# taz.de -- Europäische Ausbilder im Kongo: Verdeckter Einsatz | |
> Private europäische Militärausbilder helfen Kongos Armee im Kampf gegen | |
> Rebellen. Sind diese Firmen in Kampfhandlungen verstrickt? Eine | |
> Spurensuche. | |
Bild: Ein Beobachtungsposten von kongolesischen Soldaten und rumänischen Ausbi… | |
Goma, Kinshasa, Bukarest, Sofia und Kampala Ein Kongolese in Uniform liegt | |
auf dem Bauch auf einer Plastikfolie, unter ihm vulkanisches Gestein. Er | |
hat sein Sturmgewehr im Anschlag. Am Horizont hinter einem Stacheldraht | |
erhebt sich majestätisch der gewaltige Nyiragongo-Vulkan. Im Hintergrund | |
hört man das Dröhnen der Flugzeuge: Auf der anderen Seite des | |
Stacheldrahtzauns erstreckt sich die geteerte Landebahn des internationalen | |
Flughafens von Goma. Die Millionenstadt im Osten der Demokratischen | |
Republik Kongo – direkt an der Grenze zu Ruanda – ist dieser Tage | |
eingekesselt von Rebellen. | |
„Pass auf den Wind auf, der Wind ist dein Feind“, sagt ein Rumäne in | |
Uniform dem kongolesischen Soldaten auf dem Boden und legt ihm eine Münze | |
auf den Gewehrlauf: Damit soll er lernen, still zu halten, die Münze darf | |
nicht herunterfallen. Der Soldat mit dem Sturmgewehr am Boden drückt ab. | |
„So ist es gut, sehr gut“, lobt ihn der rumänische Ausbilder. Der Soldat | |
reagiert nicht. Wenn die Münze auf den Boden fällt, muss er Liegestütze | |
stemmen. | |
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo herrscht Krieg. Millionen | |
Menschen sind auf der Flucht. Die von Ruanda unterstützten Rebellen der M23 | |
(Bewegung des 23. März) dehnen das von ihnen eroberte Gebiet stetig aus. In | |
und um Goma sind Regierungssoldaten, lokale Milizen, Eingreiftruppen aus | |
dem südlichen Afrika und UN-Blauhelme aus aller Welt stationiert – aber | |
auch bewaffnete Weiße aus Europa, die keiner staatlichen Armee angehören. | |
Diese privaten, europäischen Militärausbilder machen [1][kongolesische | |
Rekruten fit für den Kampfeinsatz]. Ein Teil des Flughafengeländes ist zu | |
ihrem Trainingszentrum umfunktioniert. Fünf Monate dauert die | |
Grundausbildung. Die Frage ist, ob sich die Ausbilder auch aktiv an | |
Kampfhandlungen beteiligt haben. Die EU verurteilt den Einsatz von | |
Söldnern. Gemeinsam mit der französischen Tageszeitung Libération und dem | |
rumänischen Onlinemedium PressOne ist die taz diesem Kapitel des Krieges | |
nun nachgegangen. | |
„Ein Soldat an der Front muss wissen, wie er seine Waffe benutzt“, erklärt | |
Chefausbilder Radu. Der Rumäne will seinen Nachnamen nicht nennen. Das | |
Training beinhalte auch Erste-Hilfe-Kurse, Völkerrecht, Umgang mit | |
Kriegsgefangenen bis hin zum Schießtraining, sagt er. Neben ihm übt eine | |
Gruppe kongolesische Soldaten, Kalaschnikows auseinanderzunehmen und wieder | |
zusammensetzen. Eine andere Gruppe sitzt auf dem kantigen Lavagestein im | |
Kreis, blaue Notizbücher in der Hand. Daneben steht ein Pick-up mit | |
aufgebocktem Maschinengewehr auf der Ladefläche. „Welche Waffe ist das?“, | |
fragt ein Ausbilder. | |
Was hier hinter dem Stacheldrahtzaun am Flughafen vor sich geht, war lange | |
Zeit nicht bekannt. Selbst europäische Diplomaten geben an, nicht zu | |
wissen, was genau die Rumänen da treiben. Publik wurde die Anwesenheit | |
ausländischer Ausbilder im Januar 2023, als ein Foto in den sozialen Medien | |
