| # taz.de -- Konzeptkünstler Gordon Matta-Clark: Die Grenze von innen und auße… | |
| > Gordon Matta-Clark wollte der Architektur neue Perspektiven öffnen. Die | |
| > Galerie Thomas Schulte zeigt Filme und Fotografien. | |
| Bild: Geschichten vom Anwesenden und Abwesenden: Filmstill aus „Automation Ho… | |
| Hochhausnadeln kratzen am Himmel in Manhattans Skyline, tief ist der Blick | |
| in die Straßenschluchten. In Gordon Matta-Clarks Film „City Slivers“ von | |
| 1976 stehen manchmal beide Perspektiven direkt nebeneinander, denn das Bild | |
| der Stadt ist in schmale, senkrecht nebeneinander gestellte Streifen | |
| zerschnitten. Bewegungen laufen parallel, Menschen gehen durch eine Drehtür | |
| und die Lichtreflexe in den Scheiben geben den Rhythmus vor, in dem sich | |
| hier das Außen und das Innen durchdringen. | |
| Die schmalen Durchblicke in diesem Film erinnern dabei nicht zufällig an | |
| die Schnitte durch Hauswände, mit denen Gordon Matta-Clark berühmt geworden | |
| ist. Mit den „Building Cuts“ hatte der New Yorker Konzeptkünstler in den | |
| 1970er Jahre eine Reihe von ortsspezifischen Interventionen entwickelt. | |
| Meist an Häusern vorgenommen, die zum Abbruch vorgesehen waren, setzte er | |
| damit zum einen eine Zäsur im Prozess der Stadtumwandlung, der oftmals | |
| geschichtsvergessenen Erneuerung und der Gentrifizierung. Aber er schuf | |
| damit zum anderen auch temporäre Objekte von eigener Schönheit im Spiel mit | |
| Durchblicken, gebogenen Linien und den rechten Winkeln der entkernten | |
| Statik. Über den konkreten Eingriff hinaus waren diese „Building Cuts“ | |
| Anleitungen, das Veränderbare im scheinbar Unveränderlichen von gebauten | |
| Strukturen zu entdecken. | |
| Die drei Filme von Gordon Matta Clark, die jetzt [1][in der Galerie Thomas | |
| Schulte in den Mercatorhöfen] präsentiert werden, lassen zudem den Humor | |
| des Künstlers ahnen und die Nähe zu den Experimenten der Tanzszene New | |
| Yorks, die wie er die Beziehungen des Körpers zur Stadt und zum | |
| öffentlichen Raum thematisierte. Aus weggeworfenen Türen, Fenstern, | |
| Waschbecken und weiteren Resten hatte er 1972 in einem Container für | |
| Industriemüll, der im New Yorker Viertel Soho auf der Straße stand, eine | |
| nach oben offene Struktur aus schmalen Kammern und Gängen gebaut. | |
| Obdachlose waren im Straßenbild präsent, ihrem Unbehaustsein begegnet die | |
| Weiterverwertung der Baureste in dieser provisorischen Struktur. Im | |
| körnigen 8-mm-Film „Open House“ sieht man ihn und Freund*innen über die | |
| Wände turnen, durch die Türen gehen, auf den Kanten balancieren. Was noch | |
| heute dafür einnimmt, ist die spielerische und jugendliche Leichtigkeit, | |
| mit der für einen kurzen Moment eine andere Realität geschaffen wurde. | |
| Für die Projektion der Filme hat der Künstler David Harrt in der Galerie | |
| einen Rahmen entworfen. Man sieht sie auf Trockenbauwänden, flexiblen | |
| Modulen der Architektur. Auf ihnen werden auch die Fotografien der Serie | |
| „Walls“ (ebenfalls 1972) präsentiert. Ausschnitthaft zeigen sie Reste von | |
| Stuck und Putz auf gemauerten Wänden dort, wo ein Haus nebenan abgerissen | |
| wurde. Stuckleisten gliedern die Flächen, heben schmale Vorsprünge hervor. | |
| Es sind fast abstrakte Bilder, in denen sich doch Geschichten vom | |
| Anwesenden und Abwesenden wieder finden. Eine Erinnerungsspur für das | |
| Verschwundene. | |
| 10 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katrin Bettina Müller | |
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