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# taz.de -- Pressefreiheit in Serbien: Wenn die Regierung mithört und mitliest
> Lange war es ein offenes Geheimnis, nun bestätigen es Recherchen: Der
> serbische Geheimdienst BIA hört Aktivisten, Journalisten und Politiker
> gesetzwidrig ab.
Bild: Der serbische Staatspräsident Aleksandar Vučić in Brüssel, Belgien, a…
Belgrad taz | Wahlfälschung, gleichgeschaltete Medien, parteieigene
Schlägertrupps, gehorsame Staatsanwaltschaft, politischer Missbrauch von
Polizei und Geheimdiensten: Seit Jahren warnen serbische Aktivisten und
kritische Journalisten, dass Serbien, [1][das formal den Status eines
EU-Beitrittskandidaten hat], längst keine Demokratie sei, sondern eine
Autokratie, die in eine offene Diktatur abrutscht.
Es ist auch längst ein „offenes Geheimnis“, dass der serbische Geheimdienst
BIA Aktivisten, Journalisten und oppositionelle Politiker gesetzwidrig
abhört, auf Anweisung „von oben“. Unabhängige Medien berichteten, dass, w…
einst die Stasi in der DDR, die BIA in die Verteidigung des Regimes von
Kritikern eingespannt sei, die die regimetreue Boulevardpresse als
„Auslandssöldner“ brandmarkt.
Dass dem tatsächlich so ist, haben neulich Amnesty International und das
Balkan Investigative Reporting Network (BIRN) nachgewiesen. Nach einer
forensischen Analyse von Dutzenden Mobiltelefonen von „Staatsfeinden“
veröffentlichten sie Mitte Dezember 2024 [2][den Bericht „Digitales
Gefängnis: Überwachung und Unterdrückung der Zivilgesellschaft in
Serbien“].
„Die serbischen Behörden setzen Überwachungstechnologie und digitale
Repressionstaktiken als Instrumente einer umfassenden staatlichen Kontrolle
und Repression gegen die Zivilgesellschaft ein“, sagt dazu Charlotte Deiss,
Juristin und Forschungsbeauftragte für Meinungsäußerungsfreiheit bei
Amnesty International Österreich. „Der Bericht macht deutlich, wie
hochinvasive Spyware das Recht auf Privatleben sowie die
Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit von jedem Einzelnen
gefährdet.“
## Der Geheimdienst gibt sich ahnungslos
In der Praxis funktioniert das so: Aktivisten werden unter irgendeinem
Vorwand zum „Informationsgespräch“ in eine Polizeistation abgeführt. Ihre
Mobiltelefone müssen sie abgeben, und während sie verhört werden,
entschlüsselt man die Apparate mit einer eigens von der BIA entwickelten
Software „NoviSpy“. Dann wird die israelische Spysoftware „Cellebrite“
installiert, die nicht nur Textnachrichten und Kontakte, sondern auch
private Fotos einsammelt. Ganze Familien wurden so ausspioniert, Kameras
und Mikrofone der Mobilgeräte ferngeschaltet, schreibt das BIRN.
„In einem Land, in dem Bürgerproteste immer massiver werden und die
Unzufriedenheit mit dem Regime immer lauter artikuliert wird, stellt diese
Praxis einen direkten Angriff auf grundlegende Bürgerfreiheiten dar,
einbegriffen das Recht auf friedliche Demonstrationen und
Meinungsfreiheit“, gab das Belgrader Zentrum für Sicherheitspolitik (BCBP)
bekannt.
Der serbische Geheimdienst wehrte das alles als ein „Hirngespinst“ ab, als
einen „weiteren Beweis“, dass Amnesty im „Interesse verschiedener Agentur…
und Gruppen“ arbeite, die Druck auf Serbien ausüben wollten. Auch das
serbische Innenministerium dementierte, irgendetwas mit illegaler Spionage
zu tun zu haben.
Die Interpretation [3][des allmächtigen serbischen Staatspräsidenten
Aleksandar Vučić], der sich fast täglich übers Fernsehen an sein Volk
wendet: Alles gelogen, denn antiserbische ausländische Geheimdienste
wollten ihn über einheimische Verräter aus dem Weg räumen, weil er Serbien
stark gemacht habe und ihnen das starke Serbien ein Dorn im Auge sei.
7 Jan 2025
## LINKS
[1] /Bekenntnisse-zur-EU-auf-dem-Balkangipfel/!5896730
[2] https://www.amnesty.org/en/documents/eur70/8813/2024/en/
[3] /Studierendenproteste-in-Serbien/!6059002
## AUTOREN
Andrej Ivanji
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Serbien
Spionage
Cyberkriminalität
Abhöraktion
Social-Auswahl
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Kolumne Geraschel
Belarus
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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