für Wirbel sorgte. Darauf zu sehen: ein bewaffneter weißer Offizier nahe | |
der Frontlinie nördlich von Goma. | |
Damals zirkulierten Gerüchte, [2][russische Wagner-Truppen] seien im Kongo | |
gelandet. Weiße in Uniform hatten sich bereits in einem Hotel in Goma | |
einquartiert. Das feuerte die Gerüchte zusätzlich an. Die taz begann zu | |
recherchieren. Es stellte sich heraus: Die weißen Uniformierten, die zuerst | |
am 22. Dezember 2022 aus einem gecharterten Flugzeug in Goma stiegen, waren | |
Rumänen und Moldauer, keine Russen. | |
Als Felix Tshisekedi 2019 Kongos Präsident wurde, versprach er der | |
kriegsmüden Bevölkerung Friede und Sicherheit. Er wollte alles anders | |
machen als sein Vorgänger Joseph Kabila, dem es in 18 Jahren nicht gelungen | |
war, den Osten zu stabilisieren, wo über hundert Milizen ihr Unwesen | |
treiben. | |
Mit Tshisekedi an die Macht kam auch eine neue Riege Generäle, die anders | |
als Kabilas gestandene Militärs keine Kampferfahrung hatten. 2021 begann | |
ein erneuter Krieg mit den M23-Rebellen, die 2012 schon einmal gegen Kongos | |
Armee gekämpft und sogar kurz Goma erobert hatten. Laut UN-Ermittlungen hat | |
Ruanda inzwischen mehr als 3.000 Soldaten entsandt, um die M23 zu | |
unterstützen. Die Tutsi-geführten Rebellen kontrollieren einen weiten | |
Landstrich rund um Goma, fast so groß wie das Nachbarland, und die | |
Millionenstadt ist seit Anfang 2024 eingekesselt. | |
Im Kampf gegen die M23 musste Kongos Armee zahlreiche Niederlagen hinnehmen | |
und verlor teures Gerät wie Hubschrauber und Jets. Doch anstatt sich auf | |
Verhandlungen mit der M23 einzulassen, wie 2013, entschied Tshisekedi, alle | |
Mittel einzusetzen, um den Krieg zu gewinnen. Laut Angaben des schwedischen | |
Verteidigungs-Think-Tank Sipri (Stockholm International Peace Research | |
Institute) verdoppelte Kongos Regierung innerhalb nur eines Jahres, von | |
2022 auf 2023, die Verteidigungsausgaben. Präsident Tshisekedi lud | |
befreundete Truppen aus Burundi und dem südlichen Afrika ein und | |
mobilisierte lokale Milizen, um die Armee zu unterstützen. | |
In der Militärbasis Mubambiro außerhalb der Kleinstadt Sake, 25 Kilometer | |
westlich von Goma, sind nun alle Kräfte zusammengezogen, um Goma zu | |
verteidigen. Es ist die letzte Frontstadt vor dem Rebellengebiet: Kongos | |
Armee, UN-Blauhelme, südafrikanische Eingreiftruppen, lokale „patriotische“ | |
Milizen, Kämpfer der aus den Tätern des Völkermordes an Ruandas Tutsi | |
hervorgegangenen Hutu-Milizionäre – und die weißen Ausbilder, auf sicherer | |
Distanz, aber alle im Auftrag des kongolesischen Präsidenten und mit einem | |
gemeinsamen Feind. | |
Der Ukrainekrieg bedeutete für den Krieg im Kongo zunächst jede Menge | |
Schwierigkeiten: Kongos veraltetes Kriegsgerät stammt fast vollständig aus | |
sowjetischen Beständen. Die Luftwaffe besteht aus zwei alternden | |
Sukhoi-Su-25-Kampfjets, während des letzten M23-Kriegs 2012 in der Ukraine | |
erstanden, und einigen Mi-24-Kampfhubschraubern. Die staatliche ukrainische | |
Rüstungsschmiede Ukroboronprom war bis 2022 auch wichtiger Lieferant von | |
Ersatzteilen und Munition. Seit 2022 benötigt die Ukraine ihr Gerät aber | |
selbst, und ein Einkauf in Russland ist unmöglich. Also schickte General | |
Franck Ntumba, Leiter von Tshisekedis Militärstab, Logistiker um die Welt, | |
um Ersatz zu besorgen. | |
Ntumba war auch auf der Suche nach privaten Sicherheitsfirmen. | |
