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# taz.de -- Roman „Von Norden her rollt ein Donner“: Grauer Gast auf braune…
> Ein Buch über den Wolf (aber nicht nur): Markus Thielemann liest im
> Norden aus seinem Heide-Roman „Von Norden her rollt ein Donner“.
Bild: Hinter Zäunen kein Problem: Ein Wolf läuft im Wildpark Lüneburger Heid…
„Sein Name ist Jannes Kohlmeyer, er ist neunzehn Jahre alt. Das Krachen der
Panzermunition, die tagsüber auf dem Fabrikgelände des Waffenherstellers
Rheinmetall getestet wird, nimmt er kaum wahr. Es gehört für ihn zur Arbeit
wie das Zischen des Windes und das Blöken des Viehs. Er hat andere Sorgen.“
Was mancher Verlag auf den Buchrücken drucken lassen würde, hier ist’s, auf
Seite 10, eine Art nachgereichte Einführung: Alles Wesentliche, könnte man
sagen, das [1][Markus Thielemanns Roman „Von Norden rollt ein Donner“]
ausmacht, in einen Absatz komprimiert.
Gut – dass dieser Jannes, aus dessen Perspektive das Buch erzählt ist,
[2][Schafe] hütet, das ist noch hilfreich. Aber wenn die Leserin diese
Passage erreicht hat, weiß sie das längst. Auch der Wolf hatte da schon
seinen Auftritt. Er ist nicht der einzige Grund zur Sorge.
Der Hinweis auf den Rüstungskonzern macht klarer, worauf der Titel
anspielt: Der heranrollende Donner ist kein Naturereignis. Er kündet davon,
dass die Menschenleere der südlichen Lüneburger Heide schon so lange eine
Rolle als Truppenübungsplatz und Munitions-Testgelände beschert.
Dieser selten besungene Umstand bildet nicht weniger als die abgedroschene
Heideromantik den Hintergrund für die vor etwa zehn Jahren angesetzte
Handlung des Romans. Und, eben, der grau bepelzte Nachrichtenstifter
unserer Tage. Über den ist der studierte Geograf Thielemann,
Wahl-Hannoveraner, zu seinem Schauplatz gekommen: „Ich wollte ein Buch über
den Wolf schreiben“, sagt er.
Und so eines ist ja auch herausgekommen – aber zum Glück noch viel mehr:
ein ressentimentfreier Heimatroman, trotz aller Hinweise aufs alte und
[3][ganz neue Nazitum]. Eine Mehr-Generationen-Familiengeschichte. Und eine
erfreulich wenig quasi-ethnografisch fremdelnde Befassung mit dem Leben
abseits großer Städte, nicht zu verwechseln mit einem in der Natur: Wenn
die Heide eines nicht ist, das lernt, wer dieses Buch liest, dann etwas
frei von menschlichem Eingriff einfach so Gewordenes. Nee, sie ist, sie
wird gemacht.
Er streife so manches, führe zu wenig aber auch aus, das ist dem viel
beachteten Buch, auf die [4][Longlist des Buchpreises 2024] gelangt,
attestiert worden. Und, dass Thielemanns mitunter ausführliche
Beschreibungen der Spannung abträglich seien – was seine nur so lala
idyllische Heide plötzlich beinahe am Meer gelegen scheinen lässt, an dem
eines Herman Melville nämlich: Dass er die Romanform sprenge durch allerlei
Exkurse, das wurde ja schon an „Moby Dick“ bekrittelt, heute ein
gewichtiger Brocken Prosa-Kanon.
Jannes Kohlmeyer ist dabei kein niedersächsischer Kapitän Ahab, und „Von
Norden rollt ein Donner“ auch kein „Moby Dick“ mit Schafen. Aber ein im
guten Sinne zur Rückkehr einladendes Buch, zur Wiederbeschäftigung, eines,
das nachwirken kann und dabei erst mal gar nicht so daher kommt.
21 Jan 2025
## LINKS
[1] /Roman-ueber-Leben-auf-dem-Dorf/!6040794
[2] /!s=schafe/
[3] /Mit-Kreuzen-gegen-voelkische-Siedler/!6055544
[4] /Longlist-fuer-den-Deutschen-Buchpreis/!6031571
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Wölfe
Niedersachsen
Literatur
Lüneburger Heide
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Roman
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Niedersachsen
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