# taz.de -- Absatzeinbruch bei Tesla: Als gäbe es gar keine Probleme | |
> Für die Tesla-Fabrik hatte Elon Musk große Pläne. Doch ob und wann | |
> erweitert wird, ist unklar. Dennoch fließt schon viel Geld für mehr | |
> Infrastruktur. | |
Bild: Immer mehr Fahrzeuge? Y-Modelle auf dem Tesla-Werksgelände | |
Grünheide taz | Bei Tesla in Grünheide wird wieder gebaut. Unmittelbar an | |
der Bahnlinie RE1, nur wenige hundert Meter von der Werkshalle entfernt, | |
rollen Radlader und Bagger umher. Von dem Kiefernwald, der hier bis vor | |
Kurzem stand, sind nur noch ein paar vereinzelte Baumstumpen zu sehen. Doch | |
der Schein trügt: Die Bauarbeiten haben nichts mit der viel diskutierten | |
Werkserweiterung zu tun. Es ist die Deutsche Bahn, die dabei ist, den | |
nächstgelegenen Bahnhof näher an die Fabrik zu verlegen. | |
Eigentlich plant der Elektrobauer, die Produktion [1][am Standort in | |
Grünheide] in den kommenden Jahren zu vervierfachen. Über den Ausbau gab es | |
in den vergangenen Jahren erbitterte Auseinandersetzungen. Doch die | |
aktuellen Absatzeinbrüche bei Tesla machen die Erweiterung immer | |
unwahrscheinlicher. | |
Eine Million Fahrzeuge sollten in naher Zukunft in Grünheide jährlich vom | |
Band laufen – damit wäre Grünheide die größte Autofabrik Europas. Auch die | |
Zahl der Arbeiter:innen soll von aktuell 12.500 auf bis zu 40.000 | |
steigen. Dafür will Tesla auf dem Werksgelände zusätzliche | |
Produktionsstätten und eine Batteriefabrik errichten. | |
Auf Widerstand von Anwohner:innen und Aktivist:innen stieß aber vor | |
allem das Vorhaben, das Werksgelände auch flächenmäßig zu erweitern. Das | |
Unternehmen meldete Bedarf unter anderem für einen Güterbahnhof und | |
Logistikflächen an. Trotz des gegenteiligen Votums der Grünheider:innen | |
stimmte die Gemeinde für den Bebauungsplan, der den Weg für die | |
Vergrößerung frei machte. Dazu sollen weitere 100 Hektar landeseigener Wald | |
an Tesla verkauft werden. Der Verkauf ist laut dem brandenburgischen | |
Umweltministerium noch nicht abgeschlossen und befindet sich in Abstimmung. | |
## Neuer Bahnhof, neue Straßen | |
Der Bebauungsplan beinhaltet auch einen umfassenden Ausbau der umliegenden | |
Infrastruktur für das Werk. Der Bahnhof Fangschleuse wird 1,5 Kilometer | |
vorverlegt, vergrößert und noch mit einem Anschluss an den von Tesla zu | |
errichtenden Güterbahnhof versehen. Parallel will das Land eine neue | |
Landesstraße samt Autobahnauffahrten errichten. Während sich der | |
Autobahnanschluss und die Landesstraße noch in Planung befinden, hat der | |
Bau am Bahnhof schon begonnen. | |
Die Steuerzahler wird das einiges kosten: Allein für den Bahnhofsneubau | |
sind 60 Millionen Euro vorgesehen, für das Bahnhofsumfeld kommen noch | |
einmal 15 Millionen hinzu. Die Landesstraße schlägt mit geschätzt 70 | |
Millionen Euro zu Buche, die Autobahnanschlüsse zur A10 verschlingen ganze | |
260 Millionen Euro. Der Bund und das Land Brandenburg teilen sich die | |
Kosten auf. | |
Grundlage für sämtliche Planungen sind die 40.000 Arbeiter:innen, die laut | |
Tesla in Zukunft im Werk arbeiten sollen, bestätigt das | |
Infrastrukturministerium auf taz-Anfrage. Doch ob es jemals dazu kommen | |
wird, ist fraglich. Im Jahr 2023, dem letzten berichteten Geschäftsjahr, | |
produzierte Grünheide gerade einmal 200.000 Fahrzeuge. Für das Jahr 2024 | |
peilte Tesla eigentlich 287.000 Autos an, musste aber schon da mit | |
Absatzproblemen kämpfen, sodass Lagerflächen für die produzierten Fahrzeuge | |
knapp wurden. | |
Tesla machte für den Umsatzrückgang vor allem die schwächelnde Wirtschaft | |
und den Wegfall von Kaufprämien verantwortlich. Im August vergangenen | |
