Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Offensive der M23-Rebellen in Kongo: Das Fanal von Goma
> Es gibt nachvollziehbare Gründe für den Krieg der M23 in der DR Kongo.
> Man muss sie angehen, um nach 30 Jahren Krieg endlich Frieden in der
> Region zu schaffen.
Bild: Goma, 5. Februar
Kongos M23-Rebellen haben Ende Januar gegen eine außergewöhnlich breite und
auf dem Papier viel stärkere Koalition [1][die ostkongolesische
Millionenstadt Goma erobert]. Kongos Regierungsarmee, UN-Bataillone,
südafrikanische Interventionstruppen, etwa tausend [2][rumänische und
französische Söldner], eine Vielzahl [3][lokaler Milizen] sowie die FDLR,
eine ruandische Rebellengruppe, die ihre Wurzeln im Völkermord an den Tutsi
hat – sie alle konnten nicht bestehen gegen die M23-Rebellen, die von den
Staaten Ruanda und Uganda unterstützt werden.
Diese Zuspitzung des Krieges hat schreckliche Folgen für die Bevölkerung.
Und das zusätzlich zu ihrer nach mehreren Konflikten ohnehin schon
katastrophalen Lage, geprägt von Hunderten bewaffneten Gruppen, korrupten
Politikern und Richtern, übergriffigen Militärs und einem sehr schlechten
Gesundheitssystem.
Dieser Krieg begann nicht erst vor drei Jahren mit der Offensive der
M23-Rebellen. Er begann vor fast dreißig Jahren, als die kongolesische
Rebellenkoalition AFDL mit Unterstützung vieler afrikanischer Länder
innerhalb weniger Monate das ganze Land eroberte und Laurent-Désiré Kabila
zum Präsidenten des Landes machte.
In den knapp dreißig Jahren seitdem verging in der Demokratischen Republik
Kongo kein Tag, an dem nicht irgendwo Schüsse fielen, Menschen vertrieben
wurden, Vergewaltigungen stattfanden und Menschen starben. Laut
Untersuchungen sind viele Millionen Menschen an den direkten und indirekten
Folgen dieses [4][dreißigjährigen Krieges] gestorben. Es ist höchste Zeit,
eine dauerhafte Lösung zu finden und vor allem auch umzusetzen.
## Rohstoffe sind nicht der Kriegsgrund
Es wird oft behauptet, dass sich bei diesem Konflikt alles um Kongos enorme
Bodenschätze dreht. Das ist jedoch bei näherer Betrachtung nicht
stichhaltig. Die 800.000 US-Dollar im Monat, die die größte Mine in
M23-Hand [5][nach Angaben von UN-Experten] erwirtschaftet, reichen nicht
annähernd, um die Gruppe zu finanzieren und ihr Gebiet zu verwalten. Und im
Falle Ruandas wären ein paar Millionen Dollar aus kongolesischen Minen
definitiv kein Ausgleich für den drohenden Imageschaden und die möglichen
negativen Folgen für Ruandas internationale Rolle, etwa als wichtiger
Akteur bei UN-Friedensmissionen, bei der Impfstoffproduktion in Afrika oder
als Austragungsort internationaler Gipfeltreffen und Sportereignisse.
Wenn der Bergbau nicht der Hauptgrund für den Krieg und die Einnahme von
Goma ist, was dann? Es ist der jüngste Zyklus einer Reihe von
Auseinandersetzungen, die seit 30 Jahren andauern. Nach jeder Runde wurden
Friedensabkommen unterzeichnet – zwischen Rebellen und Regierung in der DR
Kongo, zwischen der DR Kongo und Ruanda sowie weiteren Ländern der Region.
Diese Friedensabkommen behandeln immer die gleichen drei Themen: Erstens
geht es um die Qualität der kongolesischen Staatsführung und die Bildung
einer Armee in der DR Kongo, die dem Land und der Verfassung dient und
nicht einer Person oder einer Partei. Zweitens geht es um
Gleichberechtigung für Kongos Tutsi. Drittens geht es um die Beendigung der
FDLR-Rebellion. Auch die M23 und Ruanda [6][führen diese Punkte immer
wieder als Gründe dafür an], warum sie mit Kongos Regierung in Konflikt
stehen.
Diese Probleme werden viel zu oft als Erfindungen abgetan, die von der
Kontrolle über die Mineralienminen ablenken sollen. Aber wenn man dieser
Argumentation folgt, würde das bedeuten, dass all die eminenten
Unterhändler und Vermittler der früheren Friedensabkommen völlig falsch
lagen. Das ist sehr unwahrscheinlich, zumal die drei angesprochenen Punkte
berechtigt sind. Die Zweifel an der Qualität der Regierungsführung in der
DR Kongo sind auch für Kongolesen offensichtlich und unter Präsident Felix
Tshisekedi wurde nicht einmal öffentlicher [7][Kannibalismus] an Tutsi
bestraft.
Die Bedrohung Ruandas durch die FDLR ist ebenfalls offensichtlich. Es
dürfte niemanden überraschen, dass die FDLR für Ruandas Regierung und
insbesondere für die Überlebenden des Völkermords an den Tutsi eine
existenzielle und ideologische Bedrohung darstellt.
