# taz.de -- Verhandlungen in Südkorea: Ölstaaten verhindern Plastik-Abkommen | |
> Ein globales Abkommen gegen Plastikmüll ist vorerst gescheitert. Länder | |
> wie Saudi-Arabien sperren sich dagegen, dass weniger Plastik produziert | |
> wird. | |
Bild: Plastikabfälle auf einer Müllkippe in Jammu, Indien | |
Basel taz | Vorerst kein internationales Abkommen gegen die [1][Vermüllung | |
des Planeten mit Plastik]: Am Sonntag ist in der südkoreanischen Großstadt | |
Busan eine UN-Konferenz ergebnislos zu Ende gegangen, die ein solches hätte | |
verabschieden sollen. „Unsere Arbeit ist noch weit davon entfernt, fertig | |
zu sein“, sagte Verhandlungsleiter Luis Vayas aus Ecuador. | |
Die Länder der Welt hatten vor zwei Jahren beschlossen, ein Plastikabkommen | |
auszuhandeln, um den Kampf gegen Plastikmüll auf internationaler Ebene zu | |
koordinieren. Dieses Abkommen sollte den „vollen Lebenszyklus“ von Plastik | |
abdecken, von der Herstellung über die Weiterverarbeitung bis schließlich | |
zur Entsorgung. | |
Doch genau das wollten einige wenige Länder verhindern und haben sich damit | |
vorerst durchgesetzt. Saudi-Arabien, Russland und Iran haben sich dagegen | |
gewehrt, dass auch die Produktion von Plastik durch das Abkommen reguliert | |
wird. Ölstaaten haben daran ein Interesse, denn das meiste Plastik wird auf | |
Basis von Öl hergestellt. Aktuell dienen zwölf Prozent des geförderten | |
Rohöls der Herstellung von Kunststoffen. | |
Wird nicht gegengesteuert, ist nach Berechnungen der US-Universität | |
Berkeley zu erwarten, dass der Plastikverbrauch in den kommenden Jahren | |
sogar noch deutlich wächst. Bis zum Jahr 2050 ist gar eine Verdreifachung | |
möglich. Viele ölfördernde Länder sehen in Plastik daher einen neuen | |
Großabnehmer für ihr Produkt, wenn immer mehr Elektroautos die Nachfrage | |
nach Benzin und somit Öl senken. Und so blieb Vayas nichts anderes übrig, | |
als die Entscheidung über das Abkommen auf eine spätere Konferenz zu | |
vertagen. | |
## Die Mehrheit der Länder ist für das Abkommen | |
Noreen O'Meara von der britischen University of Surrey bezeichnete Vayas | |
Entscheidung als „logisch“. „Ein Rennen zu einem Kompromiss ist keine | |
Lösung“, meint sie. Bei einem solchen Rennen hätte die Gefahr bestanden, | |
dass die progressiven Länder gegenüber den Bremsern zu viele Zugeständnisse | |
machen. | |
Es gibt sogar eine überwältigende Mehrheit unter den Ländern für ein | |
Abkommen, das auch klare Vorgaben zu einer Reduktion der Plastikproduktion | |
umfasst. Für den Beschluss reichte es trotzdem nicht: Es gilt nicht das | |
Mehrheits-, sondern das Konsensprinzip. | |
Der norwegische Völkerrechtler Magnus Løvold hatte daher vorgeschlagen, | |
sich davon zu lösen und einfach ohne die Bremserstaaten ein Abkommen zu | |
schließen. „Die große Frage ist, ob die fortschrittliche Mehrheit den Mut | |
aufbringen wird, aus der erdrückenden Konsenskultur auszubrechen und den | |
Vertrag durchzusetzen“, sagte er vorab. Dies ist nicht geschehen. | |
## USA auf Schlingerkurs | |
Ein Grund dafür war wohl die unklare Haltung der USA. Diese hatten sich | |
anfangs auch gegen Regeln für die Plastikproduktion gewehrt. Doch dann | |
schien sich die Regierung von Joe Biden zu bewegen, nur um anschließend | |
wieder zurückzurudern. | |
„Im August sagte das Weiße Haus, dass es Maßnahmen zur Reduzierung der | |
Plastikproduktion unterstützen werde“, sagte John Hocevar von der | |