Ex-Blackwater-Chef Erik Prince, in Söldnerkreisen eine Ikone, ließ für ihn | |
laut einem UN-Bericht von Ende 2023 seine Kontakte spielen und klopfte in | |
Kolumbien, Mexiko, Argentinien und Südafrika an. Fündig wurden die | |
Kongolesen schließlich in Rumänien und Bulgarien und in französischen | |
Kreisen, die seit jeher in Afrika aktiv sind. | |
Der Rumäne Horatiu Potra, Spitzname „Leutnant Henry“, ist Geschäftsführer | |
verschiedener Firmen mit Sitz in Transsilvanien, sowie Vorsitzender des | |
Verbandes ehemaliger rumänischer Angehöriger der französischen | |
Fremdenlegion (RALF). Laut Webseite trainiert er VIP-Leibwächter, beschützt | |
„sensitive Gebiete“, wie etwa Minen in Afrika, und bildet Spezialeinheiten | |
aus. Verwiesen wird auf den Ehrenkodex der französischen Fremdenlegion, in | |
der Potra in den 1990er fünf Jahre diente – seitdem hat er auch einen | |
französischen Pass und kennt viele Exsoldaten mit Kampferfahrung. 2022 zog | |
es ihn in die DR Kongo, wo er einen Vertrag zur Bereitstellung von | |
Ausbildern für Kongos Armee unterzeichnete. | |
Eingefädelt hat den Vertrag laut des französischen Onlinemagazins Africa | |
Intelligence Patrick Bologna, ein ostkongolesischer Geschäftsmann, der in | |
Kinshasa als Honorarkonsul der Ukraine fungiert. Er hat angeblich unter | |
seinem Namen die Sicherheitsfirma Congo Protection registriert. Diese nimmt | |
die rumänischen Partner unter Vertrag. Auf Anfragen reagiert Bologna nicht. | |
„Wir arbeiten mit mehreren Partnern zusammen“, bestätigt Kongos | |
Armeesprecher General Sylvain Ekenge: „Die Franzosen bilden höhere | |
Offiziere aus, die Belgier bilden Kommandos aus und helfen uns auch im | |
Hauptquartier.“ Die israelische Firma Fortress trainiere eine | |
Spezialeinheit der Präsidentengarde. Ingenieure aus Frankreich, Algerien, | |
Georgien und Bulgarien warten am Flughafen von Goma Kongos marode | |
Kampfjets. | |
Neben Potras Verband ist die zweite in Goma präsente Sicherheitsfirma | |
Agemira RDC. Die Firma, spezialisiert auf die Wartung von Hubschraubern und | |
Jets, beschäftigt rund 100 Leute – Mechaniker und Ingenieure aus Georgien | |
und Belarus, Piloten aus Algerien und 20 Mann „Sicherheitspersonal“, | |
zumeist Franzosen. Auf Anfrage antwortet Frankreichs | |
Verteidigungsministerium: „Kein Kommentar.“ | |
Diese im Kongo registrierte Firma trägt denselben Namen wie die in | |
Bulgarien gemeldete Firma Agemira, spezialisiert auf die Wartung von | |
Fluggerät. In der bulgarischen Hauptstadt Sofia hatte Agemira laut | |
Handelsregister bis Oktober ihren Sitz an derselben Adresse wie die private | |
Rüstungsschmiede Metalika, die mehrfach wegen Brüchen von UN-Waffenembargos | |
in Skandale verwickelt gewesen ist. Im Jahr 2023 hat die DR Kongo in | |
Bulgarien laut offiziellen Zahlen Kriegsgerät im Wert von 46 Millionen Euro | |
eingekauft, vor allem Sturmgewehre, und ist damit Bulgariens bester Kunde | |
in Afrika. Auf Anfrage reagiert Metalika nicht. | |
Im bulgarischen Handelsregister der Firma, die Anfang Oktober in „Bulgarian | |
Global Solutions“ umbenannt wurde, ist als Geschäftsführer der ehemalige | |
französische Gendarm Olivier Bazin eingetragen, der ebenso die | |
kongolesische Agemira RDC leitet. Unter dem Spitznamen „Colonel Mario“ ist | |
Bazin seit Jahrzehnten in Afrika aktiv – zunächst in Gabun, in der | |
