# taz.de -- Studie der Musikhochschule Hannover: Der KI doch überlegen | |
> Forschende verglichen die Kompositionsfähigkeiten von künstlicher | |
> Intelligenz mit denen von Menschen. Das Ergebnis: Die KI ist nicht | |
> sonderlich musikalisch. | |
Bild: Hätte eine KI nicht besser hingekriegt: Notenblatt von Ludwig van Beetho… | |
Hamburg taz | Die Fähigkeiten der Künstlichen Intelligenz erscheinen uns | |
oft grenzenlos: Mathematische Probleme lösen, Abschlussarbeiten schreiben, | |
täuschend echtes Bildmaterial animieren. Das sind nur einige der | |
prominenten Aufgaben, die KI bewältigt und dabei Menschen mit ihrer | |
Qualität verblüfft – oder auch verängstigt. | |
Doch natürlich hängt KI menschlichen Fähigkeiten auch in unzähligen | |
Bereichen noch hinterher. Wie zum Beispiel beim Komponieren von Musik. Das | |
hat eine [1][Studie der Musikhochschule Hannover] gezeigt. | |
Für das Experiment, auf dem die Studie basiert, sollten | |
Kompositions-Studierende und andererseits der KI-Chatbot [2][ChatGPT] sowie | |
die Software „Google Magenta Studio“ vier Takte der Melodie eines | |
unbekannten Musikstücks fortführen. Dabei gab es Auflagen wie den Tonumfang | |
und kreative Stilmittel, die eingesetzt werden sollten. Die Ergebnisse der | |
KI und der Studierenden wurden anonymisiert und von weiteren Teilnehmenden | |
bewertet. Dabei spielten Kriterien wie „Gefallen“, „Interessantheit“, o… | |
auch „logisch und sinnvoll“ eine Rolle. | |
Die Ergebnisse zeigten, dass die Qualität der KI-Kompositionen in allen | |
vier Zielvariablen weit unter der von Menschen gemachten lag. Mit nur | |
wenigen Ausnahmen hätten die KI-Melodien „unlogisch und fremd“ geklungen, | |
heißt es in der Studie. Bei den KI-Melodien wurde kein „Effekt der | |
musikalischen Erfahrung“ beobachtet. Sogar musikalisch unerfahrene Zuhörer | |
hätten die von der KI generierten Versionen schlechter bewertet, heißt es. | |
Dem Leiter der Studie, Reinhard Kopiez, zufolge waren die Forschenden | |
erstaunt darüber, dass die von Menschen gemachten Kompositionen deutlich | |
besser bewertet wurden. Kopiez sagt, er habe eine Art positives Vorurteil | |
gehabt. „Meine Sicht auf KI-Systeme war damals entsprechend dem allgemeinen | |
Hype in der Überbewertung von LLMs wie ChatGPT so, dass ich den Systemen | |
eine Art umfassendes Weltwissen zugeschrieben hätte.“ | |
Large Language Models, kurz LLMs, sind KI-Anwendungen, die speziell zur | |
Erzeugung textbasierter Inhalte entwickelt wurden. Die Studie sei davon | |
ausgegangen, dass KI und Mensch auch bei kreativen Aufgaben „zumindest auf | |
Augenhöhe“ agieren würden. | |
Das deutliche Ergebnis war also überraschend. Es ließ sich aber erklären: | |
Die Fähigkeiten von KI basieren darauf, womit sie „trainiert“ werden, das | |
heißt, auf welches Datenrepertoire an Musik sie zugreifen können. Das | |
[3][Trainingsmaterial für KI] ist derzeit noch begrenzt. | |
Große Anbieter wie Microsoft und Open AI versuchen aktuell, ganze | |
Musikverlage zu kaufen, um KI mit mehr Notenmaterial trainieren zu können. | |
Bei diesen Verhandlungen geht es um viel Geld und um Urheberrechte | |
kreativer Komponist*innen. Auch die Gema ist involviert. | |
## Wenig Trainingsmaterial | |
Kopiez bewertet diese Versuche als „in die richtige Richtung“ gehend, | |
zweifelt aber an der urheberrechtlichen Zulässigkeit. „Die Rechteinhaber | |
sehen das jedenfalls sehr skeptisch, und meines Wissens gibt es auch noch | |
