# taz.de -- Studie zu neuer Eisenbahn-Elbquerung: Im Westen nichts Neues | |
> Eine Bahnlinie unter der Elbe im Westen Hamburgs würde zwar Fahrgäste | |
> anziehen, allerdings längst nicht so viele, dass sich der Aufwand lohnen | |
> würde. | |
Bild: Deutschland meistfrequentierter Bahnhof: überfüllter Bahnsteig in Hambu… | |
Hamburg taz | Eine weitere Bahnstrecke über die Elbe im Westen Hamburgs zu | |
bauen, wäre zwar machbar – es würde sich aber nicht lohnen. Sprich: Aufwand | |
und Nutzen stehen in keinem vertretbaren Verhältnis zueinander, wie ein | |
Konsortium von Fachleuten unter Federführung der TU Hamburg ermittelt und | |
am Donnerstagabend in der Hamburgischen Bürgerschaft dargestellt hat. Fazit | |
der Gutachter: „Eine Realisierung der Westquerung kann derzeit nicht | |
empfohlen werden.“ | |
Eine Bahnlinie von Harburg oder Stade aus direkt nach Altona steht seit | |
vielen Jahren auf der Wunschliste von Eisenbahnfreunden und Bewohnern des | |
Süderelberaums. Unter anderem haben sie Umweltschützer vor 30 Jahren als | |
Alternative zu der schließlich realisierten vierten Elbtunnel-Autobahnröhre | |
ins Gespräch gebracht. Auch die Bürgerinitiative Prellbock Altona, die sich | |
gegen eine Verlegung des Altonaer Bahnhofs und einen neuen Bahntunnel quer | |
durch Hamburg wehrt, propagiert eine Westquerung. | |
Die Studie wurde im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellt. Sie | |
fußt auf dem [1][geltenden Bundesverkehrswegeplan], der auf den für 2030 | |
prognostizierten Bedarf abstellt. Dieser enthält Projekte wie die | |
[2][Autobahn A26-Ost quer durch den Hamburger Süden] aber auch den | |
angestrebten Deutschland-Takt im Bahnverkehr, der in den Augen der Bahn den | |
genannten Bahntunnel quer durch die Innenstadt nötig macht. | |
Dass die umstrittene neue Autobahn, deren Bau gerade vorbereitet wird, von | |
den Gutachtern vorausgesetzt wurde, war Gegenstand von Nachfragen. Wie ein | |
Szenario ohne die A26-Ost aussähe, wollte die Grünen-Abgeordnete Miriam | |
Block wissen. | |
## Vorschlag: Autobahn weglassen | |
Die Autobahn wegzulassen, würde sicherlich mehr Fahrgäste für die Bahnlinie | |
bringen, sagte der Gutachter Lukas Regli von der Beratungsgesellschaft SMA, | |
aber lange nicht so viele, um an dem schlechten Nutzen-Kosten-Verhältnis | |
von 0,3 bis 0,4 etwas zu ändern. „Es müssten Faktoren an Nachfrage | |
draufkommen“, sagte Regli. Gefordert ist ein Verhältnis von mindestens | |
eins. | |
„Wir müssen von den Rahmenbedingungen ausgehen, die der Bund setzt“, sagte | |
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). Schließlich seien die Projekte nicht | |
machbar, ohne dass der Bund den größten Teil davon bezahle. Zwar hat das | |
Bundesverkehrsministerium Ende Oktober eine neue Verkehrsprognose für 2040 | |
vorgestellt, die neue Mobilitätsdaten einbezieht und den Klimawandel | |
berücksichtigt. Das konnte aber naturgemäß nicht in die Studie einfließen. | |
Die Gutachter haben im Laufe ihrer Arbeit die vielen in Frage kommenden | |
Querungsmöglichkeiten auf zwei Erfolg versprechende „Kombinationsvarianten“ | |
eingedampft. „K1“ würde vom Bahnhof Harburg aus entlang der A7 zum neuen | |
Bahnhof Altona-Nord am Diebsteich führen. Sie könnte die Heidebahn aus | |
Richtung Soltau nach Schleswig-Holstein führen und auch den Fernverkehr aus | |
Richtung Hannover. | |
„K2“ würde von Buxtehude über Finkenwerder nach Altona-Nord führen und | |
S-Bahnen sowie Regionalzüge aufnehmen. Für beide Kombinationsvarianten | |
müssten mehr als zehn Kilometer lange Tunnel und in Altona komplizierte | |
Einfädelungsbauwerke errichtet werden. Dabei müssten die Ingenieure wegen | |
des Geesthangs mit vier Prozent Steigung an die Grenze des machbaren gehen. | |
Für Güterzüge wären die Strecken damit ungeeignet. | |
## Nicht genügend Fahrgäste | |
Die Grünen-Abgeordnete Gudrun Schittek aus Harburg erinnerte daran, [3][wie | |
umständlich es sei, von Stade aus nach Altona zu kommen]. Südlich der Elbe | |
seien einige neue Siedlungen geplant und es gebe dort auch viel Industrie, | |
etwa das Airbus-Werk in Finkenwerder. „Dafür brauchen wir einen besseren | |
Plan“, fand Schittek. | |
„Das Potenzial von Finkenwerder haben wir sofort erkannt“, antwortete der | |
Gutachter Matthias Grote von der TU Hamburg. Die 25.000 Fahrgäste, die hier | |
mobilisiert werden könnten, reichten aber auch nicht aus um das | |
Kosten-Nutzen-Verhältnis wesentlich zu verbessern. Zu einem anderen | |
Ergebnis würde man nur gelangen, wenn neben den heute geplanten | |
Bauprojekten neue Siedlungen mit der entsprechenden Verkehrsnachfrage | |
hinzukämen, sagte Carsten Gerz von der TU. | |
Die Gutachter haben für ihre Arbeit ein ganz Europa einbeziehendes | |
[4][Verkehrsmodell verwendet und dann im Computer ihre Varianten | |
durchgerechnet]. Einbezogen wurden dabei auch die Stellungnahmen der | |
Landesnahverkehrsgesellschaften sowie der Verkehrsbetriebe. | |
„Das Modell macht ein gutes Angebot“, sagte der Gutachter Regli. „Aber die | |
Nachfrage ist verschwindend klein.“ Das liege daran, dass die Reisezeiten | |
nicht sehr stark verkürzt würden und der Hauptbahnhof so ein attraktiver | |
Knotenpunkt sei. „Wir unterstützen, dass man dort die Kapazitäten baut, wo | |
die Nachfrage entsteht“, sagte Regli. | |
15 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Bundesverkehrswegeplan-in-der-Kritik/!5996189 | |
[2] /Verstoss-gegen-Umweltauflagen-bei-A-26/!6044063 | |
[3] /Anti-Initiativen-Gruender-zur-Stadtbahn/!5953659 | |
[4] https://www.tuhh.de/vpl/publikationen/liste/2024 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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