# taz.de -- frauentaz: Das Matriarchat der Texte | |
> Die Idee einer emanzipierten, solidarischen, gerechten Welt steht im | |
> Feuer. Was ist die Antwort auf Hierarchie, Hass, Hetze und zunehmenden | |
> Antifeminismus? | |
Bild: Wer hier den Hut auf hat: Teilnehmerin eines Frauenmarsches in London | |
Kriegstreiber, Oligarchen, Tech-Milliardäre: Die globale Bruderschaft der | |
Männer attackiert den Westen, wie wir ihn kannten. Hierarchie statt | |
Freiheit, Hass und Hetze statt Menschenrechte, Antifeminismus statt | |
Geschlechtergerechtigkeit: Die Idee einer emanzipierten, solidarischen, | |
gerechten Welt steht im Feuer. | |
Auch hierzulande droht das Rollback. Vielsagend das erste Foto der wohl | |
neuen Führungsriege der Union: mittelalte lächelnde Herren in Anzügen, die | |
Ministerposten wollen – ohne eine einzige weibliche Person am Tisch. Im | |
nächsten Bundestag liegt der Frauenanteil bei gerade mal 32,4 Prozent und | |
ist damit so niedrig wie seit 16 Jahren nicht. | |
Queere Menschen, Menschen mit Migrationsgeschichte, | |
Nichtakademiker*innen sind noch deutlicher in der Minderheit als | |
zuvor. Das Patriarchat holt sich die Macht zurück. Mit dieser Ausgabe der | |
wochentaz zum feministischen Kampftag am 8. März 2025 wollen wir ein | |
Zeichen dagegen setzen. | |
## Geschlechterverhältnisse von heute | |
Einer der berühmtesten Sätze von Simone de Beauvoir lautet: Man kommt nicht | |
als Frau zur Welt, man wird es (On ne naît pas femme: on le devient). 1949 | |
hat sie diesen Satz geschrieben. 2025 stellen wir ihn unserer Ausgabe | |
voran. | |
Die Geschlechterverhältnisse sind heute andere als damals. Aber auch und | |
gerade in einer Welt, wie sie sich gerade zeigt, beschäftigen uns viele | |
Fragen gleichermaßen. Was bedeutet es, Mädchen oder Frau zu sein? Was heißt | |
weibliche Solidarität? Woher kommt das Patriarchat, wie leben wir darin – | |
und wie schaffen wir es ab? | |
Ein Mädchen, das in Deutschland im Jahr 2025 zur Welt kommt, wird sich im | |
Laufe ihres Lebens mit Fragen wie diesen beschäftigen. Ob bewusst oder | |
nicht, ob gewollt oder nicht: Sie selbst und ihr Umfeld, die Welt, in der | |
sie lebt, prägen die Art und Weise, wie sie sich als Mädchen, als junge und | |
ältere Frau wahrnimmt und erlebt. An diesem Wochenende beschäftigen wir uns | |
deshalb auf 52 Seiten mit dem Leben einer Frau von der Geburt bis zum Tod. | |
## Keine Politik, keine Zukunft, keine Gesellschaft | |
Dazu lösen wir alle Ressorts auf: Es gibt in dieser Ausgabe keine Politik, | |
keine Zukunft, keine Gesellschaft. Stattdessen beginnen wir mit der Geburt, | |
gehen über die Kindheit zur Jugend, zum Erwachsenenalter bis ins hohe | |
Alter. 91 Jahre alt ist die älteste Frau, die in dieser Ausgabe interviewt | |
wird. Ein Mädchen, das 2025 zur Welt kommt, wird erst im Jahr 2116 91 Jahre | |
alt sein. Zwischen diesen Zahlen liegen ganze Leben, zwischen den | |
Erfahrungen womöglich Welten. Das Frausein eint sie dennoch. | |
Frauen, das betonen wir angesichts der politischen Verhältnisse wieder und | |
noch deutlicher als sonst, sind selbstverständlich cis und trans Frauen. | |
Lesben mit Kindern sind selbstverständlich ebenso Familie wie Menschen | |
sonstiger sexueller Orientierung. Was Frausein bedeutet, muss sich, wie | |
Antje Schrupp in ihrem Essay über die [1][Entstehung von Geschlecht] | |
schreibt, immer wieder neu mit Bedeutung füllen. | |
Wir möchten mit dieser Ausgabe alle Frauen ansprechen – und als | |
Leser*innen auch alle Personen anderen Geschlechts herzlich einladen. 17 | |
ausgewählte Texte gibt es zum Hören im von taz-Vizechefredakteurin Katrin | |
Gottschalk moderierten [2][Frauentaz-Podcast]. | |
## Gegen den „Male Gaze“ | |
Besonders sind in dieser Ausgabe auch die Fotos. Die Darstellung von Frauen | |
unterliegt einem oft männlichen, heterosexuellen Blick. Die Bilder dieser | |
Ausgabe verweigern sich dem „Male Gaze“. Fünf Künstlerinnen zeigen uns | |
ihren eigenen Blick aufs Frausein. Die Fotografin Annika Weertz begleitet | |
Teenager bei ihrem selbstbewussten Spiel mit Rollenbildern und Gendercodes. | |
Lea Greub zieht mit einem feministischen Sprayerkollektiv durch Berlin. | |
Isabelle Wenzel begegnet der männlichen Fetischisierung weiblicher | |
Attribute mit akrobatischer Leichtigkeit. Die Musikerin Françoise Cactus | |
malte zu Lebzeiten Bilder von Frauen (Bilder von Männern fand sie | |
langweilig). Und die über 90 Jahre alte US-amerikanische Fotografin | |
Rosalind Fox Solomon betrachtet ihren Körper mit anhaltender Neugierde. | |
Was die Antwort ist auf den zunehmenden Antifeminismus hierzulande und | |
international? Wir wissen es noch nicht, wir müssen es zusammen | |
herausfinden. Was wir wissen: Für feministischen Protest, für Mut und | |
Solidarität, für eine Welt, die auf Gerechtigkeit baut, lohnt es sich zu | |
kämpfen. | |
7 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Geschlecht-und-Identitaet/!6065954 | |
[2] https://taz-hoerbar.podigee.io/#latest-episode-player | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
Manuela Heim | |
Tanja Tricarico | |
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