US-amerikanischen Sparte der Umweltorganisation Greenpeace. „Die Details | |
waren noch vage, aber die Absicht war klar formuliert.“ | |
Doch kurz vor Beginn der Konferenz klang das dann wieder anders: „Diese | |
Woche haben sie gesagt, dass sie keine Produktionsobergrenzen unterstützen | |
werden“, sagte Hocevar. Letzteres dürfte auch die Position der neuen | |
US-Regierung sein, wenn Donald Trump am 20. Januar das Amt des | |
US-Präsidenten antritt. | |
Es gilt aber als ausgeschlossen, dass sich die zunehmende Verschmutzung der | |
Erde durch Plastik ohne eine Reduktion der Produktionsmenge lösen lässt. | |
Plastik lässt sich [2][kaum rezyklieren]. Das liegt an den 16.000 | |
verschiedenen Zusatzstoffen, die Plastik die gewünschten Eigenschaften | |
verleihen, von der Farbe bis zur Elastizität. Daher werden global nur neun | |
Prozent des Plastiks wiederverwertet. | |
Umgekehrt gelangen knapp fünf Prozent der jährlich produzierten 460 | |
Millionen Tonnen Plastik [3][in Flüsse, Seen und Meere]. Die | |
Plastikproduktion verursacht zudem rund fünf Prozent der globalen | |
CO2-Emissionen. Diese Emissionen lassen sich kaum verhindern, denn 90 | |
Prozent davon entfallen auf die Produktion des Plastikgrundstoffs. Erst | |
wenn die Menge an neuem Plastik sinkt, können daher auch die Emissionen | |
sinken. Ob das gelingen kann, zeigt die nächste UN-Plastikkonferenz. | |
2 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Plastikmuell/!t5020230 | |
[2] /Recycling-von-Plastik/!5996961 | |
[3] /Muellproblem-in-Afrika/!6005719 | |
## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
## TAGS | |
Plastikmüll | |
Plastik | |
Erdöl | |
Social-Auswahl | |
klimataz | |
Plastikmüll | |
Verpackungsmüll | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Plastikmüll | |
Plastikmüll | |
Victoriasee | |
Recycling | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Plastikmüll nimmt zu: Recyclingquote bleibt global niedrig | |
Der globale Plastikverbrauch ist enorm gestiegen. China, die USA und die EU | |
verbrauchen sehr viel. Das Müllproblem lösen die Weltregionen verschieden. | |
DUH geht rechtliche Schritte: Kaum Mehrweg to go | |
Gastroketten wie KFC tun sich laut der Deutschen Umwelthilfe schwer mit der | |
Pflicht, Speisen und Getränke nicht nur in Wegwerfverpackungen auszugeben. | |
Ökonom über Sanktionen gegen Russland: „Russland wird immer probieren, die … | |
Mit gezielten Maßnahmen gegen Öltanker versucht die EU erneut, Russlands | |
Wirtschaft in die Knie zu zwingen. Doch das ist nicht einfach, sagt der | |
Handelsökonom Julian Hinz. | |
Gescheiterte UN-Plastikkonferenz: Chance für die EU | |
Die Ölstaaten haben ein Abkommen gegen Plastikverschmutzung verhindert. Es | |
braucht jetzt eine Koalition der Willigen. Für die EU ist das eine Chance. | |
Müllgipfel in Berlin: Ein dreckiges Problem | |
Müllberge in den Hinterhöfen, an den Straßenrändern, auf den Grünflächen: | |
Der Bezirk Mitte will dieses Problem mit einem Müllgipfel angehen. | |
Müllproblem in Afrika: Schnorchel gegen Plastikflut | |
Treibende Plastiktüten, verendete Fische: Der Victoriasee in Afrika | |
erstickt im Abfall. Mülltaucher tun etwas dagegen – doch das Problem liegt | |
tiefer. | |
Recycling von Plastik: Zu viel Müll aus Joghurtbechern | |
Recycelte Rohstoffe sind wichtig für die Kreislaufwirtschaft, aber selten | |
vorhanden. Ein Bundestagsbericht zeigt, was es für deren Förderung braucht. |