Die Hutu-Miliz, die einst von flüchtigen Tätern des ruandischen Völkermords
an den Tutsi gegründet wurde, steht schwer bewaffnet auf kongolesischer
Seite nur wenige Kilometer von der ruandischen Grenze entfernt. Ihr
Bedrohungspotenzial hat sich in den vergangenen zwei Jahren noch
vergrößert, seit Kongos Regierung [8][die FDLR eingeladen] hat, integraler
Bestandteil der kongolesischen Armee zu werden und damit auch von der UNO,
Südafrika und allen anderen Partnern als Verbündete akzeptiert zu werden.
## Reformen müssen Thema der Verhandlungen sein
Nun, da die M23 Goma eingenommen hat, fordern die UNO sowie zahlreiche
Regierungen die Rebellen zum Rückzug auf und verlangen von Ruanda, die
Unterstützung der M23 einzustellen. Natürlich muss das eines Tages
geschehen. Aber dieser Krieg sollte dann auch der letzte gewesen sein.
Am vergangenen Samstag forderte [9][ein Staatengipfel] der Ostafrikanischen
Gemeinschaft (EAC) und der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrikas
(SADC) alle Parteien auf, einen Waffenstillstand zu akzeptieren und
Verhandlungen aufzunehmen. Da alle direkt am Konflikt beteiligten Länder
teilnahmen, ist dies eine vielversprechende Entwicklung, auch wenn es keine
Erfolgsgarantie gibt. Die Signale aus Kinshasa sind, gelinde gesagt,
zweideutig. Kongos Regierung wird erfahrungsgemäß kein Abkommen
unterzeichnen und umsetzen, wenn sie nicht dazu gedrängt wird.
Wenn Deutschland, die EU, die Afrikanische Union, die USA und die UN zu
einer [10][dauerhaften Friedenslösung] beitragen wollen, sollten sie nun in
erster Linie dazu beitragen, dass die Verhandlungen stattfinden und zum
Erfolg geführt werden. Die drei Hauptursachen des Dauerkonflikts sollten
Thema dieser Verhandlungen sein, und erst wenn es bei diesen ein Ergebnis
gibt, ist zu klären, wie mit den Gebieten umzugehen ist, die die M23
erobert hat.
13 Feb 2025
## LINKS
[1] /Goma-unter-den-M23-Rebellen/!6069021
[2] /Europaeische-Ausbilder-im-Kongo/!6048466
[3] /Milizen-in-der-DR-Kongo/!5977887
[4] /Voelkermord-Ruanda/!5997547
[5] https://documents.un.org/doc/undoc/gen/n24/373/37/pdf/n2437337.pdf
[6] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776
[7] https://www.liberation.fr/international/afrique/lynchage-au-congo-voici-le-…
[8] /Ruandische-Hutu-Miliz-in-der-DR-Kongo/!5999184
[9] /Vormarsch-der-M23-im-Kongo/!6067998
[10] /Eskalation-des-Kriegs-in-Kongo/!6063255
## AUTOREN
Hans Romkema
## TAGS
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
M23-Rebellen
Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
Ruanda
Social-Auswahl
M23-Rebellen
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Ruanda
## ARTIKEL ZUM THEMA
M23-Rebellen in Goma: Gekommen, um zu bleiben
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo soll ein Staat im Staat
errichtet werden. Die erste Bank wurde wiedereröffnet. Hilft das dem
Frieden?
Kongos M23-Rebellen übergeben Gefangene: Endstation für den ruandischen Völk…
FDLR-General Stany Gakwerere war der höchstrangige noch aktive Täter des
Völkermords an Ruandas Tutsi 1994. Jetzt ist er in Ruanda in Haft.
Südafrikas Eingreiftruppe in DR Kongo: Kriegsverletzte Soldaten werden über R…
Die Eingreiftruppe des Südlichen Afrika in Goma sitzt fest, seit die
M23-Rebellen die Stadt eroberten. Nun darf sie zumindest Verwundete
ausfliegen.
Militärische Lage in Ost-Kongo: Kongo ist nicht nur Opfer
Die Rebellengruppe M23 stößt in der Demokratischen Republik Kongo immer
weiter vor. Unschuldig ist der Präsident des Landes an der Eskalation
nicht.
Krieg in der DR Kongo: Chaos, Verwirrung und Plünderungen
Nach mehreren Anläufen scheint Bukavu nun wirklich von Rebellen der M23
kontrolliert. Als Beweis stellten sie einen Oberst vor laufende
Handykameras.
Augenzeugenbericht aus Goma in Kongo: Im Dazwischenland
Kongos M23-Rebellen haben den Staat aus der Millionenstadt Goma verjagt.
Wie geht es dort weiter? Und welche Spuren hinterlässt der Krieg?
Eskalation des Kriegs in Kongo: Eine Neuordnung ist notwendig
Seit fast 20 Jahren kämpft die Demokratische Republik Kongo mit Gewalt und
Diktatur. In dem an Rohstoffen reichen Land braucht es funktionierende
Institutionen.
Ruanda und die DR Kongo: Verfeindete Nachbarn
Der Krieg im Osten Kongos ist eng mit Ruanda verknüpft – vor allem wegen
des Völkermordes an den Tutsi. Nirgends zeigt sich das klarer als in Goma.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.