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# taz.de -- Madrid setzt auf noch mehr Tourismus: Formel 1 statt ÖPNV
> 2026 soll der Große Preis von Spanien in der Hauptstadt stattfinden. Der
> Bürgermeister verspricht null Kosten, aber Jobs und Einnahmen. Geht das?
Bild: Unfälle, wie die Drehung eines Fahrzeugs im Rennen, kommen immer vor. Ma…
Madrid taz | Der Rennzirkus ist kaum noch aufzuhalten. Der Große Preis von
Spanien wird ab 2026 in der Hauptstadt Madrid ausgetragen. In der zweiten
Jahreshälfte sollen die Bauarbeiten für die Stadtrennstrecke der Formel 1
in der Nähe des Konferenzzentrums IFEMA anlaufen. Die Pläne für sein
jüngstes Lieblingsprojekt hat Bürgermeister José Luis Martínez-Almeida von
der konservativen Partido Popular (PP) jetzt auch dem großen Publikum
vorgestellt.
Der Rahmen – die große Tourismusmesse FITUR – war bedacht gewählt. Stadt-
und Regionalverwaltung geht es um [1][Anziehungspunkte für den
Fremdenverkehr.] 11,2 Millionen Besucher kamen im vergangenen Jahr, und
dabei soll es mindestens bleiben. Aber dazu müssen die 91.500 Hotelbetten
und 21.200 Ferienunterkünfte – von denen viele ohne Lizenz vermietet werden
– zu jeder Saison gefüllt sein.
2026 bis 2035 soll nun die Formel 1 einen zusätzlichen Anreiz schaffen.
„Jede Stadt weltweit hätte gerne die Formel 1“, erklärt Almudena Maíllo,
Tourismusbeauftragte im Bürgermeisteramt. Dass Madrid sie bekommen soll,
sei eine gute Nachricht „wegen der Einnahmen, die dadurch generiert werden,
und wegen der Auswirkungen, die der Bau der Rennstrecke auf unsere
Wirtschaft hat“.
Zur ersten Präsentation vor mehr als einem Jahr hatte das
Beratungsunternehmen Deloitte eine Vorstudie erstellt. Danach könnte die
Rennstrecke der Stadt jährliche Einnahmen von über 450 Millionen Euro und
8.200 Arbeitsplätze bringen. Und das alles gebe es kostenseitig zum
Nulltarif, beteuern Bürgermeister Almeida und seine Parteifreundin und
Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso. Die Formel 1 werde vollständig ohne
öffentliche Gelder auskommen. Sponsoren für so ein Event gebe es genug.
## Laut wie ein startendes Flugzeug
Die Strecke verläuft über 5,5 Kilometer mit 20 Kurven durch das
Messegelände und anlegende Gebiete. 110.000 Zuschauer sollen Platz finden,
die Rennwagen alle eineinhalb Minuten an ihnen vorbeirauschen.
Nicht alle teilen die Begeisterung. Die Nachbarschaftsvereine der
anliegenden Stadtteile haben Widerspruch gegen das Bauvorhaben eingelegt.
„Die Rennwagen der Formel 1 erzeugen im Durchschnitt zwischen 110 und 130
Dezibel (db), einige Modelle erreichen 150 db“, heißt es darin. [2][Das ist
so laut wie eine startende Linienmaschine]. Einige Häuser stehen gerade mal
34 Meter von der Rennstrecke entfernt.
Aber nicht nur der Lärm bereitet den Anwohnern Sorge. Sie befürchten auch,
dass ihre Alltagsmobilität eingeschränkt wird. Und das „nicht nur während
der Veranstaltung selbst und während des Trainings“ – auch der Auf- und
Abbau der Rennstrecke werde jedes Jahr wieder fünf Monate dauern. „Die
Stadtverwaltung hat im Mobilitätsplan für den Grand Prix nur die Besucher
berücksichtigt“, heißt es in der Beschwerde. Dagegen würden „die ansäss…
Bevölkerung und diejenigen, die täglich zur Arbeit in der Gegend fahren und
deren Möglichkeiten, sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen,
völlig außer Acht gelassen“. Zudem fehle dem Projekt ein
Sicherheitsprotokoll.
## Sponsoren? Wo laufen sie denn?
Und als sei das nicht genug, müssen auch noch rund 750 Stadtbäume für die
Strecke gefällt werden. „Dies ist eine wahre Gräueltat in Zeiten der
globalen Erwärmung und des Klimanotstands“, schreiben die
Nachbarschaftsvereine in ihrer Eingabe.
Je näher der Baubeginn rückt, um so klarer wird, dass das Versprechen auf
keinen Fall zu halten ist, dass die Veranstaltung nur Geld einbringen, aber
nichts kosten wird. Zumindest das Messekonsortium IFEMA muss für das
Großevent bezahlen. Allein drei neue Hallen sollen mindestens 47,5
Millionen Euro kosten, insgesamt wird das Konsortium mindestens 58
Millionen Euro aufbringen müssen. Und die avisierten Sponsoren? Für die
Rennstrecke selbst, die mit knapp 140 Millionen zu Buche schlagen wird, ist
noch kein einziger Investor in Sicht.
„Hinzu kommen die Kosten für Galas, Präsentation, die Nutzung öffentlicher
Räume, Transport, die Sicherheitsmaßnahmen – all das wird letztendlich
sowohl vom Stadtrat als auch von der Gemeinschaft Madrid bezahlt“, erklärt
Pablo Padilla, ein Abgeordneter und Sprecher der wichtigsten
Oppositionspartei im Regionalparlament, Más Madrid. Denn das
Konferenzzentrum IFEMA gehört mehrheitlich der Stadt und der Region Madrid.
„Die Mehrkosten werden schneller rennen als die Autos“, prognostiziert der
linksalternative Politiker. Irgendjemand muss das zahlen: Während die
Formel 1 nach Madrid kommt, strich die Regionalverwaltung in den letzten
zehn Jahren 100 Millionen Euro der [3][Förderung des Breitensports]. Madrid
gibt dafür nun jährlich nur 6 Euro pro Kopf aus, andere spanische Regionen
stellen bis zum Zehnfachen zur Verfügung.
Die Madrider Opposition verweist gerne auf [4][Valencia. Die
Mittelmeerstadt trug den Grand Prix 2008 bis 2012 aus]. Auch hier sollte es
ohne öffentliche Gelder gehen. Am Ende landeten konservative Politiker
wegen Korruption vor Gericht, die Steuerzahler blieben auf über 300
Millionen Euro Schulden sitzen.
Ob Anwohner oder Opposition, Bürgermeister Almeida möchte von der Kritik
nichts hören und nichts wissen. „Ich bitte die Opposition, einfach loyal
mit einem der großen Projekte der Stadt Madrid zu sein“ und „nicht zu
versuchen, Zweifel zu säen“, erklärte er vor Journalisten und machte
deutlich: „Ob es ihnen gefällt oder nicht, ob es ihnen etwas ausmacht oder
nicht, es wird 2026 einen Formel-1-Grand-Prix geben.“
31 Jan 2025
## LINKS
[1] /Uebertourismus-in-Spanien/!6042728
[2] https://www.xn--fluglrm-portal-9hb.de/gastbeitraege/belastung-oder-belastig…
[3] /Frauenfussball-in-Katar/!5900485
[4] /!6017572&s=formel+1+spanien&SuchRahmen=Print/
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Mobilität
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Spanien
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Schwerpunkt Klimawandel
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