# taz.de -- Verkehrswende trifft auf Widerstand: Kieler CDU wirft sich vor die … | |
> Oberbürgermeister Kämpfer (SPD) beziffert Kosten der Kieler Stadtbahn. | |
> CDU im Rat hält Projekt für unbezahlbar, Landesregierung aufgeschlossen. | |
Bild: So ähnlich könnte es wieder werden: Straßenbahn in Kiel 1926 | |
Kiel taz | In Kiel geht der Streit um die geplante Stadtbahn weiter. Vor | |
der nächsten Sitzung der Ratsversammlung, bei der die Bahn wieder Thema | |
sein wird, legte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) Zahlen zu den Kosten | |
des Riesen-Projekts vor. Außerdem hat die Stadt die nächste Phase des | |
Genehmigungsverfahrens eingeleitet. | |
Die SPD und die Grünen, die im Rat kooperieren, freuen sich über die | |
Fortschritte. Die CDU gibt weiter den Bremser: Die finanziellen Folgen des | |
Baus seien eine zu hohe Belastung, heißt es aus der Ratsfraktion. | |
Eigentlich ist alles seit Jahren klar: Die 250.000-Einwohner:innen-Stadt | |
soll wieder eine Tram bekommen. Das [1][beschloss die Ratsversammlung mit | |
einer breiten Mehrheit], auch mit den Stimmen der CDU, im November 2022. | |
Die Politik revidierte damit einen Beschluss aus den 1970er Jahren. Damals | |
setzte die Stadt ganz auf Bus und Auto und baute das innerörtliche | |
Schienennetz ab, 1985 rollte die letzte Kieler Tram ins Depot. | |
Nun sind vier neue Linien mit einer Gesamtlänge von 36 Kilometern geplant. | |
Die Arbeiten für den ersten Bauabschnitt sollen im Jahr 2028 beginnen und | |
2035 abgeschlossen sein. Insgesamt geht es um die Investition von rund | |
einer Milliarde Euro. Aktuell plant die Stadt die erste Stufe des Ausbaus – | |
und die könnte laut den neusten Zahlen der Stadt teurer werden als geplant. | |
## Bewusst auf der Bremse | |
In der Antwort auf eine [2][Anfrage der CDU-Ratsfraktion] ist von 564 | |
Millionen Euro die Rede, rund 200 Millionen mehr als vor drei Jahren | |
geschätzt. Allerdings wurden erstmals ein Risiko-Aufschlag und die | |
Inflation mit eingerechnet. Die Stadt setzt darauf, dass der Bund und das | |
Land einen Großteil der Kosten übernehmen. | |
„Die [3][Stadtbahn ist der Schlüssel für eine klima- und sozialgerechte | |
Verkehrswende] in Kiel“, sagte Maik Kristen, verkehrspolitischer Sprecher | |
der Grünen-Ratsfraktion. Er begrüßte, dass die Stadt nun das Entwurfs- und | |
Genehmigungsverfahren eingeleitet hat. Außerdem wurde eine Stadtbahn | |
Planungs- und Baugesellschaft gegründet: „Damit werden die Planungen | |
konkretisiert.“ | |
Der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Carsten Rockstein, sieht das ganz | |
anders: „Während Begriffe wie Nachhaltigkeit und sozial gerechte Mobilität | |
ständig betont werden, [4][verliert man zu dem ‚wie soll das finanziert | |
werden‘ kein Wort]“, erklärt er in einer Pressemitteilung. „Auch wenn wir | |
in der Vergangenheit die Stadtbahnplanung mitgetragen haben, jetzt treten | |
wir bewusst auf die Bremse.“ | |
[5][Bereits im Januar äußerte der Kieler Kreisverband der CDU Zweifel], ob | |
die Stadt das Geld für die Tram aufbringen könne. Vorsitzender des | |
Kreisverbandes ist der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Tobias von | |
der Heide; als ein Wortführer trat Dirk Schrödter auf, der Chef der | |
Staatskanzlei des Ministerpräsidenten und CDU-Landesparteichefs Daniel | |
Günther. | |
Der jedoch hatte wenige Wochen zuvor eine Absichtserklärung pro Stadtbahn | |
unterschrieben, in der er die Unterstützung des Landes für den Bau und | |
einen Kostenzuschuss für die aktuell anstehenden Planungen zusagte. | |
Kurz vor der Bundestagswahl war dieses Hü und Hott ein gefundenes Fressen | |
für die Opposition. Auf Antrag der FDP debattierte der Landtag die Frage, | |
wie die CDU es denn wirklich mit der Stadtbahn halte. Der ehemalige | |
Landesverkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) ätzte über den „genialen | |
Schachzug“ der CDU: Da die Stadt Kiel absehbar ihren Eigenanteil nicht | |
leisten könne, habe Günther die Absichtserklärung ruhig unterzeichnen | |
können. „Da wird die Öffentlichkeit hinter die Fichte geführt.“ | |
Niclas Dürbrook (SPD) legte nach: „Der Ministerpräsident unterschreibt | |
Absichtserklärungen, sein Chef der Staatskanzlei verkündet, dass sei | |
ohnehin nicht finanzierbar – was sind Unterschriften der Landesregierung | |
dann eigentlich noch wert?“ | |
Der CDU-Fraktionschef Tobias Koch wies die Kritik zurück: Es gebe keine | |
Diskrepanz zwischen dem Handeln der Landesregierung und der Position des | |
CDU-Kreisverbandes. Er wies auf die Bedingungen hin, unter denen das Land | |
seine Förderung gewährt. | |
Dazu gehört, dass der Bund den Trambahn-Bau zu 75 Prozent finanziert und | |
die Stadt belegt, dass sie ihren Anteil übernehmen kann. Ob das gelinge, | |
darüber könne „man zu einer anderen Einschätzung gelangen, als es bei der | |
heutigen Rathausmehrheit der Fall ist“, sagt Koch. Die Fortsetzung des | |
Streits folgt am Donnerstag im Kieler Rathaus. | |
18 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Verkehrswende-in-Kiel/!5882498 | |
[2] https://www.kiel.de/de/politik_verwaltung/ratsversammlung/infosystem/vo020?… | |
[3] /Aktivist-ueber-Initiative-in-Lueneburg/!6008397 | |
[4] https://www.cdu-ratsfraktion-kiel.de/artikel/stadtbahn-kostentransparenz-tr… | |
[5] /Kiels-CDU-torpediert-Stadtbahn-Plaene/!6057382 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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