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# taz.de -- Fake-Shops im Internet: Geklaute Daten statt gelieferter Ware
> Das kriminelle Netzwerk BogusBazaar betreibt immer noch Tausende
> Fake-Shops. Kreditkarteninformationen der Käufer*innen werden teils
> weiterverkauft.
Bild: Vor Betrug im Internet ist niemand sicher
„Wer wurde schon mal im Internet betrogen?“, fragt Journalist Kai Biermann.
Erschreckend viele Hände heben sich. Erschreckend, weil im Publikum beim
Kongress des Chaos Computer Clubs (CCC) in Hamburg, dem größten Treffen von
Hacker*innen weltweit, vor allem digitalaffine Menschen sitzen. Müssten
sie es nicht besser wissen, sich auskennen? Klar! Tun sie auch. Aber: Vor
Betrug im Internet ist eben niemand sicher. Das liegt an der
Industrialisierung von Fakeshops. Immer wieder betont Biermann genau das:
„Wenn euch so etwas passiert: Ihr seid nicht schuld!“ Schuld sei die
organisierte Kriminalität. Biermann schreibt für [1][Zeit online] und hat
gemeinsam mit Kolleg*innen von Le Monde und [2][Guardian] mit den Daten
gearbeitet, die ihnen der andere Mann auf der Bühne und sein Arbeitgeber
gegeben haben: Matthias Marx vom Sicherheitsdienstleister Security Research
Labs (SRLabs).
Schon im Mai deckten diese Medien und SRLabs auf: BogusBazaar betreibt
mutmaßlich aus China heraus Zehntausende [3][Fake-Shops]. 76.000 Shops
konnten sie damals finden, einige von ihnen schon wieder inaktiv und
verlassen, doch über 22.000 waren damals noch in Benutzung. Ende Dezember
waren noch immer etwa 9.500 erreichbar. Detailliert zeichnet Marx beim
Vortrag nach, wie er auf das Netz von Shops gestoßen ist, gibt praktisch
eine Anleitung, wie die Anwesenden in Zukunft selbst auf derlei Netze
aufmerksam werden können.
Er selbst hat sich den Code von mehreren unterschiedlichen Fake-Läden
angeschaut und festgestellt, welche Gemeinsamkeiten sie aufwiesen. Eine
Sicherheitslücke ermöglichte ihm Zugriff auf die Daten von 76.000 Domains
und auf die Infrastruktur hinter dem Betrug – inklusive Arbeitsverträgen,
Gehaltstabellen, Angaben über Boni für Führungskräfte. So viele
erfolgreiche Fake-Shops zu betreiben, ist wohl verdammt viel Arbeit.
Die Webshops müssen gepflegt werden, auch um besonders gut bei Google
abzuschneiden. Denn dort suchen Menschen, so Marx, häufig nach bestimmten
Kleidungsstücken von bestimmten Marken. Viele Konsument*innen wissen
bereits, welches Modell von Nike sie gerne an ihren Füßen hätten, welche
Jacke von Lacoste gerne um die Schultern. Bei der Bildersuche von Google
ist gleich ersichtlich, ob man wirklich zum richtigen Produkt gelangt, wenn
man klickt. Nur leider nicht, ob es auch wirklich ein richtiger Shop ist.
Man solle „bei absurd günstigen Preisen lieber vorsichtig sein“, [4][riet
die Verbraucherzentrale Brandenburg e.V. der taz im November], als
besonders viele Menschen auf gefakte Black-Friday-Schnäppchen reinfielen.
Das Problem, das Marx und Biermann schildern, ist jedoch: Die Rabatte, mit
denen die Fake-Shops werben, sind nicht mehr hanebüchen, sondern im Rahmen
vorstellbarer Aktionen. Hier mal 10 Prozent, da mal 20 Prozent. Nichts
besonders auffälliges. Vor allem, weil wir die neuen Sneaker fast schon an
den Füßen spüren.
## Informationen verkauft
Das ganze funktioniert so gut, dass im Mai 2024 geschätzt wurde, dass
bereits 800.000 Menschen auf Shops von BogusBazaar reingefallen sind,
überwiegend in den USA und in Europa. Sie teilten ihre Adressen,
Mail-Adressen, ihre Namen, Telefonnummern und über 476.000 von ihnen auch
ihre Kreditkarten-Informationen. Was sie nicht bekamen: die bestellte Ware.
Bei Betrügen dieser Art wird sie entweder gar nicht geliefert oder hat eine
sehr viel schlechtere Qualität. Dafür werden aber die
Kreditkarteninformationen teilweise weiterverkauft und genutzt, um Geld
abzubuchen – am Anfang häufig kleinere Summen im einstelligen Bereich, die
kaum auffallen.
Das Bestellvolumen durch BogusBazaar beläuft sich [5][laut SRLabs] auf 50
Millionen Dollar innerhalb der letzten drei Jahre. Wie viel Geld davon
tatsächlich überwiesen wurde, ist nicht nachvollziehbar.
Das Design der Shops ist gut kopiert. Die Adressen sind inzwischen häufig
nicht mehr direkt auffällig. Aber manche Tools helfen dabei herauszufinden,
welcher Seite man wirklich vertrauen kann, wie etwa den [6][Fakeshop-Finder
der Verbraucherzentrale]. An den haben Marx und Biermann ihre Daten zu
BogusBazaar auch gespendet. Auch Google wollten sie laut Marx die Daten
geben, gerne als ganzes Paket. Denn über deren Suche kommen ja viele
Menschen auf die Fakeshops. Allerdings konnte Marx dort nicht das ganze
Paket abliefern. Zehntausende Male eine Domain in ein Formular eintippen
und losschicken? Das war für ihn keine Option. Auf eine taz-Anfrage, warum
eine Abgabe von allen Domains gesammelt nicht möglich war, reagierte Google
bis Redaktionsschluss nicht. Dabei könnte der Konzern hier wirklich etwas
verändern.
2 Jan 2025
## LINKS
[1] https://www.zeit.de/2024/21/gefaelschte-online-shops-fake-shops-betrug-chin…
[2] https://www.theguardian.com/money/article/2024/may/08/chinese-network-behin…
[3] /Gefahren-beim-Onlineshopping/!5735236
[4] /Black-Friday/!6048680
[5] https://www.srlabs.de/blog-post/bogusbazaar
[6] https://www.verbraucherzentrale.de/fakeshopfinder-71560
## AUTOREN
Johannes Drosdowski
## TAGS
Fake
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