Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Doku über Fleischproduktion: Auf rostigen Kähnen
> Der Journalist Manfred Karremann hat wieder einen Film über
> Tiertransporte gedreht: „Achtung Tiertransport“ (ARD) ist eine
> stichhaltig begründete Anklage.
Bild: Polizeikontrolle eines Tiertransports auf der A1 südlich von Bremen
Berlin taz | „Vieh und Fleisch sind ein Milliardengeschäft“, klärt der
Kommentar aus dem Off auf: „Im Konkurrenzkampf zählt: mehr – schneller –
billiger.“ Das wissen wir natürlich schon lange und nicht erst seit
Bekanntwerden der skandalösen Arbeitsbedingungen in den Schlachtfabriken
[1][eines Clemens Tönnies].
„1,6 Milliarden Tiere werden jedes Jahr in die und aus der EU
transportiert. Die Wege sind oft lang, die Tiere nur Ware. Nicht selten
bleibt der Tierschutz dabei auf der Strecke.“ Auch das ist keine Neuigkeit.
Dazu beigetragen, Tiertransporte in den Fokus einer kritischen
Öffentlichkeit zu rücken, hat der Journalist Manfred Karremann – mit
Fernsehdokus wie: „Geheimsache Tiertransporte“, „Tiertransporte grenzenlos
– Leder für Deutschland“ und „Rinder für den Orient“. Das Thema ist i…
also ein echtes Anliegen, es hat viele Facetten, wie man im ARD-Programm
sehen kann, in einem neuen Film von Manfred Karremann: „Achtung
Tiertransport“.
Der Schwerpunkt ist dieses Mal: das deutsche Exportverbot für Schlachttiere
in Länder außerhalb der Europäischen Union – und dessen offenbar
kinderleichte Umgehung, „indem man sie schon als Kälber in andere EU-Länder
verkauft. Dort werden sie gemästet, danach aus Europa exportiert.“ Nach
Afrika, in den Nahen Osten, in den Libanon. Dicht gedrängt auf rostigen,
alten Kähnen, auf denen die zuvor auf europäischen Straßen einschlägigen
Schutzvorschriften nicht mehr interessieren. Denn: „Die Zeit auf einem
Schiff gilt bislang nicht als Transportzeit.“
## Wie die korrekte Behandlung aussieht
Wie das sein kann, erklärt Stefan de Keersmaecker, Sprecher der
EU-Kommission und unter zahlreichen Talking Heads im Film der einzige in
der Rolle des Advocatus Diaboli. Er wirkt dabei so unmotiviert – er scheint
selbst nicht zu glauben, was er da behauptet: „Die Stressumgebung ist
eindeutig anders zwischen dem klassischen Straßentransport und dem Schiff,
wo es genug Platz geben sollte, um die Tiere korrekt zu behandeln.“
Die korrekte Behandlung sieht dann etwa so aus, dass ein Rind nach der
Schiffspassage in den Libanon mit gebrochenen Beinen per Kran vom Schiff
gehoben wird, damit es noch – gerade eben so – lebend verladen werden kann.
„Ein Leben zum Verzehr“, nennt Karremann das Prinzip hinter der
Nutztierbewirtschaftung einmal. Dafür, nicht in Deutschland zu schlachten
und dann das Fleisch zu exportieren, gibt es mehr oder weniger gute Gründe.
Der wichtigste: „Man schlachtet hier nach religiösem Brauch. Das sogenannte
Schächten ohne Betäubung ist in Deutschland verboten.“
Und nicht nur aus Europa, auch aus Brasilien und Australien werden die
Tiere in den Libanon verschifft: „Solche Transporte über die Weltmeere
hinweg bedeuten auch eine immense Verschmutzung der Umwelt und der Meere.
Tonnenweise Gülle wird ins Meer abgelassen – schädlich für Korallen.“
Karremann belegt das alles mit nicht sehr schön anzuschauendem
Bildmaterial.
Renate Künast, ehemals Spitzenkandidatin der Grünen bei einer
Bundestagswahl, die [2][dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören] wird,
aktuell aber noch Leiterin der AG Ernährung und Landwirtschaft ihrer
Fraktion ist, beklagt eine Haltung der Bevölkerungsmehrheit, „die nicht
mehr zur Kenntnis nimmt, dass das Geschöpfe sind, die auch Schmerz und Leid
empfinden“.
## Nimmermüder Überzeugungstäter
Die zweite Politikerin, der Karremann das Wort erteilt, ist Zoe Mayer,
ebenfalls Grüne. Bestimmt wäre es ihm möglich gewesen, auch irgendeinen
CSU-Waldbauern vor seine Kamera zu bekommen, um zu erklären, warum es an
den Tiertransporten, so wie sie stattfinden, rein gar nichts auszusetzen
gibt. Für so viel Meinungspluralismus war aber offensichtlich kein Platz in
einem Film, der nichts anderes ist als die stichhaltig begründete Anklage
eines nimmermüden Überzeugungstäters, gelegentlich mit polemischer Tendenz:
„Huhn ist das beliebteste Tier in Deutschland. Zumindest als Hähnchen auf
dem Teller.“
13 Jan 2025
## LINKS
[1] /Corona-Ausbruch-in-einer-Fleischfabrik/!5696126
[2] /Kuenast-kuendigt-Rueckzug-an/!6019522
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
Tierschutz
Fleischindustrie
Doku
Tierrechte
Social-Auswahl
Schweinefleisch
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fleischproduktion in Deutschland: Wieder mehr Schweine geschlachtet
Jahrelang ist die Produktion von Schweinefleisch hierzulande
zurückgegangen. Im ersten Halbjahr 2024 hat sich der Trend gedreht.
Künast kündigt Rückzug an: Kämpferin mit Kodderschnauze
Als Landwirtschaftsministerin hat Renate Künast viele Konflikte
ausgefochten. Nun hat die Grüne ihren Rückzug aus dem Bundestag für 2025
angekündigt.
Corona-Ausbruch in einer Fleischfabrik: Tönnies macht wegen Corona zu
Der Branchenriese Tönnies meldet, dass hunderte Mitarbeiter positiv auf das
Virus getestet wurden. Nun stellt das Unternehmen den Schlachtbetrieb ein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.