| # taz.de -- Weltwirtschaftsforum in der Schweiz: „Davos sollte nicht mehr sta… | |
| > NGOs wollen das Weltwirtschaftsforum in Davos abschaffen, weil es die | |
| > Umverteilung von Reichtum verhindert. Oxfam fordert Abgaben für | |
| > Superreiche. | |
| Bild: Demonstrant:innen in Davos fordern Abgaben und eine stärkere Besteuerung… | |
| Davos taz | Dieser Protest ist kein Spaziergang. Über 800 Meter | |
| Höhenunterschied kraxeln einige hundert Leute durch verschneite Wälder, um | |
| am Sonntag [1][das Schweizer Bergstädtchen Davos] zu erreichen. Auf ihrer | |
| Kundgebung kritisieren sie dort das Weltwirtschaftsforum (WEF), das am | |
| Montag beginnt: „Gewinne werden nicht investiert, um Arbeitsplätze oder | |
| Infrastruktur zu fördern, sondern um Dividenden zu zahlen oder Aktien | |
| zurückzukaufen.“ | |
| Das [2][Weltwirtschaftsforum] mit Sitz in Genf ist eine Lobbyorganisation | |
| der größten weltweit agierenden Unternehmen. Es versteht sich als Runder | |
| Tisch zwischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft und organisiert | |
| jedes Jahr im Januar den gleichnamigen Kongress in Davos. Bundeskanzler | |
| Olaf Scholz (SPD) hält dort am Dienstag eine Rede, US-Präsident Donald | |
| Trump am Donnerstag. | |
| Die Kritiker:innen haben sich vor Schweizer Gerichten das Recht | |
| erstritten, gut sichtbar auf großen Straßen nach Davos zu demonstrieren. In | |
| den vergangenen Jahren hatten die Behörden den Protest auf abgelegene Wege | |
| verbannt. An der Wanderung nahmen auch Leute aus Deutschland teil, zum | |
| Beispiel von der [3][Entwicklungsorganisation Weed aus Bonn, die „die | |
| Abschaffung des Weltwirtschaftsforums“] fordert, da es die Umverteilung von | |
| Reichtum und „echten Klimaschutz“ verhindere. | |
| Aus Anlass des WEF sind mehrere aktuelle Studien erschienen. „Demokratie | |
| ist mit der Macht von Superreichen nicht vereinbar“, heißt es im Bericht | |
| „Weltwirtschaftsforum: Macht und Einfluss der Techmilliardäre“, unter | |
| anderem der Organisation LobbyControl. Die Verfasser:innen stellen dar, | |
| dass einige der wertvollsten Unternehmen der Welt – etwa Alphabet (Google), | |
| Apple, Amazon, Meta und Microsoft – sogenannte Partner des WEF sind, die | |
| den Kurs dieser Organisation mitbestimmen und sie für politische | |
| Initiativen nutzen. Nicht nur die Firmen übten damit großen Einfluss aus, | |
| sondern auch die Superreichen, denen sie gehören – Mark Zuckerberg | |
| (Meta-Facebook), Bill Gates (Microsoft), Jeff Bezos (Amazon) und weitere. | |
| ## Ökonomische Macht wird zu undemokratischer Politik | |
| Gleichzeitig gäben allein die genannten fünf Konzerne fast 100 Millionen | |
| Euro jährlich für politische Lobbyarbeit in Washington und Brüssel aus. Die | |
| Organisation legt nahe, dass die Unternehmen damit ihre jeweilige | |
| marktbeherrschende Stellung und die entsprechenden Profite absichern sowie | |
| Konkurrenten klein halten und den Wettbewerb behindern. Am Beispiel Elon | |
| Musk (Tesla, SpaceX), der kein WEF-Partner ist, lässt sich LobbyControl | |
| zufolge außerdem beobachten, wie sich große ökonomische Macht in | |
| undemokratische Politik übersetze. Musk unterstützt hart rechte Parteien | |
| unter anderem in Großbritannien und Deutschland. | |
| Um den Einfluss der Superreichen und ihrer Unternehmen einzudämmen, fordern | |
| die Kritiker die Europäische Kommission auf, ihre Möglichkeiten zu nutzen | |
| und etwa Google zu „zerschlagen“. Eine weitere Möglichkeit bestehe darin, | |
| in Deutschland eine niedrige Begrenzung von Parteispenden durch Unternehmen | |
| einzuführen. Und schließlich schreibt LobbyControl: „Das WEF sollte in | |
| seiner jetzigen Form nicht mehr stattfinden.“ | |
| Währenddessen bearbeitet die Entwicklungsorganisation Oxfam Fragen von | |
| Gerechtigkeit und Verteilung. Sie beklagt, dass 2024 jede Woche | |
| durchschnittlich vier neue Milliardäre weltweit hinzugekommen seien – was | |
| die Konzentration von Reichtum in den Händen weniger zeige. Weltweit | |
| besäßen mittlerweile rund 2.800 Personen Milliardenvermögen, davon 130 in | |
| Deutschland. Das reichste eine Prozent der Bevölkerung hält hierzulande | |
| mehr als ein Drittel aller privaten Vermögen, wie das Deutsche Institut für | |
| Wirtschaftsforschung schon vor Jahren mitteilte. | |
| ## Abgaben für Superreiche | |
| Demgegenüber ist die Zahl der extrem armen Menschen, die weltweit Hunger | |
| leiden, im vergangenen Jahr nach Oxfam-Angaben auf 733 Millionen gestiegen. | |
| „Der Vermögenszuwachs der Superreichen ist grenzenlos, während es bei der | |
| Bekämpfung der Armut kaum Fortschritte gibt und Deutschland die | |
| Unterstützung einkommensschwacher Länder sogar kürzt“, sagte Serap | |
| Altinisik, die Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland. | |
| Zur Abhilfe fordert Oxfam, auf internationaler und nationaler Ebene neue | |
| Abgaben für sehr reiche Privatleute einzuführen. „Das Vermögen von | |
| Milliardär:innen und Multimillionär:innen sollte mit zwei | |
| Prozent besteuert werden.“ Eine entsprechende Diskussion läuft bei den | |
| Vereinten Nationen, angeregt durch die Regierung Brasiliens. In Deutschland | |
| wird seit Jahren über die Wiedereinführung der Vermögensteuer und höhere | |
| Abgaben auf große Erbschaften geredet, ohne dass es jedoch zu praktischen | |
| Ergebnissen kommt. Vor allem die Union und die FDP lehnen solche Reformen | |
| ab. | |
| 20 Jan 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Davos/!t5022556 | |
| [2] /Index-des-Weltwirtschaftsforums/!6060837 | |
| [3] https://weed-online.org/de/news-details/weltwirtschaftsforum-treiber-ungere… | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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