# taz.de -- Privat finanzierter Wohnungsbau: Hamburg will die Baubranche wieder… | |
> Wohnungsbau soll um ein Drittel weniger kosten – durch niedrigere | |
> Standards und schlanke Verfahren. Was bei Mieter:innen ankommt, bleibt | |
> fraglich. | |
Bild: Fußbodenheizung schön und gut – aber im Flur wird's auch ohne warm ge… | |
Hamburg taz | Hamburg will die Baukosten deutlich drücken, damit [1][der | |
eingebrochene Wohnungsbau] wieder in Schwung kommt. Um das zu erreichen, | |
sollen einerseits Baustandards abgesenkt und Planungsprozesse optimiert | |
werden, andererseits wollen sich die Behörden zu einer zügigeren | |
Bearbeitung von Bauanträgen verpflichten. | |
Der privat finanzierte Wohnungsbau ist im Stadtstaat im vergangenen Jahr | |
[2][fast zum Erliegen gekommen]. Der SPD-geführte Senat hatte das Ziel | |
ausgerufen, insgesamt jährlich 10.000 Wohnungen zu errichten, was auch in | |
mehreren Jahren gelang. 2022 waren es immerhin noch über 9.000. Doch 2023 | |
brach die Zahl [3][auf 6.000 Wohnungen ein]. | |
Als Grund hat die Stadt vor allem die Baukosten identifiziert. Die seien | |
seit 2020 sprunghaft gestiegen auf derzeit durchschnittlich 4.600 Euro pro | |
Quadratmeter Wohnfläche, sagte Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) bei | |
einer Pressekonferenz am Montag. Das bedeute eine Einstiegsmiete von nicht | |
unter 18 Euro. Ihr Ziel sei es deshalb, die Baukosten mindestens um ein | |
Drittel zu senken. Dazu hat sie die [4][„Initiative kostenreduzierendes | |
Bauen“] aus Wohnungsbau-Praktiker:innen, Behörden und | |
Wissenschaftler:innen ins Leben gerufen die nun ihre Ergebnisse | |
vorgestellt hat. | |
Der von ihnen entwickelte „Hamburg Standard“ ist ein Bündel von Maßnahmen, | |
in dessen Zentrum die Absenkung von baulichen und technischen Standards und | |
Anforderungen an Barrierefreiheit, Schall- und Brandschutz steht. | |
Vorformulierte Vertragsklauseln sollen sie rechtssicher machen. Beispiele | |
sind etwa die Trittschall-Isolierung auf Balkonen oder Fußbodenheizungen in | |
Fluren. Zusammen soll der Bereich 600 Euro Einsparung pro Quadratmeter | |
einbringen. | |
## Konflikt mit der SPD-Wahlkampfstrategie | |
Sogar bis zu 1.000 Euro Einsparpotenzial sollen in den Bereichen Planung | |
und Ausstattung zu heben sein. Die größten Posten sind hier der Verzicht | |
auf Tiefgaragen und Keller, auch bei der Fassadengestaltung und bei | |
Architektenwettbewerben soll noch Luft sein. Könnte also sein, dass diese | |
Einsparungen auch zu Lasten der ästhetischen Qualität und damit des | |
Stadtbildes gehen. | |
Hinzu kommt, dass die SPD im laufenden Bürgerschafts-Wahlkampf gerade | |
angekündigt hat, [5][Ausnahmen von der Stellplatzpflicht zurückzunehmen], | |
weil sie den Zorn der Autofahrer fürchtet. | |
Rund 400 Euro sollen optimierte Prozesse und schnellere Planungsverfahren | |
einsparen. Hier kommt die Stadt selbst ins Spiel: Die Bauämter sollen sich | |
verpflichten, bei Bauanträgen künftig die Antwortfrist von vier Wochen auch | |
tatsächlich einzuhalten – bislang eher die Ausnahme als die Regel, wie es | |
bei dem Pressegespräch hieß. Eine „Projektuhr“ soll anzeigen, wie viel | |
Kosten jeder verlorene Tag verursacht. | |
Komplexere Bauprojekte sollen künftig mit einer Antragskonferenz beginnen, | |
in der Behörden ihre Anforderungen schon vor Stellung des Bauantrags | |
formulieren können. Danach soll „niedrigschwellige digitale Kommunikation“ | |
mit dem Bauamt möglich sein. Auch die Dauer von Bebauungsplanverfahren will | |
Hamburg perspektivisch von derzeit etwa drei auf anderthalb Jahre | |
verkürzen. | |
## Der Markt soll zu niedrigeren Mieten führen | |
Insgesamt haben die Fachleute sogar mehr Sparpotenziale ausgemacht als von | |
der Senatorin gefordert: Um bis zu 2.000 Euro günstiger könnte der | |
Quadratmeter Wohnfläche gebaut werden, wenn alle Vorschläge umgesetzt | |
würden. Nach Peins Rechnung könnte das dazu führen, dass die Nettokaltmiete | |
nur noch zwölf Euro je Quadratmeter kosten müsste. | |
Noch ist das alles Theorie. Die Stadt Hamburg sieht sich als Pionier, weil | |
sie es zumindest versucht. Aber wie will sie sicherstellen, dass die | |
Unternehmen die Einsparungen an die künftigen Mieter:innen weitergeben | |
und nicht einfach mehr Gewinn einstreichen? „Da setzen wir auf das Gesetz | |
von Angebot und Nachfrage“, sagt Senatorin Pein. | |
Man wolle „durch erhöhte Branchenaktivität in eine ausgeglichene Marktlage | |
kommen“, springt ihr Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bei. Es müsse | |
so sein, dass man auch mal zu einer Wohnung „nein“ sagen könne, weil es | |
eine andere Option gebe. Erst dann sei es auch möglich, dass ältere | |
Menschen große Wohnungen frei machten und in kleinere umzögen, ohne dass es | |
für sie teurer würde. Tschentscher räumte allerdings ein: „Dafür brauchen | |
wir wahrscheinlich noch 100.000 Wohnungen.“ Also in etwa so viele, wie seit | |
Beginn der SPD-Wohnungsbauoffensive 2012 gebaut wurden. | |
10 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Wohnungsnot-in-Deutschland/!6064162 | |
[2] /Wohnungsnot-begegnen/!6042670 | |
[3] https://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Presseinformationen/SI24_… | |
[4] https://www.bezahlbarbauen.hamburg/ | |
[5] /Wahlkampf-um-Verkehrspolitik-in-Hamburg/!6064512 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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