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# taz.de -- Kiels CDU torpediert Stadtbahn-Pläne: Weiter mit Bus und ohne Bahn
> Die CDU Kiel will die Einführung einer Stadtbahn nicht mehr unterstützen,
> dabei wurde parteiübergreifend geplant. Das Geld werde anderswo
> gebraucht.
Bild: Hier könnte auch eine Straßenbahn fahren: Kieler Innenstadt
Hamburg taz | Drei Jahre lang hielt in der Kieler Stadtpolitik der Konsens,
gemeinsam an der Wiedereinführung einer [1][Straßenbahn] zu arbeiten. Doch
nun hat die CDU ihn aufgekündigt: Am Mittwochabend beschloss sie, bei
„zukünftigen Entscheidungen für Planungsabschnitte oder Anträgen für die
Finanzierung zur Stadtbahn“ nicht mehr zuzustimmen.
Zwar sind die kurzfristigen Folgen dieser Entscheidung überschaubar –
langfristig aber könnte dem Projekt damit das Aus drohen. „Das zeugt von
mangelnder politischer Verlässlichkeit und führt dazu, dass sich die CDU
nun nicht länger auf der Basis gutachterlicher Empfehlungen bewegt“,
kritisiert Matthias Edeler von der Bürgerinitiative „Tram für Kiel“.
„Wir lehnen die Stadtbahn nicht ab, aber solange nicht wichtige Fragen
geklärt sind, können wir den Planungen nicht mehr zustimmen“, betont
hingegen der Kieler CDU-Vorsitzende Tobias von der Heide. Der CDU sei
schleierhaft, wie die Stadt das Projekt finanzieren wolle. „Wir stehen
schon jetzt unter kommunaler Finanzaufsicht und benötigen in den kommenden
Jahren eine Milliarde Euro für den Schulbau“, sagt von der Heide. Woher das
Geld für die Wiedereinführung der Tram, die insgesamt auch eine Milliarde
kosten würde, dann noch stammen soll, sei völlig unklar.
Derzeit laufen die Planungen, die auf einer Grundlagen- und einer
Trassenstudie aufbauen. Demnach könnten vier neue Linien auf einer Länge
von 36 Kilometern entstehen. Sie würden das Stadtzentrum mit dichter
besiedelten Stadtteilen verbinden, etwa mit der nicht nur verkehrlich
abgehängten Großwohnsiedlung Mettenhof. Ab 2028 soll mit dem Bau begonnen
werden, 2034 soll die erste Linie fertiggestellt sein.
## Die CDU stört nicht nur die Frage der Finanzierung
Angesichts des in den vergangenen Jahrzehnten gewachsenen Verkehrs, so
ergab die Grundlagenstudie, sei eine Tram [2][die bessere Lösung als ein
weiterer Ausbau des Busverkehrs.] Der nämlich ist der einzige ÖPNV in Kiel,
seitdem 1985 nach rund einem Jahrhundert die letzte Straßenbahn durch die
Stadt rollte.
Die CDU bekümmert allerdings nicht allein die Finanzierung, sondern sie
äußert in ihrer Resolution weitere Zweifel am Projekt: So seien
angrenzender Einzelhandel und andere Betriebe während der langen Bauphase
in ihrer Existenz bedroht; am Stau in der Innenstadt werde eine Stadtbahn
nichts ändern, weil dafür vor allem auswärtiger Verkehr verantwortlich sei.
Die Einführung einer Stadtbahn sei „nicht die Antwort auf alle
verkehrspolitischen Herausforderungen“.
Zwar nicht überraschend, aber umso enttäuschender finden die
Aktivist:innen von „Tram für Kiel“ den CDU-Schwenk: Es wurde doch
schließlich 2022 – auch von der CDU angestrengt – ein
fraktionsübergreifender Nahverkehrsfrieden geschlossen, der besagt, dass
man sich gemeinsam hinter die gutachterlichen Empfehlungen stellen und die
Tram nicht zum Wahlkampfthema machen werde. „Die Vereinbarungen und
Versprechen des Nahverkehrsfriedens verlieren für die CDU offensichtlich
jeden Wert, sobald OB-Wahlen am Horizont auftauchen“, sagt Edeler im
Hinblick auf die am Jahresende anstehende Kieler Oberbürgermeisterwahl.
## Kiels CDU stellt sich gegen ihren Landesvorsitzenden
Dieses Amt bekleidet bislang noch Ulf Kämpfer. Der SPD-Politiker will die
Entscheidung der CDU nicht zu hoch bewerten, aber hätte sich auch „mehr Mut
und Vertrauen gewünscht“. Die Stadtverwaltung und die anderen Fraktionen
wollten schließlich auch eine solide Finanzierung, ebenso eine enge
Einbindung der betroffenen Anlieger:innen. Tatsächlich sei die
Finanzierung, besonders die Höhe der Förderung vom Bund und vom Land
Schleswig-Holstein noch offen, aber: „Wir können das zum gegenwärtigen
Zeitpunkt auch nicht wissen.“ Das würde sich ohnehin erst zum Baustart 2028
konkretisieren.
Eine erst im Dezember abgeschlossene Absichtserklärung mit der –
wohlgemerkt – CDU-geführten Landesregierung, verbunden mit einem
4,5-Millionen-Planungszuschuss, ist aber für Kämpfer ein deutliches
Zeichen, dass Kiel [3][mit Unterstützung rechnen könne.]
Auf diesen CDU-internen Widerspruch weisen auch die „Tram für
Kiel“-Aktivist:innen hin: „Erstaunlich ist, dass sich die CDU Kiel damit
klar gegen ihren Landesvorsitzenden Daniel Günther stellt.“ Sollte der sich
aber künftig auf die Seite seiner lokalen Parteikolleg:innen stellen
und die Unterstützung einstellen, stünde das Aus schnell fest.
10 Jan 2025
## LINKS
[1] /Strassenbahn-Plaene-in-Luebeck/!6043515
[2] /Aktivist-ueber-Initiative-in-Lueneburg/!6008397
[3] /Verkehrswende-in-Kiel/!5882498
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Kiel
Verkehrswende
Straßenbahn
ÖPNV
Öffentlicher Nahverkehr
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Schwerpunkt Klimawandel
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