
damals“, antwortete er darauf nur und musste sich ein bisschen
zusammenreißen, damit er nicht nur schmunzelt.
Klar, wenn man Kinder will, könnte man sich finanziell schon ein bisschen
besser aufstellen als ich. Und klar, man kann auch warten, bis sich die
Weltlage vielleicht doch wieder ein bisschen entspannt. Wer vor drei Jahren
ein Kind bekommen hat, der konnte schließlich noch auf die westliche
Wertegemeinschaft und die USA als wichtigsten Alliierten zählen.
Andererseits: Als ich auf die Welt kam, war mein Vater zehn Jahre jünger
als ich, er war gerade als Arbeiter nach Deutschland gekommen, konnte die
Sprache nicht und wusste auch sonst wenig über dieses Land. Als später
meine Geschwister auf die Welt kamen, brannten in Deutschland Häuser von
Menschen wie meinen Eltern.
Heute sitzen die Nazis im Parlament, aber Menschen wie ich sind dem
Rassismus nicht mehr so ausgeliefert, dank der Chancen, die Eltern wie
meine für ihre Kinder erarbeitet haben. Und wenn Menschen wie ich Kinder
bekommen, dann werden sie den Nazis noch selbstbewusster entgegentreten.
## Armut, Wohnen, Klima, Pflege
Ja, was für eine Unsicherheit eigentlich? Als wir die Außenalster umrundet
und am Ausgangspunkt unseres Spaziergangs angekommen waren, schmunzelte ich
auch.
Was ich auch dachte: Sicherheit für wen? Genau diese Frage geht mir in
letzten Tagen schon wieder durch den Kopf, nachdem die wahrscheinlich
nächste Bundesregierung aus Union und SPD das Ergebnis ihrer
Sondierungsgespräche und dazu ein Finanzpaket vorgestellt hat.
Das sieht zwar ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die
Infrastruktur vor, aber die Schuldenbremse soll allein für höhere
Verteidigungsausgaben gelockert werden. Dabei liegen die Dinge in so vielen
anderen Bereichen ebenso im Argen: Armut, Wohnen, Klima, Pflege und so
weiter. Wenn ein halbwegs gleichberechtigtes, also sicheres Leben für alle
Menschen möglich sein soll, dann braucht es mehr als ein Sondervermögen,
das [4][nicht mal dafür reicht], die Infrastruktur zu sanieren.
Putins Expansionismus ist real, genauso Trumps Zerstörung alter Allianzen –
und schließlich geht es um unser aller Sicherheit. Und vor dem drohenden
Krieg sind wir doch alle gleich, nicht wahr?
Vor ein paar Jahren war die Coronapandemie die große Gleichmacherin – denn
das Virus unterscheidet nicht zwischen Arm und Reich, nicht wahr? Wie wenig
das stimmt, wie sehr Sicherheit eine Frage des Geldbeutels ist, das haben
die Pandemiejahre anschließend gezeigt.
Es gibt keine absolute Sicherheit. Sicherheit ist eine Frage der
Perspektive. Und mein Sicherheitsgefühl, daran wurde ich beim Spaziergang
um die Außenalster erinnert, ist nicht das Maß aller Dinge.
12 Mar 2025
## LINKS
[1] /Waffenverbot-im-Hamburger-Nahverkehr/!6054283
[2] /Mit-Widerspruechen-leben/!6070078
[3] /Waehlen-mit-Migrationsgeschichte/!6065275
[4] /Soziologe-ueber-Deutschlands-Wirtschaft/!6052883
## AUTOREN
Volkan Ağar
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