| # taz.de -- Entwicklungszusammenarbeit in Costa Rica: Fauler Aufforstungsdeal | |
| > Das Bundesentwicklungsministerium hat in Costa Rica mit dem Konzern Fresh | |
| > Del Monte kooperiert. Indigene kritisieren die Zusammenarbeit. | |
| Bild: Arbeitsbedingungen auf den Plantagen sind hart, kritisieren Gewerkschaften | |
| Hamburg taz | Die Idee ist charmant: Die Gesellschaft für internationale | |
| Zusammenarbeit (GIZ) will große Unternehmen wie den Obstkonzern Fresh Del | |
| Monte über die direkte Kooperation bei Wiederaufforstung, Umweltschutz und | |
| nachhaltigem Anbau besser machen. So lautet im Kern die Zielsetzung hinter | |
| dem Programm „developpp“ der weltweit agierenden Agentur GIZ. Die ist dem | |
| Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) | |
| in Berlin unterstellt. Und dort wurde Lesner Figueroa aus Costa Rica am 21. | |
| November vorstellig. | |
| Figueroa ist gewählter Vertreter der 10.000 Köpfe zählenden Ethnie Bribrí | |
| aus Costa Rica, die seit rund zehn Jahren offensiv für den Erhalt und die | |
| Verteidigung ihres Territoriums eintritt. Den rechtlichen Rahmen dafür | |
| liefert die sogenannte Ley Indígena. Das Indigenen-Gesetz wurde 1977 vom | |
| Parlament in Costa Rica verabschiedet und legt fest, dass indigene | |
| Schutzgebiete „unveräußerlich, der Besitz unverjährbar, nicht übertragbar | |
| und exklusiv für die indigenen Gemeinden sei“. | |
| Über 11.700 Hektar erstreckt sich das Schutzgebiet der Bribrí in Salitre. | |
| Das Dorf liegt am Rande einer Ananas-Anbauregion, wo Lesner Figueroa lebt | |
| und wo in mehreren Fällen Landrechte der Bribrí verletzt worden seien – | |
| darunter von Fresh Del Monte, sagt Figueroa, also dem Konzern, mit dem die | |
| GIZ zusammenarbeitet. Und deshalb wurde Figeuroa beim BMZ vorstellig. Auf | |
| 250 bis 350 Hektar beziffert er die Größe des Areals, das sich der | |
| Fruchtkonzern illegal unter den Nagel gerissen habe. | |
| Auf einem kleinen Teil des Areals werde Ananas angebaut, das Gros ist | |
| Brachland, heilig für die Bribrí und [1][ein typisches Öko-System der | |
| Region]. Dort wollte der US-Fruchtkonzern, der in Costa Rica der größte | |
| Produzent von Ananas und Bananen ist und rund 35 Plantagen unterhält, Bäume | |
| anpflanzen. „Als Teil seines Aufforstungsprogramms“, erklärt Figueroa und | |
| rollt mit den Augen – [2][Aufforstungsprogramme wollte auch die GIZ | |
| fördern]. Die Proteste der Bribrí haben dazu geführt, dass der | |
| Fruchtkonzern von den Plänen absah. | |
| ## Das Ministerium weicht aus | |
| Für Figueroa ist der Konflikt mit Fresh Del Monte zentraler Grund dafür, im | |
| BMZ vorzusprechen. Auch, weil der Konzern den Dialog mit den Indigenen | |
| verweigert. „Warum kooperiert die deutsche Entwicklungspolitik mit einem | |
| Unternehmen, das indigene Rechte nicht anerkennt und unsere Flüsse | |
| kontaminiert“, fragte er. | |
| Im Ministerium bekam er vor allem ausweichende Antworten. „Mir wurde | |
| erklärt, dass das Programm ‚developpp‘ Anfang November ausgelaufen ist, | |
| dass es nicht in der Nähe indigener Territorien stattgefunden habe und dass | |
| es derzeit evaluiert werde“, sagte der Bribrí-Vertreter im Anschluss an | |
| seine Visite in Berlin Ende letzter Woche. | |
| Figueroa ist nicht allein mit seiner Kritik an der Kooperation zwischen BMZ | |
| und Fresh Del Monte. „Fresh Del Monte ist in Costa Rica für zahlreiche | |
| Verstöße gegen Arbeitsrechte verantwortlich. Wir führen Klagen, weil | |
| Arbeiter:innen 12, 13 oder auch 14 Stunden in der Verpackung oder auf | |
| dem Feld arbeiten müssen, weil Sprühflugzeuge über ihre Köpfe | |
| hinwegdonnern“, so Didier Leitón, Sekretär der Gewerkschaft Sitrap, auf | |
| Anfrage der taz. „Fresh Del Monte ist ein gewerkschaftsfeindlich agierendes | |
| Unternehmen. Wir haben auf zwei Plantagen einen Tarifvertrag, der immer | |
| wieder verletzt wird“, klagt Leitón. | |
| Obendrein steht seine Unterschrift unter einem im Juni veröffentlichten | |
| Brief von zehn Gewerkschaften aus Costa Rica, die eine Initiative von GIZ | |
| und BMZ zu „existenzsichernden Löhnen“ in Costa Rica kritisieren. Die | |
| Initiative sei „ohne adäquate Analyse der gewerkschaftlichen Realität im | |
| Land erfolgt“, heißt es da. | |
| ## Die GIZ weist die Kritik zurück | |
| Ähnlich fällt das Urteil der ecuadorianischen Branchengewerkschaft Astac zu | |
| der gleichen Initiative in Ecuador aus. Die lief im Oktober 2024 ohne | |
| handfeste Ergebnisse für die Arbeiter:innen. Die GIZ agiere im Interesse | |
| der großen Exporteure, nicht der Arbeiter:innen auf den Plantagen, | |
| kritisierte Astac-Koordinator Jorge Acosta gegenüber der taz. | |
| Von der GIZ wird die Kritik zurückgewiesen. In Costa Rica binde die GIZ | |
| Arbeitnehmer*innenvertretungen ebenso wie Produzent*innen und | |
| Regierungsvertreter*innen regelmäßig ein, um die weiteren Schritte | |
| des Projekts zu planen und zu gestalten, heißt es in einer Stellungnahme. | |
| Zudem sei die GIZ im Zuge der developpp-Kooperation mit Fresh Del Monte auf | |
| keine Verstöße des Unternehmens gegen Umweltstandards und | |
| Arbeitnehmer*innenrechte gestoßen. | |
| Eine Darstellung, [3][die Oxfam-Berichten der letzten Jahre ebenso | |
| widerspricht] wie den Aussagen des Sitrap-Vorsitzenden Didier Leitón. | |
| Immerhin will die GIZ die Vorwürfe aus Costa Rica nun prüfen. | |
| 3 Dec 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Knut Henkel | |
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