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# taz.de -- Vorwürfe gegen den Grünen Gelbhaar: Alles eine Frage der Gewichtu…
> Nach Belästigungsvorwürfen ersetzen die Grünen in Pankow Stefan Gelbhaar
> als Kandidaten. Damit stellen sie den Erfolg bei der Bundestagswahl über
> die Unschuldsvermutung.
Bild: Der Pankower Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar ist bei der Bundestags…
Es ist jene Situation, in die man nie kommen mag als Vorsitzender oder
Chefin. Zu meinen, jemanden fürs größere Ganze opfern zu müssen. Wie ein
Kommandeur, der die Nachhut zurücklässt, um zumindest den Großteil seiner
Truppen retten zu können.
Ungefähr so glaubte offenbar die Grünen-Führung in Pankow handeln zu müssen
– unterstützt von Bundes- und Landesvorsitzenden – als sie in dieser Woche
nochmals darüber abstimmen ließ, wer im dortigen Bundestags-Wahlkreis für
die Grünen antreten soll. Zu hoch war ihnen merklich das Risiko, dass sich
Belästigungsvorwürfe gegen Stefan Gelbhaar bewahrheiten könnten.
Der vertritt die Grünen seit 2017 im Bundesparlament. Ihn hatten die
Pankower Grünen bereits Mitte November mit über 98 Prozent Zustimmung für
die Bundestagswahl am 23. Februar nominiert.
Es ist eine sehr nüchterne Kalkulation: Was ist einem wichtiger? Der
Einzelne und die im deutschen Rechtssystem geltende Unschuldsvermutung?
Denn bislang ist kein Vorwurf gegen Gelbhaar bewiesen, ist keine Anzeige
bei der Staatsanwaltschaft gegen ihn bekannt und auch [1][die parteiinterne
Ombudsstelle hat] keinen Bericht vorgelegt. Gelbhaar selbst bezeichnet ihm
bekannte Vorwürfe [2][auf seiner Internetseite] als „gelogen“.
Oder ist es im Sinne grüner Politik und von über 2000 Mitgliedern im
Pankower Kreisverband wichtiger, das Direktmandat zu sichern, das
bundesweit einzige der Grünen im Osten? Mit Gelbhaar, der es 2021 erstmals
gewonnen hat, so offenbar die Kalkulation, hätte das schwierig werden
können, auch wenn die Vorwürfe bisher unbewiesen sind.
Mitglieder hatten angeblich angekündigt, in dem Fall nicht beim Wahlkampf
mithelfen zu wollen. Bisherige Wähler hätten sich auch von unbewiesenen
Vorwürfen von einer Stimme für die Grünen abhalten lassen können.
## Sorge um das Direktmandat
Nicht ausgeschlossen ist, dass Gelbhaar trotzdem gewonnen hätte: Nach der
Teilwiederholung der Bundestagswahl von 2021 im vergangenen Jahr lag er
acht Prozentpunkte vorne. Die Zweitplatzierte, eine CDU-Stadträtin und
Vize-Bürgermeisterin, tritt nicht erneut an, die neue CDU-Bewerberin ist
kaum bekannt. Nach der Wahl hätte es bei einem Sieg passieren können, dass
sich die Vorwürfe bestätigen und Gelbhaar zurückgetreten wäre.
In der Zahl hätten die Berliner Grünen dabei keinen Bundestagssitz
verloren. Denn wie viele davon eine Partei besetzen kann, bestimmt allein
ihr Zweitstimmenergebnis. Über die Landesliste der Partei wäre deshalb
jemand nachgerückt. In Pankow allerdings hätte es zur Folge haben können,
dass sich Wähler enttäuscht von den Grünen abwenden. Ob das bis zur
nächsten Wahl zu reparieren gewesen wäre, gerade mit Blick auf die
Abgeordnetenhauswahl 2026, ist offen.
Ist es also vor diesem Hintergrund gerechtfertigt, die Unschuldsvermutung
hinten anzustellen? Erst die Parteiführung auf Kreis-, Landes- und
Bundesebene und dann bei einer Abstimmung am Mittwochabend eine Mehrheit
von 269 zu 127 Mitgliedern des Pankower Kreisverbands sah das so. Diese
Mehrheit [3][ersetzte Gelbhaar durch die bisherige Landesparlamentarierin
Julia Schneider]. Abzuwarten bleibt, wie die Wählerschaft am 23. Februar
darauf reagiert.
Sehr hilfreich wäre es gewesen, wenn die bei der
Grünen-Bundesgeschäftsstelle angesiedelte Ombudsstelle schon Antworten
hätte geben können. Gelbhaars Pankower Parteikollege Andreas Otto,
langjähriger und renommierter Landesparlamentarier, hätte sich das schon
vor dem jüngsten Landesparteitag Mitte Dezember gewünscht, [4][bei dem
Gelbhaar kurz vor Beginn seine Bewerbung für die Landesliste zurückzog.]
„Gut wäre es gewesen, wenn die Ombudsstelle bis 10.59 Uhr (also vor
Parteitagsbeginn und folgendem Listenbeschluss) schon Ergebnisse hätte
vorlegen können“, sagte Otto damals der taz.
Gelbhaar hat Anzeige gestellt
Das wäre ambitioniert gewesen, weil die Vorwürfe diese Stelle erst wenige
Tage zuvor erreicht haben sollen. Bis zum Kandidatenaustausch in Pankow am
vergangenen Mittwochabend aber waren knapp vier Wochen Zeit. Eine
Rückmeldung durch die Ombudsstelle aber wurde bislang nicht bekannt.
Überlastung? Feiertage? Der Grund ist offen.
Eine Klärung aber muss her. Wenn die Ombudsstelle sich dazu nicht in der
Lage sieht, muss es eben eine Sache für die Staatsanwaltschaft werden. Dort
hat Gelbhaar nach eigenen Angaben selbst [5][Anzeige gegen Unbekannt wegen
Verleumdung] gestellt.
Wenn sich die Vorwürfe gegen ihn erhärten, können sich all jene bestätigt
fühlen, die in dieser Woche das Wohl ihrer Partei über die
Unschuldsvermutung gestellt haben. Wenn aber nicht, dann haben die Grünen
Stefan Gelbhaar gegenüber einiges wiedergutzumachen.
10 Jan 2025
## LINKS
[1] https://www.gruene.de/parteistruktur-und-gremien
[2] https://www.stefan-gelbhaar.de/post/zu-den-kursierenden-meldungen-und-vorw%…
[3] https://gruene-pankow.de/2025/01/08/zur-nominierung-von-julia-schneider-als…
[4] /Bundestagswahlkampf-der-Berliner-Gruenen/!6056356
[5] https://www.businessinsider.de/politik/deutschland/schweren-vorwuerfen-grue…
## AUTOREN
Stefan Alberti
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