| # taz.de -- Zurückgetretener Premier in Serbien: Wo ist die Alternative? | |
| > Machthaber Aleksandar Vučić lässt seinen Premier fallen, um von sich | |
| > selbst abzulenken. Das Problem im Land ist die zersplitterte Opposition. | |
| Bild: Präsident Aleksandar Vučić (l.) küsst Miloš Vučević nach der Verei… | |
| Berlin taz | Nach [1][drei Monaten Protesten von Studierenden] ist der | |
| serbische Ministerpräsident Miloš Vučević zurückgetreten. Dem war eine | |
| 24-stündige Verkehrsblockade in Belgrad vorangegangen, der sich | |
| Zehntausende angeschlossen hatten, darunter auch Landwirte. Es ist die | |
| größte Protestbewegung in Serbien seit dem Sturz des Milošević-Regimes. | |
| Der Protest geht auf den Einsturz des Bahnhofsvordachs in Novi Sad im | |
| vergangenen November zurück. Besonders brisant: Der Bahnhof war frisch | |
| renoviert; die neue Schnellstrecke hatte der omnipräsente Präsident | |
| Aleksandar Vučić in seinem Wahlkampf herausgestellt. Die Regierung | |
| behauptete, das Vordach sei nicht Teil der Bauarbeiten gewesen, was sich | |
| als Lüge herausstellte. Der Verdacht: 15 Menschen sind tot, weil sich ein | |
| korruptes Regime Geld in die eigenen Taschen statt in den Bau steckte. | |
| Laut Umfragen unterstützen 61 Prozent der Bevölkerung die | |
| Studierendenproteste. Selbst Nationalheld Novak Đoković – sonst nicht als | |
| Regierungsgegner bekannt – erklärte seine Unterstützung. Auch von rechts | |
| und vom Land gibt es schon länger Unmut gegen Vučić [2][wegen des geplanten | |
| Lithiumabbaus im serbischen Jadartal]. | |
| Die seit Jahren andauernden Proteste von Progressiven konnte Vučić | |
| aussitzen, weil sie in der Minderheit sind. Wenn die Kritik aber von links | |
| und rechts – von Đoković und den Bauern – kommt, dann wird es eng. Nun hat | |
| er seinen Ministerpräsidenten geopfert und einen Regierungsumbau | |
| angekündigt, um dem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen. | |
| Die Studierenden machen sich derweil mit keiner der zahlreichen kleinen | |
| Oppositionsparteien gemein – aktuell ist das eine Stärke. Es ist aber auch | |
| eine Schwäche, weil keine Alternative zum System Vučić erkennbar ist. Der | |
| Staat wurde in den vergangenen 12 Jahren von der Regierungspartei gekapert, | |
| die Opposition unterdrückt und marginalisiert. Aleksandar Vučić wird jetzt | |
| wohl versuchen, einen neuen Befehlsempfänger zu installieren und so | |
| weiterzumachen wie bisher. Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob er damit | |
| durchkommt angesichts des wachsenden Unmuts. | |
| 28 Jan 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Krsto Lazarević | |
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