| # taz.de -- Sudans Krieg steht vor der Entscheidung: Armee verjagt den Feind un… | |
| > Sudans Regierungsarmee fügt der RSF-Miliz schwere Niederlagen zu und | |
| > erzielt einen Durchbruch in der Hauptstadt Khartum. Viele Zivilisten | |
| > starben. | |
| Bild: Die Spuren des Krieges sind überall. In Omdurman bei Khartum, Montag | |
| Berlin taz | Knapp zwei Jahre nach Beginn des [1][Krieges in Sudan], der | |
| die aktuell größte Flüchtlingskrise und schwerste Hungerkrise der Welt | |
| herbeigeführt hat, steht womöglich die Entscheidung bevor. | |
| Die Regierungsstreitkräfte SAF (Sudanese Armed Forces) von Armee- und | |
| Staatschef General Abdelfattah al-Burhan sind im Begriff, die aufständische | |
| Miliz RSF (Rapid Support Forces) des ehemaligen Vizepräsidenten Mohamed | |
| Hamdan Daglo, genannt Hametti, vollständig aus der Hauptstadt Khartum | |
| zurückzudrängen. Gelingt das, hätte die Regierung den Krieg gewonnen. | |
| Am 26. Januar [2][besuchte Burhan] zum ersten Mal seit anderthalb Jahren | |
| wieder das Hauptquartier der Armee in Khartum, das im August 2023 an die | |
| RSF gefallen war. „Unsere Kräfte sind in Hochform“, freute er sich und | |
| erklärte, die „terroristischen Milizen“ der RSF seien „zum Verschwinden | |
| verurteilt“. | |
| Burhan und seine Regierung residieren seit 2023 in Port Sudan am Roten | |
| Meer. Khartum ist Kriegsgebiet, seit die RSF dort am 15. April 2023 in den | |
| Aufstand trat. Ihr Putschversuch scheiterte, aber es entwickelten sich | |
| Straßenkämpfe samt Luft- und Artillerieangriffen ohne jede Rücksicht auf | |
| die Zivilbevölkerung; zwei Drittel der fünf Millionen Hauptstadtbewohner | |
| flohen und der Krieg weitete sich schnell auf ganz Sudan aus. | |
| ## Hungersnot und Gegenoffensive | |
| Inzwischen sind von den rund 46 Millionen Vorkriegsbewohnern Sudans | |
| annähernd 15 Millionen auf der Flucht, drei Millionen davon in | |
| Nachbarländern. Zwei Drittel der Bevölkerung ist zum Überleben auf | |
| humanitäre Nothilfe angewiesen. UN-Experten stellten im Juli 2024 | |
| [3][erstmals eine Hungersnot] nach internationaler Definition fest, und | |
| zwar im Vertriebenenlager Zamzam der von der RSF belagerten Stadt El Fasher | |
| in Darfur. Ende 2024 [4][ermittelten die Experten des internationalen | |
| Hungerfrühwarnsystems IPC] Hungersnöte in vier zusätzlichen Orten und | |
| prognostizierten eine Ausweitung auf 17 weitere bis Mai 2025. | |
| Die Kontrolle über Sudans fruchtbarste Landesteile am Blauen Nil südlich | |
| von Khartum entscheidet über die Kontrolle des Zugangs zu Nahrung. Die RSF | |
| hatte im Dezember 2023 [5][Wad Madani erobert], Hauptstadt des | |
| Bundesstaates Gezira und [6][Zufluchtsort] für viele Geflüchtete aus | |
| Khartum. Und im Juli 2024 dann Sinja, Hauptstadt des benachbarten | |
| Bundesstaates Sennar. Damit schien [7][ihr Sieg] in greifbare Nähe zu | |
| rücken. | |
| Aber im September 2024 begann die Armee eine Gegenoffensive, eroberte am | |
| 23. November 2024 Sinja zurück und [8][am 11. Januar 2025 Wad Madani]. | |
| Danach verlagerten sich die Kämpfe nach Khartum: Inzwischen hat die RSF | |
| fast alle von ihr kontrollierten Stadtteile verloren. | |
| Während die Armee nun auf die vollständige Eroberung Khartums setzt, | |
| konzentriert sich die RSF auf El Fasher, die letzte noch nicht von ihr | |
| kontrollierte Provinzhauptstadt in ihrer Hochburg Darfur. El Fasher mit | |
| seinen riesigen Vertriebenenlagern wird seit Monaten belagert, die | |
| humanitäre Lage der Bevölkerung gilt als schlimmste der Welt. | |
