| # taz.de -- Insolvente Krankenhäuser: Unvermeidbar, aber schmerzhaft | |
| > Wegen wirtschaftlicher Probleme gehen immer mehr Krankenhäuser insolvent. | |
| > Die Krankenhausreform ist daran nicht Schuld, trägt aber wenig zu einer | |
| > Besserung bei. | |
| Bild: Operation Krankenhausreform erfolgreich, Patientenstatus unklar | |
| Die Meldungen über Pleiten häufen sich. Laut der deutschen | |
| Krankenhausgesellschaft ist die wirtschaftliche Situation der Kliniken so | |
| dramatisch wie noch nie. Fast jede sechste Klinik in ihrer Trägerschaft | |
| [1][sei insolvent], meldet derweil das Deutsche Rote Kreuz. Die | |
| Krankenhäuser in Deutschland ächzen unter den steigenden Kosten. Und doch | |
| stehen sie mit dem Inkrafttreten der Krankenhausreform erst am Anfang einer | |
| langen Transformation. | |
| Wie überall spüren die Kliniken die [2][desolate wirtschaftliche Lage im | |
| Land]: die Inflation, die hohen Personalkosten wegen des Fachkräftemangels, | |
| die fehlenden Investitionen. Immer mehr Krankenhäuser zwingt das in die | |
| Insolvenz – und nicht jedes von ihnen wird gerettet werden. | |
| „Viele Krankenhäuser, auch solche, die wir dringend brauchen, werden nach | |
| aktuellem Stand schließen müssen – mit entsprechend drastischen Folgen für | |
| die Gesundheitsversorgung gerade im ländlichen Raum“, warnt DRK-Präsidentin | |
| Gerda Hasselfeldt gegenüber der taz. Zuletzt hatten fünf Krankenhäuser in | |
| Rheinland-Pfalz und eines in Hessen in der Trägerschaft des DRK | |
| Insolvenzanträge gestellt. | |
| Verantwortlich dafür macht Hasselfeldt auch die in diesem Jahr in Kraft | |
| getretene Krankenhausreform. „Die aktuelle Reform greift erst 2027 richtig, | |
| aber das nötige Personal müssen wir jetzt schon vorhalten, nicht einmal die | |
| gestiegenen Personal- und Sachkosten werden abgedeckt.“ | |
| ## Übergangsphase für angeschlagene Häuser schwierig | |
| Die umstrittene Krankenhausreform war im Herbst von Bundestag und Bundesrat | |
| verabschiedet worden. Ihr Ziel: Das [3][teure und ineffektive | |
| Krankenhaussystem soll reformiert] werden. Dafür sieht die Reform vor, dass | |
| es zukünftig weniger und dafür spezialisiertere Krankenhäuser gibt. Die | |
| Finanzierung soll stärker durch sogenannte Vorhaltepauschalen | |
| sichergestellt sein – Krankenhäuser bekommen dann nicht nur Geld für eine | |
| Behandlung, sondern dafür, dass sie Behandlungskapazitäten vorhalten. Das | |
| soll insbesondere strukturell wichtige Krankenhäuser auf dem Land | |
| finanziell entlasten. | |
| Bevor die Transformation jedoch Fahrt aufnehmen kann, ist es an den | |
| Bundesländern, eine sogenannte Krankenhausplanung zu erstellen. Darin wird | |
| definiert, welche Krankenhäuser erhalten bleiben sollen und welche nicht. | |
| Bis 2027 haben sie dafür Zeit. Die Übergangsphase bis dahin ist für die | |
| ohnehin wirtschaftlich angeschlagene Häuser besonders prekär. Unklar ist | |
| nämlich, ob sie laut Planung überhaupt weiterhin existieren sollen. | |
| ## Gesundheitsexperte: „Transformationszeit wirklich unglücklich“ | |
| Wolfgang Greiner, Gesundheitsökonom an der Universität Bielefeld, kennt das | |
| Problem: „Es ist eine Transformationszeit, die wirklich unglücklich ist.“ | |
| Bereits in den letzten Jahre konnten die Krankenhäuser nicht kostendeckend | |
| agieren. Die Steigerungsrate bei der Krankenhaus-Kostenerstattung habe | |
| unter dem Inflationswert gelegen, so der Gesundheitsökonom, der von 2010 | |
| bis 2022 Mitglied im Sachverständigenrat zur Entwicklung im | |
