# taz.de -- Refugium-Auszeit-Stipendium 2024: Sechs Monate zum Durchatmen | |
> Aus Iran und Ägypten kamen die letzten verfolgten Journalisten des | |
> Refugium-Stipendiums der taz Panter Stiftung. Mahtab und Karim blicken | |
> nun zurück. | |
„Es war Freiheit“, sagt die iranische Journalistin Mahtab Gholizadeh, 38, | |
wenn sie auf die Zeit in Berlin zurückblickt – die „persönliche“ und je… | |
„offen meine Meinung sagen zu können“. Es waren die „vielen Menschen | |
verschiedener Kulturen und Religionen“, die der ägyptische Journalist Karim | |
Assaad, 31, in Berlin besonders beeindruckt haben. Mahtab und Karim haben | |
die vergangenen sechs Monate in Berlin gelebt – als Gäste der taz Panter | |
Stiftung und von „Reporter ohne Grenzen“ (RoG) im Rahmen des | |
Auszeit-Stipendiums „Refugium“. | |
Das Gespräch auf Englisch mit den zwei Refugium-Stipendiat*innen 2024 | |
können Sie gerne hier nachhören (LINK oben folgen). | |
Das Auszeitprogramm ist vor allem für Journalistinnen und Journalisten | |
gedacht, die in ihren Heimatländern wegen ihrer Arbeit in ernsthafte | |
Schwierigkeiten geraten sind – weil sie in den Augen der Machthaber zu | |
kritisch berichteten, weil sie nach Ansicht der Staatssicherheit die | |
falschen Kontakte hatten oder weil Revolutionäre Garden fanden, ihre | |
Berichte seien dem Regime gegenüber nicht ehrfürchtig genug. „Verrat von | |
Staatsgeheimnissen“ oder „Beschädigung des Staates“ lauten in solchen | |
Fällen meist die Vorwürfe. | |
RoG und taz Panter Stiftung haben zahlreiche Kolleginnen und Kollegen in | |
den vergangenen Jahren aus allen Winkeln der Erde bereits nach Berlin | |
eingeladen. Gholizadeh war ins Blickfeld der Behörden geraten, weil sie | |
Artikel für ausländische Medien geschrieben hatte. Die Folge: eine | |
Gefängnisstrafe, die später zur Bewährung ausgesetzt wurde. Assaad | |
berichtete unter anderem über ein mysteriöses Flugzeug aus Ägypten, das mit | |
viel Geld und Waffen an Bord in Zambia gelandet war. Reaktion der | |
Obrigkeit: Hausdurchsuchungen und Arrest. | |
## Sechs Monate in Berlin: Wohnung, Ruhe, Taschengeld | |
Dies waren alles gute Gründe, sie nach Berlin zu holen, damit sie sich von | |
Druck und Drangsal erholen können. Sie bekamen jeweils eine Wohnung, ein | |
monatliches Taschengeld, die Gelegenheit, Kolleginnen und Kollegen | |
kennenzulernen, an Schulungen teilzunehmen – oder einfach auf der Couch zu | |
sitzen, zu träumen, nachzudenken, zu lesen, zu schreiben. | |
Gholizadeh hat in Berlin weiter für iranische und deutsche Medien | |
gearbeitet, unter anderem veröffentlichte sie einen Artikel über Irans | |
neuen Präsidenten [1][in der taz]. Assaad besuchte Kurse für digitale | |
Sicherheit, knüpfte Kontakte, besuchte Freunde und fuhr mit dem Fahrrad | |
durch Berlin. taz und RoG organisierten Reisen nach Brüssel zur EU, nach | |
Bonn zur Deutschen Welle und nach Hamburg zum „Spiegel“. | |
Zwei bis drei Mal am Tag besprach der Ägypter mit seiner Frau und seiner | |
kleinen Tochter in Kairo den Alltag, und auch die Iranerin hielt ständig | |
Kontakt zur Familie in Iran: „Ich habe sie sehr vermisst.“ Berlin sei für | |
beide eine wunderbare Stadt gewesen, „vor allem im Sommer“, sagt Assaad, | |
„Berlin gab mir, was ich in einer schwierigen Zeit brauchte: Ruhe, eine | |
neue Gelegenheit zur persönlichen und beruflichen Entwicklung und die | |
Möglichkeit, die Welt mit anderen Augen zu sehen“, fügt der Ägypter hinzu. | |
Gholizadeh fasst die Stadt mit einem Adjektiv zusammen: „friedlich“ – und | |
dankt „Refugium“, das sie an die Hand genommen hat – „auf dem Weg der | |
Entwicklung, wie der Tanz der bunten Blätter im Herbst: lebendig, ruhig und | |
schön“. | |
Beide waren nicht unsere letzten Gäste in Berlin. Die neue Ausschreibung | |
für zwei Auszeit-Stipendien ab Mai 2025 läuft: [2][taz.de/refugium] | |
Andreas Lorenz ist ehemaliges Kuratoriumsmitglied der [3][taz Panter | |
Stiftung] und hat das Refugium-Programm mitgegründet. | |
21 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Iran/!6018823 | |
[2] /refugium | |
[3] /stiftung | |
## AUTOREN | |
Andreas Lorenz | |
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