| Mitte Januar setzte die RSF der Regierungsarmee eine Frist bis 22. Januar, | |
| sich aus El Fasher zurückziehen. Als die Frist verstrich, wurde ein | |
| Vertriebenenlager mit Artillerie beschossen. 67 Menschen starben außerdem | |
| bei einem Drohnenbeschuss eines der letzten noch funktionierenden | |
| Krankenhäuser in El Fasher. Die Regierung antwortete mit schweren | |
| Luftangriffen auf Nyala, Hauptstadt der Provinz Süd-Darfur, die mehrere | |
| Dutzend Tote forderten. | |
| Auch die Schlacht von Khartum geht mit schweren Angriffen beider Seiten auf | |
| die Zivilbevölkerung einher. Am 31. Januar beschoss die RSF einen Markt in | |
| Khartums Nachbarstadt Omdurman am Westufer des Nils, über 60 Menschen | |
| wurden getötet. Nach UN-Angaben starben in der letzten Januarwoche 89 | |
| Zivilisten durch Luftangriffe oder Artilleriebeschuss, in der ersten | |
| Februarwoche bereits 275. | |
| [9][Das Internationale Komitee des Roten Kreuz wies] Ende Januar auf | |
| zunehmende gezielte Angriffe auf „kritische Infrastruktur“ hin, also Strom- | |
| und Wasserwerke. | |
| ## „Summarische Hinrichtungen“ und Racheakte | |
| Die Regierung stellt ihren Siegeszug als Weg zum Frieden dar. Aber die | |
| Erfolge der Armee, die von lokalen Milizen unterstützt wird, gehen mit | |
| Übergriffen auf die Zivilbevölkerung einher. Bereits nach der Rückeroberung | |
| von Wad Madani wurden verbreitete Racheangriffe gemeldet. | |
| [10][UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk sprach] Ende Januar von | |
| „summarischen Hinrichtungen“ durch „die Armee und verbündete Milizen“ … | |
| mindestens 18 Toten in zurückeroberten nördlichen Stadtvierteln von Khartum | |
| seit dem 25. Januar. | |
| [11][Amnesty International berichtete] am Wochenende, zahlreiche als | |
| RSF-Kollaborateure denunzierte „Kleinunternehmer, freiwillige Nothelfer und | |
| andere Aktivisten“ seien ermordet worden. Und es zirkulierten bei der Armee | |
| Listen mutmaßlicher RSF-Sympathisanten in Khartum, die jetzt in Gefahr | |
| seien: „Namen von Politikern, Aktivisten, Gesundheitsarbeitern, | |
| Staatsanwälten und Angehörigen von Protestgruppen“. | |
| Zudem führt die Regierung gegen die RSF einen Wirtschaftskrieg, unter dem | |
| auch die Bevölkerung leidet. Sie hat im Dezember neue Geldscheine | |
| eingeführt. Die werden nur von ausgewählten Banken im Regierungsgebiet | |
| ausgegeben und nur sehr limitiert: 200.000 sudanesische Pfund pro Kunde, | |
| nach UN-Angaben der Gegenwert von 80 US-Dollar. Damit wird nicht nur das | |
| sonstige in Sudan umlaufende Bargeld ungültig. Auch UN-Hilfswerke klagen, | |
| sie könnten nun etwa Spediteure und Fahrer für Hilfstransporte nicht mehr | |
| bezahlen. | |
| 10 Feb 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schwerpunkt-Krieg-in-Sudan/!t5930698 | |
| [2] https://sudantribune.com/article296531/ | |
| [3] /Hoechste-Stufe-erreicht/!6025393 | |
| [4] https://www.ipcinfo.org/fileadmin/user_upload/ipcinfo/docs/IPC_Famine_Revie… | |
| [5] /Grossstadt-am-Nil-erobert/!5975772 | |
| [6] /Krieg-in-Sudan/!5927455 | |
| [7] /Krieg-in-Sudan/!6042516 | |
| [8] /Es-rumort-im-Sahel/!6061633 | |
| [9] https://www.icrc.org/en/news-release/sudan-attacks-critical-civilian-infras… | |
| [10] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/01/sudan-un-human-rights-chie… | |
| [11] https://www.amnesty.org/en/latest/news/2025/02/civilian-activists-human-ri… | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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