| # taz.de -- Frieden zwischen Kongo und Ruanda: Trumps Kongo-Knoten | |
| > Der US-Präsident will durch US-Investitionen Frieden zwischen Kongo und | |
| > Ruanda schaffen. Doch sein Wirtschaftskolonialismus bringt das Gegenteil. | |
| Bild: US Präsident Donald Trump mit dem kongolesischen Präsidenten Felix Tshi… | |
| Wenn Friedensversprechen Kriege beenden würden, wäre die Welt ein Paradies. | |
| Leider ist das Gegenteil der Fall, und kaum jemand weiß das besser als die | |
| Menschen im Afrika der Großen Seen. Vom Völkermord an Ruandas Tutsi 1994 | |
| bis zu den aktuellen Milizenkriegen in der Demokratischen Republik Kongo | |
| zieht sich eine Blutspur, die als [1][Afrikas Dreißigjähriger Krieg] | |
| bezeichnet wird und das Bewusstsein der Menschen noch über Generationen | |
| hinweg prägen wird. | |
| Kongos Präsident Felix Tshisekedi und Ruandas Präsident Paul Kagame haben | |
| nun in Washington [2][unter den Augen Donald Trumps einen Friedensvertrag | |
| unterzeichnet]. Trump feiert dies als einen weiteren Erfolg seiner | |
| Staatskunst. Vor Ort weiß man es besser. Der Krieg im Osten der DR Kongo | |
| ist pünktlich zu der Trump-Friedensgala so heftig aufgeflammt wie nie. | |
| Kongos marode Armee, unterstützt von Burundi sowie lokalen Milizen, | |
| befindet sich erneut im Rückzugsgefecht gegen die von Ruanda unterstützten, | |
| gutorganisierten Rebellen der [3][AFC/M23 (Allianz des | |
| Kongo-Flusses/Bewegung des 23. März)]. Erstmals haben die M23-Rebellen am | |
| Wochenende die burundische Grenze erreicht. | |
| Alle Beteiligten wissen, wie unkontrollierbar ein regionaler Flächenbrand | |
| wäre, und daher schrecken sie alle vor den finalen Eskalationsschritten | |
| zurück – bisher noch. Aber vor Ort hat Krieg eine eigene Dynamik von | |
| rivalisierenden Gewalterfahrungen, Untergangsvisionen und Heilsversprechen. | |
| Auf ethnischer Grundlage und mit staatlicher Unterstrützung sind im Osten | |
| der DR Kongo [4][paramilitärische Milizen] entstanden, die die Tötung oder | |
| Vertreibung aller Tutsi nicht nur predigen, sondern aktiv betreiben und | |
| auch den Kampf gegen Ruandas Langzeitherrscher und ehemaligem | |
| Tutsi-Guerillaführer Paul Kagame als legitimes Ziel im kongolesischen | |
| politischen Diskurs verankert haben. Die Tutsi-geführten Rebellen wiederum | |
| sehen in ihrem [5][Mini-Kongo im Osten des Landes], wo sie unter dem | |
| Schutzschirm Ruandas alle Konkurrenten ausschalten und das Gewaltmonopol | |
| ausüben, ihre einzige Überlebensgarantie. | |
| An dieser Dynamik ändert [6][das Trump-Abkommen] nichts. Das alte Problem | |
| bleibt: Ruanda wird seine Interventionen auf kongolesischem Gebiet erst | |
| beenden, wenn von dort keine militärische oder ideologische Gefahr für | |
| seinen Fortbestand mehr ausgeht. Die Kräfte in der DR Kongo, die Ruanda und | |
| die Tutsi als zu vernichtenden Feind ansehen, werden wiederum nicht die | |
| Waffen strecken, solange Ruanda weiter auf kongolesischem Gebiet aktiv | |
| bleibt. Einen Ausweg aus diesem Teufelskreis hat noch kein Friedensprozess, | |
| keine UN-Mission, kein Demobilisierungsprogramm gefunden. | |
| All das wissen Tshisekedi und Kagame natürlich. Sie vermuten wohl, dass | |
| Trump es nicht weiß. Sie ahnen sicher, dass es besser ist, es ihm nicht zu | |
| sagen. Und sie kalkulieren, dass die USA ihnen doch zur Seite springen | |
| könnten, sollte der Krieg eskalieren. Dieses Kalkül erklärt das | |