Elfenbeinküste und in der Zentralafrikanischen Republik. Später zog es ihn | |
nach Mali, wo seine Teams Armeehubschrauber warteten. Dann putschten in | |
Mali die Generäle und warfen die Franzosen hinaus. Russische Wagner-Kämpfer | |
übernahmen den Job. | |
2021 zog es Bazin in die DR Kongo. Als 2023 Kongos damaliger | |
Verteidigungsminister Jean-Pierre Bemba, einst Rebellenführer mit | |
Beziehungen in die Zentralafrikanische Republik, erstmals in seiner | |
Ministerfunktion an die Front nach Goma flog, war Bazin an seiner Seite. | |
Auf Anfrage erklärt Bazin, dass zwischen den gleichnamigen Firmen Agemira | |
im Kongo und in Bulgarien keine Verbindungen bestünden: „Die beiden | |
Unternehmen haben unterschiedliche Aktivitäten, unterschiedliche Aktionäre | |
und keine Kapitalbeziehung zwischen ihnen.“ Mit den Geschäftsführern von | |
Metalika sei man zwar bekannt, „wir arbeiten jedoch nicht mit diesem | |
Unternehmen zusammen“, so Bazin. Er gibt jedoch zu: Agemira RDC übernahm | |
bei Verträgen zwischen Kongos Regierung und China, wo die DR Kongo jüngst | |
Kampfdrohnen einkaufte, eine „beratende Funktion“. | |
Die Verträge zwischen Kongos Regierung, Congo Protection, Agemira RDC und | |
Potras Verband sind unter Verschluss. Der taz ist es jedoch gelungen, | |
jemanden zu sprechen, der diese Abkommen vorliegen hat. Darin sei von | |
„Ausbildung“ die Rede. Doch die tatsächlichen Tätigkeiten gehen offenbar | |
darüber hinaus. | |
„Leider haben wir einige Kameraden verloren“, bedauert Potra. In | |
khakifarbener Hose und schwarzem Hemd mit dem Logo seiner Firma auf der | |
Brust sitzt der Rumäne im Restaurant des Mbiza-Hotels in Goma unweit des | |
Flughafens. In seinem Gürtel steckt eine Pistole. Vier rumänische Ausbilder | |
seien seit 2022 im Kongo ums Leben gekommen, bestätigt das rumänische | |
Außenministerium. | |
Das Hotel Mbiza mit Konferenzräumen und einem veralteten Fitnessstudio ist | |
wie eine Reihe weiterer Hotels in Goma seit Ende 2022 von den Rumänen | |
ausgebucht. Ein rumänischer Koch serviert heimische Speisen: „Wenn hier | |
Friede wäre, wäre es fast das Paradies“, sagt Potra. | |
Die rund 800 Rumänen gehören mittlerweile zum Stadtbild. Man sieht sie in | |
Geländewagen oder im Supermarkt beim Zigarettenkaufen. „Romeos“ werden sie | |
genannt, nach ihrem Funkgerät-Signalcode. Sie treiben sich auch auf der | |
Online-Datingplattform Tinder herum. Aber sie dürfen abends nicht ausgehen. | |
„Alkohol und Waffen gehören nicht zusammen“, sagt Potra. | |
Der 54-Jährige erklärt die Mission: „Als wir 2022 das erste Mal kamen, | |
wurde uns von den Behörden klar vorgegeben, dass wir die Armee ausbilden | |
sollten“, so Potra und führt aus: „Wir kamen zunächst mit 300 Mann, nicht | |
nur mit Ausbildern, denn unsere Bedingung war, dass wir auch Leute haben | |
müssten, die die Ausbilder beschützen. Denn im Falle eines Angriffs der | |
Rebellen werden wir nicht als Freunde betrachtet.“ | |
Auf X zirkulierten im Februar dieses Jahres Fotos von zwei toten Rumänen. | |
Rumäniens Außenministerium bestätigte später, dass Rumänen ums Leben kamen, | |
als M23-Rebellen die Kleinstadt Sake 25 Kilometer westlich von Goma | |
angriffen. Der rumänische Afghanistan-Veteran Constantin Timofti, einer von | |
Potras Kämpfern, berichtet: „Die Schusswechsel waren intensiv, es dauerte | |
etwa 45 Minuten.“ | |
Danach wurde das Training an den Flughafen von Goma verlegt, weg von der | |
