# taz.de -- Verweigerter Handschlag für Baerbock: Schaut auf die Syrerinnen | |
> Al-Scharaas verweigerter Handschlag für Baerbock wurde vielfach | |
> interpretiert. Dabei sollte die Lage der syrischen Frauen viel wichtiger | |
> sein. | |
Bild: Wacklige Lage: Frauen mit Shisha auf einem Hügel in Damaskus im Dezember… | |
Die Bilder gingen um die Welt: Als die deutsche Außenministerin Annalena | |
Baerbock Syriens de-facto Leader Ahmed al-Scharaa vor einer Woche in | |
Damaskus traf, streckte dieser dem französischen Außenminister Jean-Noël | |
Barrot die Hand entgegen, bei Baerbock legte er sich indes die Hand aufs | |
Herz. Das war zu erwarten: Eine nicht-verwandte Frau zu berühren ist für | |
muslimische Männer im Islam verpönt, laut manchen Gelehrten sogar verboten. | |
Dennoch haben sich westliche Medien in ihrer Berichterstattung darauf | |
fokussiert. Das, obwohl es aus diplomatischen Kreisen zu vernehmen war, | |
dass al-Scharaa am Ende der Gespräche Baerbock doch noch die Hand reichte. | |
Im Tumult des bevorstehenden Aufbruchs soll die Ministerin dies übersehen | |
haben, sodass es am Ende nicht zum Handschlag kam. Ob al-Scharaas | |
Sinneswandel als Zeichen der Öffnung für Frauenrechte, die ebenso | |
Gegenstand der Diskussion waren, oder als Entgegenkommen für die fremde | |
Ministerin zu deuten ist, bleibt offen. | |
Wie dem auch sei: Der Fokus, ja, fast die Besessenheit, des Westens mit | |
oberflächlichen Details wie dem intergeschlechtlichen Handschlag oder des | |
Tragens des Kopftuchs riskiert, die Aufmerksamkeit für viel wichtigere | |
Aspekte der Frauenpolitik in islamisch geprägten Ländern zu stehlen. Und | |
das wäre fatal. | |
Ist ein verweigerter Handschlag ein Zeichen einer religiös-konservativen | |
Einstellung? Ja, in der Regel schon. Hätte man aber von Machthabern einer | |
islamistischen Gruppe etwas anderes erwartet? Und bedeutet eine | |
ausgestreckte Hand, dass man jetzt plötzlich liberal und frauenrechteaffin | |
geworden ist? Keineswegs. | |
In meiner Arbeit als Nahost-Auslandskorrespondentin habe ich muslimische | |
Männer getroffen, die mir keine Hand gereicht haben, doch mit Frauen am | |
selben Tisch gesessen und auf Augenhöhe diskutiert haben. Gleichzeitig auch | |
gläubige Männer, die mir als Ausländerin die Hand gegeben haben, als | |
Zeichen von Verständnis und Respekt für fremde Sitten – an ihrer | |
Einstellung gegenüber Religion und muslimischen Frauen hat dies aber nichts | |
geändert. | |
## Frauen werden aus Lehrbüchern verbannt | |
Viel sinnvoller wäre zu schauen, was für eine Politik die neuen | |
Herrscher*innen einschlagen. Ob sie etwa Frauen verschiedener Ansichten | |
und Religionen in Machtpositionen bringen – mit oder ohne Handschlag beim | |
Amtseintritt. | |
Dann würde man auch die vielen besorgniserregenden Entwicklungen sehen: | |
reaktionäre Äußerungen auf höchster Ebene in Bezug auf die Rolle der | |
Frauen, Lehrbücher, [1][aus denen wichtige Frauenfiguren wie die | |
Palmyra-Königin Zenobia verschwinden sollen], oder ein Justizminister, der | |
vor knapp zehn Jahren Frauen noch [2][wegen „Prostitution“ exekutieren | |
ließ]. Darauf sollte sich die Aufmerksamkeit richten – statt auf | |
Begrüßungsformalien. | |
10 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Syrische-Regierung-und-die-Frauen/!6056702 | |
[2] https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_100565852/syrien-justizminis… | |
## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
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