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# taz.de -- Waffenstillstand im Gazastreifen: Verhärtete Fronten
> Das seit 15 Monaten andauernde Blutvergießen kommt zum Ende. Vorerst.
> Nicht vorbei sind Trauer und Hass im Gazastreifen und in Israel.
Bild: Suppenküche in Chan Yunis, Gaza, 17. Januar
Ausgerechnet Donald Trump macht möglich, woran die internationale
Diplomatie, allen voran sein Vorgänger Joe Biden, scheiterte. Endlich gibt
Benjamin Netanjahu nach. Weder Bidens gutes Zureden noch der Internationale
Gerichtshof und der Haftbefehl gegen den israelischen Regierungschef, noch
die Massendemonstrationen in Tel Aviv konnten ihn umstimmen. Der
US-amerikanische Rechtspopulist ist es, der – sehr zum Ärger der
israelischen Rechten – die Waffen im Gazastreifen zum Schweigen bringt.
Thank you, Mr President (in spe). Trump führt uns in diesen Tagen einmal
mehr vor, dass die Welt nicht schwarz-weiß ist. Der Mann, der Kanada
eingemeinden will, Grönland kaufen, Öl fördern, was das Zeug hält, ein
Frauenfeind, Lügner und Volksverhetzer, macht den Massenmorden und der
Zerstörung im Gazastreifen ein Ende. Trump ist der Boss – nicht nur in den
USA.
Seit Mai liegt das Abkommen, das aus der Feder Bidens stammt, auf dem
Tisch. Wie von Zauberhand sind sich die Konfliktparteien nun einig darüber
geworden. Wie viel Blutvergießen hätte verhindert werden können. Wie viele
Menschen sind sinnlos gestorben, wie viel Zerstörung war völlig umsonst.
Israels rechtsextremer Minister für nationale Sicherheit, [1][Itamar
Ben-Gvir], signalisierte, Netanjahu mit seiner Rücktrittsdrohung von einer
Unterzeichnung abgehalten zu haben.
Bestätigt sich der Verdacht, dass Netanjahu den Krieg in die Länge zog, um
seine Koalition zu retten, um an der Regierung zu bleiben und so einer
möglichen Verurteilung und Haftstrafe zu entgehen, dann hat dieser Mann
ganz sicher einen Prozess in Den Haag verdient.
## Hängepartie für die noch Verschleppten
Geht der Albtraum mit dem vorläufig letzten Akt des Kriegs im Gazastreifen
dem Ende zu? Die Befreiung der zunächst 33 Geiseln ist ohne Zweifel Grund
zum Feiern. Und das Ende der Kampfhandlungen im Gazastreifen ebenso. Für
die noch in den Händen ihrer Peiniger verbliebenen Verschleppten allerdings
dürften die kommenden Wochen zu einer schrecklichen Hängepartie werden.
Für die, die endlich auf freiem Fuß sind, beginnt ein langer Weg ihrer
körperlichen und seelischen Gesundung, sollte das überhaupt möglich sein.
Und im Gazastreifen? Von fast 47.000 [2][Todesopfern] ist dort die Rede und
vielen Verwundeten mehr. Kaum eine Palästinenserin, die keinen geliebten
Menschen verloren hat. Kaum ein Haus, das noch steht. Was für eine
erschütternde Bilanz.
Ein Ziel hat die Hamas erreicht: Nie waren die Fronten verhärteter. Es wäre
naiv zu glauben, dass die [3][Hunderttausenden Israelis], die für ein Ende
der Kampfhandlungen demonstrierten, jetzt die Zweistaatenlösung
vorantreiben würden. Die Hamas und ihre Verbündeten haben Israel nur zu
deutlich vor Augen geführt, zu welchen Gräueltaten sie fähig sind. Ein Nein
zu Netanjahu ist noch lange kein Ja zum Frieden.
Auch für die [4][Rückkehr palästinensischer Häftlinge], die aus
israelischen Gefängnissen freikommen, wird sich die Hamas feiern lassen.
Israel muss einen hohen Preis für die Befreiung jeder einzelnen Geisel
zahlen. Auf der Liste derer, die aus der Haft entlassen werden sollen,
stehen auch die Namen berüchtigter Mörder.
## Die PA will zurück nach Gaza
Allerdings ist die Hamas nicht nur infolge des Kriegsgeschehens im
Gazastreifen militärisch extrem geschwächt, sondern vor allem mit Blick
auf die Verbündeten und die Entwicklungen auf internationaler Bühne. Der
Wahlsieg Trumps war für die palästinensischen Extremisten keine gute
Botschaft. Auf [5][die Hisbollah] brauchen sie auf absehbare Zeit nicht
mehr zu setzen, und auch die Freunde in Teheran haben aktuell andere
Probleme.
So ist es vermutlich kein Zufall, dass auf der Liste der Häftlinge für den
Geiseldeal auch der Name Marwan Barghuthi steht. Der „palästinensische
Nelson Mandela“ ist seit Jahren der populärste Politiker Palästinas und:
Fatah-Mann. Die Hamas setzt damit möglicherweise auf neue Verbündete –
diesmal im eigenen Volk. Ohne Zweifel wird Barghuthis Entlassung aus der
Haft die palästinensische Innenpolitik ordentlich durcheinanderwirbeln.
Die Tage von Mahmud Abbas als Präsident dürften gezählt sein, sollte
Barghuthi nach Ramallah zurückkehren dürfen und nicht ins Ausland
abgeschoben werden, was auch noch eine Option ist. Anders als in der
Vergangenheit zeigt sich die Palästinensische Autonomiebehörde (PA)
neuerdings nur zu willig, die Kontrolle über den Gazastreifen zu
übernehmen. Keine andere Regierung neben der PA!, so fordert es
Premierminister [6][Mohammad Mustafa].
Über Jahre wiesen Autonomiebehörde und Fatah die Idee zurück, sich die
Kontrolle über den Gazastreifen zurückzuholen, sobald Israels Armee dort
die Hamas aus dem Weg geräumt hätte. Viel wird auch in der Zukunft von
Trump abhängen, der sein altes Vorhaben, die [7][Beziehungen zwischen
Jerusalem und Riad] zu normalisieren, weiterführen will. Ohne eine Lösung
für die PalästinenserInnen wird Saudi-Arabien wohl kaum mit ihm
kooperieren.
17 Jan 2025
## LINKS
[1] https://www.ynetnews.com/article/hjbma0uvjl
[2] /Israelische-Angriffe-im-Gazastreifen/!6060625
[3] /Proteste-von-Geiselangehoerigen-in-Israel/!6032314
[4] /Palaestinensische-Haeftlinge/!5975573
[5] /Neuer-Regierungschef-im-Libanon/!6062433
[6] https://www.reuters.com/world/middle-east/palestinian-authority-must-run-ga…
[7] /Golfstaaten-und-Israel/!5714540
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
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