# taz.de -- Knapper Haushalt in Berlin: Bildung braucht echte gute Nachrichten | |
> Klassenfahrten können weiter stattfinden, weil Schulen nun selbst über | |
> ihre Budgets bestimmen können. Allerdings ist der Mangel damit nur | |
> verschoben. | |
Bild: #unkürzbar-Proteste: Demonstration gegen Haushaltskürzungen im Sozial- … | |
Es könnte wie eine gute Nachricht klingen: Klassenfahrten in Berlin sind | |
gerettet. Nachdem die Bildungsverwaltung das vorher bereits als Lösung ins | |
Gespräch gebracht hatte, teilte sie am Donnerstag die neue Regelung | |
offiziell mit. Demnach können Schulen ab 2025 Reisekosten für | |
Lehrer*innen auch aus ihren eigenen Budgets bezahlen. | |
Schulen sollen ihre Mittel „eigenverantwortlicher“ einsetzen und sie besser | |
auf die Bedürfnisse vor Ort abstimmen, heißt es in der neuen Vorgabe der | |
Verwaltung. Das bedeutet, dass [1][die Schulen selbst entscheiden], ob sie | |
ihr Budget für Vertretungslehrer*innen, für Lehr- und Lernmittel wie | |
geografische Karten, Taschenrechner und Zirkel oder eben für Reisekosten | |
ausgeben. | |
Zwischenzeitlich hatte die Verwaltung im Zuge der Haushaltseinsparungen bei | |
den Dienstreisen angesetzt. Da Schulen bei Klassenfahrten die Mittel für | |
Lehrer*innen über Reisekosten abgerechnet hatten, bedeutete das, dass | |
Schulen bis Ende November keine neuen Fahrten mehr planen und buchen | |
konnten. | |
Zum Dezember hatte die Verwaltung den Schulen mitgeteilt, wie viel Geld sie | |
jeweils für Klassenfahrten bekommen können. Es hieß bei der Gelegenheit | |
auch, dass [2][es keine Möglichkeit mehr gibt, diese Mittel später noch | |
aufzustocken]. | |
## Verschieben statt Sparen | |
Einige Schulen und sogar ganze Bezirke hatten nach dieser Aufstellung ihre | |
Töpfe schon verbraucht. Dass die Schulen nun auf ihre eigenen Töpfe | |
zurückgreifen dürfen, bietet genau den Ausweg, den [3][auch die | |
Schulleiter*innen in einer gemeinsamen Erklärung gefordert hatten]. | |
Doch heißt das, dass Schüler*innen und Eltern nun aufatmen können? Nein. | |
Denn die Senatsverwaltung hat das Problem nicht gelöst. Sie hat es bloß | |
umgeschichtet. Denn das Geld, das eine Schule demnächst in Klassenfahrt | |
steckt, wird sie an anderer Stelle einsparen müssen. Sie muss dann auf die | |
Landkarte, den Taschenrechner oder den Vertrag mit einer weiteren | |
Vertretungslehrerin verzichten. | |
Dieses Verschieben ist symptomatisch für die derzeitige Spardebatte. Bei | |
den Klassenfahrten ging es sogar noch um eine vergleichsweise niedrige | |
Summe von 1,5 Millionen Euro. Die Aufregung war deshalb so groß, weil die | |
Auswirkungen sehr konkret sind. Es droht eben, dass Schüler*innen keine | |
gemeinsamen Reisen machen können – wohlgemerkt Schüler*innen, denen dies | |
schon während der Pandemie verwehrt blieb. | |
Und hier schließt sich der Teufelskreis. Sozialarbeiter*innen | |
berichten, dass Schüler*innen seit Corona mehr sozial-emotionale | |
Förderbedarfe haben. Doch ausgerechnet an diesem Punkt greift ebenfalls die | |
Verschiebungslogik der Sparpläne. | |
## Verwaltung des Mangels | |
Schließlich werden nach jetzigem Stand die [4][Mittel für Schulsozialarbeit | |
eingekürzt, und gekürzt werden soll auch bei der Jugendsozialarbeit und bei | |
Jugendzentren]. Damit fallen Angebote weg, die eigentlich dafür gedacht | |
sind, Schulen und Lehrer*innen zu entlasten. Selbst da, wo es sich nicht | |
direkt um Kürzungen im Bildungsbereich handelt, sind es [5][Einsparungen, | |
die sich auf diesen Bereich stark auswirken]. | |
Schon jetzt heißt es von Schulen, Sozialarbeiter*innen und | |
Jugendzentren, dass sie den Mangel verwalten und eigentlich mehr Stunden | |
und Stellen bräuchten. Stattdessen steigt nun der (nicht nur zeitliche) | |
Druck. Und die Sparpläne für das Jahr 2025 werden wohl noch übersichtlich | |
ausfallen im Vergleich zu den Kürzungen, die 2026 und 2027 anstehen. Auch | |
deshalb finden sich Initiativen aktuell zu größeren, übergreifenden | |
Protesten zusammen, [6][das nächste Mal an diesem Sonntag]. | |
Ja, Klassenfahrten sind erst mal gerettet. Für eine ambitionierte, gerechte | |
Bildungspolitik bräuchte Berlin aber weit bessere Nachrichten. | |
13 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Sparplaene-in-Berlin/!6051481 | |
[2] /Berliner-Haushaltsmisere/!6050043 | |
[3] /Haushaltsdebatte-in-Berlin/!6053911 | |
[4] /Kuerzungen-im-Jugend--und-Sozialbereich/!6050124 | |
[5] /Angespannter-Haushalt/!6041003 | |
[6] https://www.unkuerzbar.de/uebersicht/12-15-unkuerzbar/ | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
## TAGS | |
Haushaltsdebatte | |
Klassenfahrt | |
Bildungspolitik | |
Bildungschancen | |
Schule | |
Wochenkommentar | |
Schule | |
Sparmaßnahmen | |
Kürzungen | |
Schule | |
Schwerpunkt Stadtland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Burn-out bei Schulleiter*innen: Hessens Rektor*innen arbeiten am Limit | |
Der Lehrkräftemangel treibt Schulleiter*innen in Hessen an den Rand des | |
Burn-outs. Die GEW fordert dringend Maßnahmen, um die Belastung zu senken. | |
Sparpläne in Berlin: Solidarisch gegen das Spardiktat | |
Tausende Menschen demonstrieren am Sonntag gegen die geplanten Einsparungen | |
des Senats. Aufgerufen hat ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis. | |
Kürzungen im Jugend- und Sozialbereich: Die Liste wehrt sich | |
Ein breites Bündnis protestiert am Donnerstag gegen Sparpläne des Senats. | |
Am Mittwoch hatten Träger in Neukölln ihre Angebote aus Protest | |
geschlossen. | |
Haushaltsdebatte in Berlin: Weiter Chaos bei den Klassenfahrten | |
Die Verwaltung weist den Schulen nun Budgets für Klassenfahrten zu. Doch | |
weil einige schon gebucht haben, sind die Kosten jetzt schon überschritten. | |
Angespannter Haushalt: Berlin stoppt Klassenfahrten | |
Wegen knapper Kassen dürfen Schulen in der Hauptstadt keine Fahrten mehr | |
buchen. Es ist der Beginn von Einsparungen, die sich später fatal | |
auswirken. |