| vordergründig widersprüchliche Interesse der Kriegsführer an möglichst | |
| umfassenden Friedensverträgen; dieselbe Logik wohnt auch dem parallel | |
| stattfindenden [7][innerkongolesischen Friedensprozess] zwischen Regierung | |
| und Rebellen in Katars Hauptstadt Doha inne. | |
| Washington verfolgt schon immer eine andere Logik: die der ökonomischen | |
| Annäherung zwischen Kongo und Ruanda. Das wurde jetzt durch [8][ein neues | |
| Abkommen] erneut betont. Das hat in der Vergangenheit zwar wirtschaftliche | |
| Vorteile gebracht, aber politische Konflikte nicht gelöst. Neu ist jetzt | |
| unter Trump, dass Investitionen der USA den Regierungen der Region ein | |
| monetäres Interesse am Frieden geben sollen – vor allem der kongolesischen, | |
| deren Wirtschaft gerade aus den Fugen gerät. | |
| Der industrielle Bergbau ist seit zwei Jahrzehnten Kongos Wachstumsmotor, | |
| China ist der größte Kunde und Investor. Aber die globale Nachfrage an | |
| Kongos Hauptexportprodukt Kobalt sinkt. Im Februar verhängte Kongos | |
| Regierung einen seitdem mehrfach verlängerten [9][Kobalt-Exportstopp], um | |
| den Preisverfall aufzuhalten. Damit brachte sie nicht nur ihre eigene | |
| wichtigste Einnahmequelle zum Versiegen, sondern sie ermutigt China | |
| geradezu, sich anderweitig umzusehen. | |
| Wegen des Krieges brechen derweil ganze Provinzen als Einnahmequellen des | |
| Staates weg, während Militär- und Sicherheitsausgaben in die Höhe | |
| schnellen, nach manchen Berechnungen auf bis zu 30 Prozent des | |
| Staatshaushalts 2026. Um das zu finanzieren, kürzt Kongos Regierung soziale | |
| Investitionen. Sie vergrößert damit Armut und Unmut unter den bald 120 | |
| Millionen Einwohnern, von denen zwei Drittel in absoluter Armut leben, und | |
| begibt sich zugleich in wachsende Abhängigkeit von Kreditgebern und | |
| Investoren. | |
| Ein parallel zum Friedensvertrag unterzeichnetes [10][Strategisches | |
| Partnerschaftsabkommen] zwischen Washington und Kinshasa gewährt nun den | |
| USA privilegierten Zugang zu Kongos Rohstoffen. Kongos Regierung muss | |
| demnach eine Liste „strategischer Bergbaureserven“ erstellen und zukünftig | |
| alle damit verbundenen Vorhaben einem Wirtschaftsausschuss beider Länder | |
| vorlegen, der im Konsens über die Umsetzung entscheidet. US-Interessenten | |
| genießen Vorzugsbehandlung sogar gegenüber Kongolesen – erst wenn | |
| Verhandlungen mit US-Partnern scheitern, dürfen andere gefragt werden. | |
| Das ist nackter Wirtschaftskolonialismus, und wie sich das mit den | |
| bestehenden Verträgen mit China verträgt, auf die Kongos Regierung bisher | |
| setzt, dürfte noch interessant werden. In Anbetracht der Korruption in | |
| Kongos Bergbau – in Belgien wird gerade [11][gegen Kongos | |
| Präsidentenfamilie] wegen illegaler Bereicherung an Kupfer- und | |
| Kobaltförderprojekten ermittelt – stellt all dies einen Konfliktmotor für | |
| das ganze Land dar. | |
| Die Abkommen von Washington stellen diesen Motor nicht ab. Sie legen eher | |
| einen Gang zu. Die Rebellen im Osten müssen nur noch warten, bis der Staat | |
| im fernen Kinshasa von selbst zusammenbricht. Aber der resultierende | |
| Scherbenhaufen wäre so groß, dass er alle Parteien unter sich begraben | |
| dürfte. | |
| 7 Dec 2025 | |
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| Dominic Johnson | |
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