| Gesundheitswesen beim Bundesgesundheitsministerium war. „Ohne | |
| außerordentliche finanzielle Zuwendungen können das die Häuser nicht | |
| aufholen.“ | |
| Die Frage sei allerdings, ob man das überhaupt nachholen sollte, sagt | |
| Greiner. „Die Struktur derzeit ist eben nicht optimal.“ Um der Bevölkerung | |
| dennoch die Ängste zu nehmen, müsste sich die Kommunikation verbessern: | |
| „Als Krankenhausplaner würde ich die Priorität auf jene Standorte setzen, | |
| die wirklich unverzichtbar sind und sagen: ‚Die sichern wir auf jeden | |
| Fall‘.“ So allerdings sei alles etwas „Wild West“. | |
| Im [4][Deutschlandfunk] hatte DRK-Präsidentin Hasselfeldt kritisiert, dass | |
| es in der Krankenhausreform keine ausreichende Übergangsregelung gegeben | |
| habe. Auch die Länder und die Unionsfraktion hatten in der Debatte um die | |
| Krankenhausreform immer wieder auf eine stärkere Brückenfinanzierung | |
| gepocht, scheiterten jedoch. „In früheren Zeiten wäre vermutlich eine Art | |
| Zwischenfinanzierung zur Verfügung gestellt worden“, sagt Greiner, „aber wo | |
| sollte da das Geld herkommen?“ | |
| Möglicherweise wird dies nach der Bundestagswahl am 23. Februar aber | |
| nochmal zum Thema: Wie [5][das Ärzteblatt vorab berichtete], drängt der | |
| Wirtschaftsrat der CDU in einem Positionspapier darauf, die | |
| Krankenhausreform komplett zu überarbeiten. | |
| Bis die Krankenhausplanung Ende 2026 abgeschlossen ist, kann andernfalls | |
| mit einer Entspannung für die Kliniken nicht gerechnet werden. „Es kostet | |
| Zeit“, meint Wolfgang Greiner. „Es geht nicht anders, wenn man Strukturen | |
| verändert.“ | |
| 7 Feb 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /DRK-Klinikum-Mitte-schliesst/!6064202 | |
| [2] /Konjunktur-in-Deutschland/!6058765 | |
| [3] /Gesundheitsoekonom-ueber-Krankenhausreform/!6048921 | |
| [4] https://www.deutschlandfunk.de/praesidentin-hasselfeldt-fast-jedes-sechste-… | |
| [5] https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Wirtschaftsrat-der-CDU-will-Re-Refo… | |
| ## AUTOREN | |
| Amelie Sittenauer | |
| ## TAGS | |
| Krankenhausreform | |
| Krankenhäuser | |
| Deutsches Rotes Kreuz | |
| Wirtschaftskrise | |
| Karl Lauterbach | |
| Insolvenz | |
| Klinik | |
| Krankenhausreform | |
| Gesundheitswesen | |
| Pflege | |
| Bundesrat | |
| Ampel-Koalition | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Krankenhäuser kritisieren den Senat: „Berlin hat nicht sein Bestes gegeben“ | |
| Die Umsetzung der umstrittenen Krankenhausreform kommt nur langsam voran. | |
| Berlin habe nicht sein genug getan, sagen Krankenhausvertreter:innen. | |
| Sozioökonomische Gesundheitsfaktoren: In der Medizin sind nicht alle gleich | |
| Nicht nur körperliche Faktoren entscheiden in Deutschland, wie gesund die | |
| Bürgerinnen und Bürger sind. Es gibt aber Bestrebungen, das zu ändern. | |
| DRK-Klinikum Mitte schließt: Ein schlechtes Vorzeichen | |
| Die Einstellung des Betriebs am DRK-Klinikum Mitte verheißt nichts Gutes | |
| für die Umsetzung der Krankenhausreform. Nötig wären mehr Investitionen. | |
| Abstimmung im Bundesrat: Krankenhausreform mit Ach und Krach | |
| Im Bundesrat hat sich keine Mehrheit gefunden, um Lauterbachs Reformprojekt | |
| zu stoppen. Im Januar soll das Gesetz in Kraft treten. | |
| Gesundheitsökonom über Krankenhausreform: „Von der Ökonomie kommt man nich… | |
| Showdown: Freitag entscheidet der Bundesrat, ob die Krankenhausreform trotz | |
| Ampel-Aus kommt. Boris Augurzky über Chancen, Risiken und Nebenwirkungen. |