# taz.de -- Regierungskrise in Österreich: Verhandlungen über Koalition mit R… | |
> In Österreich sind die Koalitionsgespräche zwischen FPÖ und ÖVP am Streit | |
> um Ministerien gescheitert. Wie es weiter geht, ist offen. | |
Bild: Noch war er gut gelaunt: FPÖ-Chef Herbert Kickl vor Beginn der Koalition… | |
Wien taz | Wochenlang hörte man kaum etwas von den | |
[1][Regierungsverhandlungen zwischen der rechtsradikalen FPÖ und der | |
konservativen Volkspartei (ÖVP)]. Zwar gab es merkliche Differenzen, aber | |
die Koalitionsgespräche schienen auf Kurs zu sein. Manche Verhandler vor | |
allem in der FPÖ hofften, schon Ende Januar die neue Regierung präsentieren | |
zu können. | |
Seit einigen Tagen aber rumorte es, die Termine beim Bundespräsidenten | |
häuften sich. Strittig war vor allem die Verteilung der Ministerien, | |
entsprechende Machtkämpfe wurden immer stärker in der Öffentlichkeit | |
ausgetragen. [2][Die FPÖ] beharrte auf dem Innenministerium, das die ÖVP | |
aber nach negativen Erfahrungen in der letzten Regierung mit der FPÖ nicht | |
mehr aus der Hand geben wollte. | |
Mittwochnachmittag platzte dann die Bombe: [3][FPÖ-Chef Herbert Kickl] gab | |
den Auftrag zur Regierungsbildung an Bundespräsident Alexander Van der | |
Bellen zurück. „Ich setze diesen Schritt nicht ohne Bedauern“, schrieb | |
Kickl an Van der Bellen. Er habe mit der ÖVP in der Absicht verhandelt, | |
„schnell zu einer leistungsfähigen Regierung zu kommen“. | |
„Ehe jedoch die noch strittigen Punkte auf Chefverhandler-Ebene geklärt | |
werden konnten, bestand die ÖVP Anfang Februar darauf, die | |
Ressortverteilung zu klären“, so Kickl weiter. Die FPÖ sei daraufhin der | |
ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen, die Verhandlungen seien aber | |
letztlich nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Mit der sozialdemokratischen | |
SPÖ über eine Koalition zu verhandeln, schloss Kickl aus – und andere | |
Mehrheiten zusammen mit der FPÖ gibt es nicht. | |
## ÖVP wirft Kickl „Machtrausch„vor | |
Die ÖVP beeilte sich am Mittwoch, ihre Sicht der Dinge zu kommunizieren: | |
Kickl selbst habe die Verhandlungen nicht ernst genug genommen, sei „im | |
Machtrausch“ gewesen. Tatsächlich dürfte die FPÖ, die bei der Wahl im | |
September nur drei Prozentpunkte vor der ÖVP lag, den Bogen überspannt | |
haben. Nicht nur wollte sie die CO2-Steuer und den Klimabonus abschaffen, | |
den die ÖVP mit den Grünen gerade erst eingeführt hatte. | |
Auch forderte sie einen totalen Asylstopp in Österreich, ein Absenken der | |
Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre und den Freibrief, in EU-Gremien gegen | |
die anderen EU-Staaten zu stimmen. Auch Sozialhilfen sollten gekürzt | |
werden, speziell für Zuwanderer. All das zeigt ein Papier zum Stand der | |
Koalitionsverhandlungen, das am Wochenende an die Medien gespielt wurde. | |
Wie es weitergeht, blieb Mittwochnachmittag offen. Der Ball liegt jetzt | |
wieder beim Bundespräsidenten. Nachdem bereits die vorangegangenen | |
Gespräche zwischen ÖVP, SPÖ und Neos gescheitert waren, bleiben Van der | |
Bellen im Grunde zwei Möglichkeiten. Entweder, er fordert ebenjene Parteien | |
– sowie die Grünen – zu einer neuen Gesprächsrunde auf, obwohl das | |
Scheitern der letzten noch nicht lang her ist. | |
Oder aber es gibt Neuwahlen, entweder noch vor dem Sommer oder erst im | |
Herbst. Bis dahin würde voraussichtlich eine Beamten- oder | |
Expertenregierung mit den Amtsgeschäften und wohl auch ersten Maßnahmen zur | |
überfälligen Budgetsanierung betraut werden. Van der Bellen müsste eine | |
Person seines Vertrauens mit der Bildung einer solchen Regierung betrauen, | |
am Ende müsste eine parlamentarische Mehrheit sie dulden. | |
## Längste Regierungsbildung aller Zeiten | |
Die jetzige Situation ist Neuland in Österreich. Nie zuvor dauerte eine | |
Regierungsbildung länger, nie zuvor waren alle rechnerisch und politisch | |
möglichen Kombinationen gescheitert. Ob und wie eine Neuwahl die | |
Verhältnisse anders ordnen würde, ist völlig offen. | |
In den letzten Wochen hatte die FPÖ in den Umfragen stetig dazugewonnen, | |
lag bei teilweise deutlich über 35 Prozent. Wie sich nunmehr das Scheitern | |
auf ihre Beliebtheit auswirkt, ist unklar. Eins lässt sich mit Sicherheit | |
sagen: Die nächsten Tage werden turbulent. | |
12 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Florian Bayer | |
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– und droht auch gleich. |