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# taz.de -- Die Wahrheit: Unsterblicher Gottkönig
> In seinem sagenumwobenen Palast in Florida plant der siegreiche Präsident
> Trump die Ausschweifungen zu seiner Amtseinführung.
Bild: Ist schon wieder Kalif geworden anstelle des Kalifen: Donald „Isnogud�…
Schon am goldenen Eingangstor zu den weitläufigen Palastgärten mit ihren
Golfplätzen und Raketenbasen werden wir von den Faktencheckern des
Präsidenten einer Leibesvisitation unterzogen. Die Männer mit den roten
MAGA-Kappen konfiszieren sämtliche Tatsachen und filzen sogar unseren
Realitätsbezug. Nicht einmal Halbwahrheiten sind im Refugium des gewählten
US-Präsidenten Donald Trump gestattet.
Der Palast von Mar-a-Lago in Florida ist Trumps autoritäres Shangri-La: ein
Ort, an dem alles möglich ist. Hier bereitet sich der größte US-Präsident
der größten USA aller Zeiten auf seine zweite Amtszeit vor, die zweifellos
noch großartiger ausfallen wird als die erste. Gewaltige Aufgaben liegen
vor dem stabilen Jahrhundertgenie: Die geplanten Feldzüge gegen Grönland,
Kanada und Narnia wollen durchgespielt und die Anklage für den Schauprozess
gegen Kamala Harris wegen Hexerei und Wokismus muss vorbereitet werden. In
seiner knappen Freizeit spielt Trump Golf mit den Köpfen seiner Feinde oder
wandelt nach dem Zufallsprinzip Haftstrafen in Todesurteile um.
## Größte Feier der Geschichte
Doch vor allem beschäftigt den frisch gekürten Präsidenten die Sause zu
seiner Amtseinführung am kommenden Montag. Im Gegensatz zu den Petitessen
der Weltpolitik genießt die Inaugurationsparty höchste Priorität: Nichts
weniger als die größte Feier der Menschheitsgeschichte will der bekennende
Megalomane ausrichten. Diesmal soll die Menge vor dem Kapitol in Washington
so groß sein, dass man sie von China, Russland und vom Weltraum aus sehen
kann. Rund elf Millionen lupenrein weiße Amerikaner sollen bereits als
Claqueure zwangsrekrutiert worden sein. Nun muss das konservative Stimmvieh
in langen Trecks aus der Prärie in die Hauptstadt getrieben werden.
Während die Männer als republikanische Wähler gebrandmarkt sein müssen,
reicht es für Zuschauerinnen, wenn sie vom Vizepräsidenten J. D. Vance als
„superhot“ eingestuft wurden. Die Transportlogistik könnte als Blaupause
für die Massenabschiebungen dienen, immerhin plant die
Trump-Administration, elf Millionen illegal Eingewanderte aus dem Land zu
treiben.
## Swift im Büßergewand
Die künstlerischen Darbietungen, die jeden Amtseid zu begleiten pflegen,
sollen Trumps Machtanspruch im Showgeschäft unterstreichen. Sang bei seiner
Amtseinführung 2017 nur der stinklangweilige Tabernacle Chor aus der
Mormonenhauptstadt Salt Lake City, wird diesmal Megastar Taylor Swift
auftreten. Ihr Bühnenoutfit wurde von First Lady Melania entworfen: Swift
wird wegen ihrer frevelhaften Unterstützung der Hexe Harris ein härenes
Büßergewand zum geschorenen Haupthaar tragen.
Ohnehin wird die gesamte Hollywood-Prominenz dem neuen Herrscher öffentlich
Ring, Gesäß oder die ebenfalls orange behaarten Füße küssen müssen.
Immerhin haben Trumps Schergen rund um die Celebrity-Metropole Los Angeles
eigens Buschbrände gelegt, um alle Stars in ihren kalifornischen Verstecken
aufzustöbern.