Frontlinie. Die Rumänen richteten rund auf den Hügeln Beobachtungsposten | |
ein. Einer lag rund sieben Kilometer nördlich von Goma, berichtet Potra: | |
„Aufgrund des Vormarsches der Rebellen um unsere Position herum waren wir | |
gezwungen, uns an den Stadtrand zurückzuziehen, quasi die letzte Stellung | |
am Stadteingang.“ | |
Bei einem Mörserangriff auf diesen Hügel wurde im Juni ein weiterer Rumäne | |
getötet und drei verletzt, als sie gerade eine Aufklärungsdrohne steigen | |
ließen. Einer der Verletzten hatte einen französischen Pass und wurde nach | |
Paris ausgeflogen. Ein weiterer starb später in seiner Heimat. | |
In den Augen der M23-Rebellen sind dies „Söldner“, die sich aktiv in den | |
Krieg einmischen. „Die Regierung gibt das ganze Geld diesen Söldnern, und | |
diese Osteuropäer kommen nun hierher, um uns Kongolesen zu töten“, regt | |
sich M23-Sprecher Lawrence Kanyuka am Telefon auf. Er lacht bei dem | |
Hinweis, dass es sich um Ausbilder handelt. „Was machen diese Weißen in | |
Uniform an der Front?“, fragt Kanyuka. „Wenn es sich um Ausbilder handelt, | |
dann sollten sie im Trainingslager sein.“ | |
Potra reagiert darauf empört: „Die Welt kritisiert uns, es heißt immer | |
wieder, rumänische Söldner seien gekommen, um zu töten“, sagt er. „Unsere | |
Leute kommen nicht zum Spaß hierher, sondern weil sie Geld verdienen | |
müssen, um ihre Kredite oder Steuern zu bezahlen.“ Die meisten Ausbilder | |
seien ehemalige rumänische Soldaten, die nun im Kongo bis zu 6.000 Dollar | |
im Monat verdienen. Zum Vergleich: Kongos Soldaten verdienen gerade einmal | |
150 Dollar. | |
Potra stellt klar: „Wir haben keinen direkten Kontakt mit der M23, es sei | |
denn, wir werden angegriffen.“ M23-Sprecher Kanyuka lässt wiederum keinen | |
Zweifel daran, dass er die Ausbilder als Feinde betrachtet. Im Januar traf | |
eine Kampfdrohne das Fahrzeug von M23-Geheimdienstchef Oberst Castro | |
Mberabagabo nahe der Handelsstadt Kitchanga, 100 Kilometer von Goma | |
entfernt. Er war sofort tot. Sein Kamerad Erasto Bahati, zuständig für | |
Finanzen, überlebte schwer verletzt. Ein schwerer Schlag für die M23. | |
Abgefeuert wurde die Drohne von einem Kongolesen – gesteuert wurde sie | |
allerdings von Agemira-Ingenieuren. | |
Für Agemira RDC ist in Goma der Franzose Romuald Létondot zuständig. Der | |
pensionierte Oberstleutnant der französischen Armee sitzt in der Lac Kivu | |
Lodge, einem schicken Hotel am Ufer des Kivu-Sees, wo UN-Leute und | |
Diplomaten absteigen. Er bestellt Kaffee und Croissants. „Romu“, wie er | |
genannt wird, ist ein redseliger Zeitgenosse. „Ich habe den Eindruck, | |
nützlich zu sein“, sagt er. Während des Völkermords an den Tutsi 1994 sei | |
er in Ruanda gewesen, „ich half bei der Evakuierung von Franzosen. Diesen | |
dreißigjährigen Krieg würde ich gerne abschließen“, erklärt er seine | |
Mission. Als sein alter Freund Bazin, den er „in Mali getroffen“ habe, ihm | |
vorschlug, an einem „Abenteuer“ teilzunehmen, habe er nicht gezögert. | |
„Unsere ersten Leute kamen im Juni 2022“, berichtet er. „Es gab eine Zeit, | |
in der wir den Krieg hätten gewinnen können“ sagt er. „Aber die ruandisch… | |
Truppen wurden mit neuer Ausrüstung ausgestattet.“ Ferngesteuerte Raketen, | |
Flugabwehrbatterien, Flugabwehrradare: Damit konnte die M23 mit ruandischer | |
Hilfe zwei der in China eingekauften Kampfdrohnen der kongolesischen Armee | |
