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# taz.de -- Verkehrssicherheit in Berlin: Weniger Unfälle, mehr Tote
> Die Zahl der Unfälle ist leicht gesunken, aber Berlins Straßen bleiben
> insbesondere für Radfahrer und Fußgänger gefährlich. Der Senat will mehr
> Blitzer.
Bild: Ein weiterer Toter zu viel: Spurensicherung nach einem tödlichen Radunfa…
Berlin taz | Iris Spranger hat ihr Gadget für mehr Sichtbarkeit im
Straßenverkehr gefunden: „Der ist cool, oder?“, fragt Berlins
SPD-Innensenatorin und fuchtelt mit einem quietschgelben Regenschirm herum.
Gemeinsam mit Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) und Polizeipräsidentin
Barbara Slowik Meisel präsentiert sie am Mittwoch im Landeskriminalamt die
[1][Verkehrsunfallstatistik] für das vergangene Jahr. Und lenkt schmähliche
Assoziationen mit dem Gegenstand in ihrer Hand eilig um: „Nein, der Senat
steht nicht im Regen. Der Senat sorgt für Sicherheit.“
Ein Versprechen, das die vorgestellten Zahlen freilich entkräften. Von der
Vision Zero – dem [2][Ziel, dass im Straßenverkehr keine Menschen mehr
tödlich oder schwer verletzt werden] – ist Berlin meilenweit entfernt.
Allein in den ersten acht Wochen dieses Jahres wurden schon vier Menschen
bei Verkehrsunfällen getötet. Im vergangenen Jahr waren es 55 Verkehrstote,
der zweithöchste Stand der letzten zehn Jahre. Polizeipräsidentin Slowik
Meisel spricht von einer „schrecklichen und alarmierenden Zahl“.
Dabei trifft es vulnerable Gruppen weiterhin am häufigsten. Nahezu zwei
Drittel der 2024 getöteten Menschen waren Fußgänger*innen (24) und
Radfahrer*innen (11). Und rund die Hälfte der tödlich Verletzten war
älter als 65 Jahre.
Für die Grünen-Verkehrspolitikerinnen [3][Antje Kapek] und Oda Hassepaß ist
diese Bilanz „eine Katastrophe“. „Wir müssen die Schwächsten schützen�…
fordern die Abgeordneten, dafür brauche es „mehr Blitzer, sichere Radwege,
geschützte Übergänge und konsequente Kontrollen“.
## Fünf Schwerverletzte pro Tag
Tatsächlich ist die Gesamtzahl der Unfälle 2024 im Vergleich zum Vorjahr
minimal zurückgegangen, trotz steigenden Verkehrsaufkommens. Doch es gab
gleichzeitig mehr Unfälle mit Personenschaden, bei denen 1.920 Menschen
schwer verletzt wurden – im Schnitt mehr als fünf Schwerverletzte pro Tag.
Die drei häufigsten Unfallursachen bleiben Fehler beim Abbiegen,
Missachtung der Vorfahrt und zu schnelles Fahren. Überhöhte Geschwindigkeit
ist zugleich die häufigste Ursache für Unfälle mit Toten. Die
[4][Geschwindigkeitsüberwachung] sei deshalb „ein großes Thema“, erklärt
Slowik Meisel. Im vergangenen Jahr seien sechs stationäre Blitzer neu in
Betrieb genommen worden – insgesamt seien es jetzt 47, die durch 27 mobile
Anlagen ergänzt würden.
## Die Bußgeldstelle ist überlastet
Mehr Blitzer aufzustellen, hilft jedoch nicht allein. Die Verstöße müssen
auch geahndet werden, doch die zuständige Bußgeldstelle ist seit Jahren
überlastet. 2023 etwa hatte nur die Hälfte der Blitzerfotos einen
Bußgeldbescheid zur Folge. „Das ist eine riesige Aufgabe, die die Kollegen
da machen“, räumt Spranger ein. Hoffnungen setzt sie nun in 32
zusätzliche Personalstellen, die bei der Bußgeldstelle eingerichtet werden
sollen.
Die Innensenatorin will in Zukunft verstärkt mobile Blitzer einsetzen und
betont mit einem kleinen Seitenhieb in Richtung Finanzverwaltung, es
handele sich bei deren Anschaffung um ein lukratives Geschäft. 200.000 Euro
koste eine solche Anlage, „und jede davon lohnt sich für den
Landeshaushalt“. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr rund 112 Millionen
Euro durch Blitzer eingenommen.
## Kritik an Eigenverantwortung
Gleichzeitig will Verkehrssenatorin Ute Bonde [5][die Präventionsangebote
für die besonders gefährdeten Gruppen ausbauen]. Dafür hat sie kürzlich das
„[6][Verkehrssicherheitsprogramm 2030“] vorgelegt, es enthält 60 Maßnahmen
in sieben Bereichen sowie ein Bekenntnis zu einer umfassenden Auswertung
von Unfällen.
Der Fahrrad-Verband ADFC hat seine Zweifel an der Wirksamkeit des
Programms. Analysen allein sorgten nicht für sicheren Verkehr, es komme
vielmehr auf die Umsetzung an: „Zur Sicherung von Knotenpunkten braucht es
jetzt konkrete Finanzierungszusagen“, sagt die politische Referentin
Marlene Alber. Zudem sieht sie den starken Fokus auf die Prävention
kritisch: „Mobilitätsbildung an Kitas und Schulen ist wichtig, aber das
Leben von Kindern darf nicht nur von ihrem individuellen Verhalten
abhängen.“
26 Feb 2025
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/polizei/aufgaben/verkehrssicherheit/verkehrsunfallsta…
[2] /Beschluss-des-schwarz-roten-Senats/!6065248
[3] /Verkehrssicherheit-in-Berlin/!6065080
[4] /Autoverkehr-in-Berlin/!6065585
[5] /Verkehrssicherheit-in-Berlin/!6065386
[6] https://www.berlin.de/sen/uvk/mobilitaet-und-verkehr/verkehrspolitik/verkeh…
## AUTOREN
Hanno Fleckenstein
## TAGS
Verkehrssicherheit
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Blitzer
Verkehr
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Ute Bonde
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