keinen abgeschlossenen Deal mit einem Musikverlag“, sagt er. | |
Nach dem Experiment der Studie bezweifelt er aber auch, dass mehr | |
Trainingsmaterial die KI-Ergebnisse verbessert. „Vielmehr scheint den | |
existierenden LLMs eine Art von ‚Wissen‘ über Harmonik oder Tonalität zu | |
fehlen, was etwa die Zahl sinnvoller Melodiefortsetzungen deutlich | |
reduziert“, erklärt er. | |
Außerdem erschöpfe sich das Wissen über tonale Zusammenhänge nicht in der | |
Aufeinanderfolge von Akkorden. Kopiez sagt, dies könne man als „tonale | |
Kurzsichtigkeit“ bezeichnen. Es gehe vielmehr um die zeitlich ausgedehntere | |
Beziehung zwischen tonalen Zentren und tonaler Peripherie. „Das erlernen | |
wir Menschen auch erst durch jahrelanges Musikhören“, erklärt er. | |
## Bessere KI würde Jobs obsolet machen | |
Wie gut und wie schnell sich die Kompositionsfähigkeiten von | |
[4][Künstlicher Intelligenz] ändern, hängt also einerseits davon ab, womit | |
sie trainiert werden können. Es gibt jedoch noch weitere Faktoren. Das | |
Experiment wurde mit mehreren KI-Versionen wiederholt, und die | |
Musik-Studierenden schnitten trotzdem wieder deutlich besser ab. Das | |
unterstreicht Kopiez’ Beobachtungen, dass es nicht nur am Trainingsmaterial | |
liegt, dass die KI-Kompositionen den menschlichen unterlagen. Sie kommen an | |
den kompositorischen Schaffensprozess als etwas Menschliches nicht heran. | |
Laut Kopiez würde eine deutliche Verbesserung von | |
KI-Kompositionsfähigkeiten langfristig bedeuten, dass Aufgaben für | |
Menschen, also Komponist*innen, wegfallen – das Komponieren von | |
Hintergrundmusik für Filmdokumentationen zum Beispiel. | |
Manche Aufgaben seien bereits Musik-KIs „zum Opfer gefallen“, sagt Kopiez. | |
„Wenn man die Musik mit anderen [5][KI-generierten Produkten wie | |
Journalismus] oder Animationsfilmen vergleicht, liegt die Annahme nahe, | |
dass man sich mit dieser Art von Standard auch in der Musik zufrieden geben | |
wird, weil man so etwas häufig gehört hat.“ | |
20 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hmtm-hannover.de/de/aktuelles/pressemitteilungen/archiv/2024/no… | |
[2] /ChatGPT/!t6046295 | |
[3] /AI-Verordnung-der-EU/!5992441 | |
[4] /Schwerpunkt-Kuenstliche-Intelligenz/!t5924174 | |
[5] /KI-und-Journalismus/!5982562 | |
## AUTOREN | |
Emmy Thume | |
## TAGS | |
Studie | |
Klassische Musik | |
Musik | |
Komponistin | |
Komponist | |
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
Schwerpunkt Stadtland | |
Soziale Medien | |
Universität Bremen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Energieverbrauch von KI: Der neue Stromfresser steckt im Rechenzentrum | |
Die Internationale Energieagentur IEA gibt eine Prognose zum hohen | |
Energieverbrauch künstlicher Intelligenz. Doch nicht nur der lässt | |
aufhorchen. | |
Hallenbad mit KI-Assistenz: Die digitale Badeaufsicht | |
Im Hamburger Bille-Bad soll künstliche Intelligenz erkennen, wenn Menschen | |
zu ertrinken drohen. Im Notfall helfen muss aber immer noch das Personal. | |
Wie rechts ist die KI-Ästhetik?: Bildpolitiken des Affekts | |
Von KI generierte Bilder dienen als Wunschmaschine und | |
Propagandainstrument. Dabei ist die neue Technik zu wichtig, um sie den | |
Rechten zu überlassen. | |
KI-Forschungsgruppe an der Uni Bremen: „Wir sind nicht der Notarzt. Bei uns g… | |
Die Forschungsgruppe „Kommunikative KI“ der Universität Bremen will | |
künstliche Intelligenz verstehen und gestalten. Im Fokus steht das große | |
Ganze. |