abschießen, eine dritte kollidierte auf dem Rollfeld mit einem | |
Feuerwehrauto. „Wir haben die Drohnen verloren, jetzt müssen wir das | |
Waffenarsenal weiter aufrüsten“, so Létondot: „Wir versuchen, die | |
Schlagkraft der Armee zu erhöhen.“ | |
„Agemira RDC und Congo Protection intensivierten ihre strategische und | |
taktische Unterstützung der Gegenoffensive“, bestätigt ein | |
UN-Expertenbericht Ende 2023. „Congo Protection beriet bei den | |
Artillerie-Angriffen auf M23-Stellungen“, Agemira RDC leiste „strategische | |
Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Operationen“, darunter | |
„Bodenaufklärung in Echtzeit sowie Waffenlieferungen.“ | |
In ihrem jüngsten Report vom Juli 2024 publizierten die UN-Experten Fotos, | |
wie der lokale ostkongolesische Milizenchef Guidon Shimiray, ein | |
berüchtigter Kriegsverbrecher, der derzeit die Armee unterstützt, in einen | |
Armeehubschrauber steigt, den eine Agemira-Crew fliegt. In seiner | |
Stellungnahme erklärt Bazin ausdrücklich: „Agemira RDC unterhält keine | |
Zusammenarbeit mit bewaffneten Gruppen.“ Bei diesem „einmaligen Vorfall“ | |
wurde „unseren Mitarbeitern die Identität des von Ihnen genannten | |
Passagiers nicht mitgeteilt“, so Bazin. Dieser habe eine Uniform der | |
kongolesischen Armee getragen. Bazin stellt klar: „Seit diesem Vorfall | |
wurden unsere Besatzungen angewiesen, die Identität von Passagieren in | |
Transportflugzeugen zu überprüfen und Personen, die möglicherweise | |
bewaffneten Gruppen angehören, das Einsteigen zu verweigern.“ | |
## Über die Grauzonen im Klaren | |
„Das fällt in die Grauzone, die wir mit Söldnerakteuren in Verbindung | |
bringen“, erläutert Jovana Ranito, Chefin der Arbeitsgruppe des | |
UN-Menschenrechtsrats für Söldnerangelegenheiten. „Wenn sie sich auf dem | |
Schlachtfeld befinden, wenn sie in direkte Kampfhandlungen verwickelt sind, | |
gelten sie für uns nicht mehr nur als private Sicherheitsfirma. Das wären | |
Söldner oder mit Söldnern verbundene Akteure“. Dies gelte auch, wenn sie | |
„beispielsweise die Drohnen auf dem Schlachtfeld steuern“. | |
Létondot ist sich über die Grauzone im Klaren. „Im vergangenen Sommer | |
wollten wir die Roméos in Kitchanga stationieren“, sagt er. Doch dann | |
rückte die M23 auf den Ort, rund 100 Kilometer von Goma entfernt, vor. „Man | |
hätte uns vorwerfen können, dass wir an einer Offensive teilnehmen“, so | |
Létondot. „In diesem Fall hätten wir dann tatsächlich als Söldner | |
fungiert.“ | |
Die EU verurteilt den Einsatz von Söldnern und kritisiert die Aktivitäten | |
der russischen Wagner-Kämpfer in Afrika. Auch in Frankreich sind Söldner | |
illegal. Deswegen befragen ihn die französischen Geheimdienste regelmäßig, | |
wenn er aus Goma nach Hause zurückkehrt, so Létondot. Sie wollen | |
sicherstellen, dass es sich nicht um Söldneraktivitäten handelt. Man habe | |
ihm gesagt, er handle „gegen die Interessen Frankreichs“, berichtet er. | |
„Manchmal sage ich ihnen: Wenn wir abziehen, übernimmt Wagner.“ | |
Die Recherche wurde durch ein Stipendium des Investigative Journalism for | |
Europe (IJ4EU) unterstützt. | |
27 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Europaeische-Soeldner-im-Kongo/!5904737 | |
[2] /Wagner-Nachfolger-in-Afrika/!5998414 | |
## AUTOREN | |
Andreea Câmpeanu | |
Patricia Huon | |
Simone Schlindwein | |
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