Wer Trump den Kotau verweigert, darf immerhin an einem exklusiven Autodafé
für die liberalen Eliten teilnehmen. Als Fackelträger firmieren dabei die
beiden reaktionären Rock-Fossile Kid Rock und Ted Nugent, die zusammen
auch die US-Hymne „Star-Spangled Banner“ foltern werden, bis wenigstens die
Delinquenten auf ihren Scheiterhaufen vom gnädigen Feuertod erlöst werden.
Dann erst will Donald Trump seinen Schwur auf die amerikanische Verfassung
ablegen. Anschließend wird er sie vor den Augen der erstaunten
Weltöffentlichkeit essen und in einer feierlichen Zeremonie ausscheißen,
bevor er sich zum Gottkönig krönt und seine Tochter Ivanka heiratet, um
eine Dynastie der Unsterblichen zu gründen.
## Mit Bitcoins beladene Karawanen
Um all seine ehrgeizigen Partypläne zu verwirklichen, braucht Trump viel,
viel Geld. Zum Teil soll die Feier aus den Verteidigungsetats der
Nato-Staaten finanziert werden, die von 5 auf 305 Prozent steigen sollen.
Der Rest wird aus freiwilligen Spenden großer Unternehmen bestritten. Neben
Google, Adobe und Microsoft haben die Bank of America und Goldman Sachs ihr
Schutzgeld im Präsidentenpalast abgeliefert.
Gerade rumpelt hier an uns in Mar-a-Lago eine mit Gold, Weihrauch und
Bitcoin beladene Karawane vorbei. Ein Tech-Milliardär aus dem Silicon
Valley macht seine Aufwartung im Trump’schen Anwesen, das inzwischen auch
als Feldlager, Räuberhöhle und Schatzkammer dient. Von seiner Residenz aus
wird der Präsident die Geschicke des Landes lenken. Die alte Hauptstadt
Washington will Trump seinem Fußvolk überlassen, das den verhassten Sumpf
dort nach seiner Amtseinführung drei Tage plündern und brandschatzen darf.
Wir schließen uns der Karawane an, nähern uns den zinnenbewehrten Mauern.
KI-gesteuerte Trojanergarden aus Elon Musks X-Netzwerk filtern nun
allerletzte Spuren von Realität aus der subtropischen Luft Floridas.
Schlagartig erhöht sich der Albdruck in der Atmosphäre, als wir das Inner
Sanctum von Trumps Todesstern betreten. Zwei riesige Eunuchen öffnen das
Tor zur Audienzhalle. Wir glauben, die konservativen Trump-Gegner Jeb Bush
und Chris Christie in ihnen zu erkennen, doch schon schließen sich die
Pforten hinter uns.
## Orgien zur Mittagszeit
Die große Halle ist verwaist. Seit der erfolgreichen Wiederwahl beginnen
die Orgien im Hause Trump schon zur Mittagszeit. Auf einer Stange grüßt
einsam das abgeschlagene Haupt von Demokratenführerin Nancy Pelosi, ein
Vorkoster röchelt seinen letzten Atemzug. Kaum ein Familienfrühstück
vergeht ohne Giftanschlag von Nesthäkchen Barron auf seine Geschwister.
Vor dem goldenen Thron liegt Ursula von der Leyen flach auf dem Bauch, die
angeblich daheim eine Lungenentzündung auskuriert. Seit Tagen wartet die
EU-Kommissionschefin in Demutshaltung auf einen Gesprächstermin mit dem
Kleptocrat-in-Chief, doch der arbeitet hinter verschlossenen Türen am
„Roast“-Rezept für Amtsvorgänger Joe Biden. Eigentlich bezeichnet „Roas…
nur eine satirisch-spöttische Würdigung beim Galadinner, aber keiner der
Höflinge mag dem empfindlichen Herrscher diese enttäuschende Nachricht
überbringen.
Wir machen es uns schließlich bäuchlings neben Landsmännin Uschi bequem –
doch auch wir können nicht auf eine Audienz hoffen. Von der Wahrheit
wünschte Donald Trump schließlich noch nie behelligt zu werden.
15 Jan 2025
## AUTOREN
Christian Bartel
## TAGS
Donald Trump
USA
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Silvester
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Die Wahrheit
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