Jahres kündigte der Grünheider Werksleiter André Thierig daher an, die | |
Erweiterungspläne vorerst auf Eis zu legen, bis der Markt sich wieder | |
erholt. | |
## Das Ministerium weiß von nichts | |
Im vergangenen Oktober bewilligte Brandenburgs Umweltministerium die erste | |
von drei Teilgenehmigungen. Dabei ging es aber vor allem um den Bau von | |
Logistikflächen, die auch zum Zwischenlagern unverkaufter Fahrzeuge genutzt | |
werden können. Seitdem ist nicht mehr viel passiert. „Es liegen dem | |
Landesamt für Umwelt noch keine weiteren Anträge zur Kapazitätserweiterung | |
vor“, lässt ein Sprecher auf taz-Anfrage verlauten. Wann Tesla den | |
Güterbahnhof errichten will, ist ebenso unbekannt. Das Ministerium weiß von | |
nichts, und der Autobauer reagiert nicht auf Presseanfragen. | |
Mittlerweile steigt die Nachfrage nach Elektroautos in Deutschland wieder, | |
nur Teslas will fast niemand kaufen. Im Januar brach der Absatz im | |
Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent ein, während markenübergreifend der | |
Verkauf von Elektroautos um 30 Prozent zunahm, wie aus Daten des | |
Kraftfahrt-Bundesamtes hervorgeht. | |
Der Musk-Konzern hofft, mit der Produktion des neuen Models Y die Absätze | |
wieder nach oben treiben zu können. Doch Branchen-Expert:innen sind | |
skeptisch, ob die Neuauflage des in Grünheide gefertigten Mittelklasse-SUVs | |
die Wende bringt. „Die Innovationsdynamik hat bei Tesla in den letzten | |
Jahren deutlich abgenommen“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des privaten | |
Forschungsinstituts Center of Automotive Management. Tesla habe jahrelang | |
keine neuen Modelle auf den Markt gebracht, die Konkurrenz aus China, aber | |
zunehmend auch aus Deutschland sei dabei immer stärker geworden, erklärt | |
der Experte. 2019, als Musk den Bau der Fabrik verkündet hat, war Tesla de | |
facto der einzige ernst zu nehmende Hersteller auf dem Markt, das habe sich | |
grundlegend geändert. | |
Stefan Bratzel geht davon aus, dass Tesla mittelfristig seine Produktion | |
wieder steigern können wird, wenn sich die E-Mobilität weiter ausbreitet. | |
Die Fabrik in Grünheide ist die einzige Tesla-Fabrik in Europa und | |
produziert Ys für ganz Europa, den Nahen Osten und Asien. Doch der Experte | |
relativiert: „So ein Wachstum, wie Musk sich das vorgenommen hat, wird | |
nicht zu realisieren sein.“ | |
Neben der Konkurrenz aus China macht dem Unternehmen vor allem sein eigener | |
Chef zu schaffen. „Das größte Problem für Tesla ist Elon Musk“, sagt | |
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Musk fiel zuletzt durch seine offene | |
Unterstützung der AfD, die Beteiligung an Trumps Regierung und durch | |
unverkennbare Hitlergrüße bei vielen Tesla-Fans hierzulande in Ungnade. | |
Dass Tesla in Zukunft weiteren Imageschaden durch Musks faschistische | |
Ausfälle vermeiden kann, hält Dudenhöffer für unwahrscheinlich: „Tesla | |
kommt nicht weg von Musk“, so der Autoexperte, „beide sind wie siamesische | |
Zwillinge.“ | |
Die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens sei bereits abzusehen | |
gewesen, als die Gemeinde den Bebauungsplan im vergangenen März beschlossen | |
hat, sagt Manu Hoyer von der Bürgerinitiative Grünheide. Dass jetzt schon | |
mit dem Bau des Bahnhofs begonnen wird, ohne dass die Zukunft von Tesla | |
klar ist, hält sie für einen Fehler und kritisiert: „Da wird im | |
vorauseilenden Gehorsam alles platt gemacht.“ | |
10 Mar 2025 | |
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[1] /Wasservertrag-mit-Tesla-in-Gruenheide/!6074022 | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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